Carabiniere auf Abwegen
Vincenzo Gardin, Ex-Carabinieri-Kommandant von Sterzing, muss sich am Landesgericht wegen Unterlassung von Amtshandlungen verantworten. Seine Anwälte bemühen sich um einen Freispruch. Inzwischen gibt es gegen ihn eine weitere Anklage – wegen Betrugs.
von Thomas Vikoler
Seine Suspendierung vom Dienst dauerte einen knappen Monat: Oberstleutnant Vincenzo Gardin, 59, wurde am 13. Jänner dieses Jahres vom Bozner Voruntersuchungsrichter Emilio Schönsberg auf Antrag der Staatsanwaltschaft für zehn Monate vom Dienst als Carabiniere suspendiert. Am 10. Februar hob das Landesgericht die Maßnahme wieder auf, die Staatsanwaltschaft scheiterte einige Monate später mit einer Kassationsbeschwerde gegen die Entscheidung.
Der Oberstleutnant stehe an seinem neuen Arbeitsplatz – einem Büro im Carabinieri-Kommando von Padua – ausreichend unter täglicher Beobachtung, fanden die römischen Höchstrichter, sodass eine Vernichtung von Beweismitteln zum gegen ihn laufenden Strafverfahren schwer möglich sei.
Zum Zeitpunkt seiner Suspendierung war Gardin Leiter der Carabinieri-Station von Sterzing. Und als solcher war er Gegenstand einer verdeckten Ermittlung seiner Kollegen, die zu folgendem Ergebnis führte: Dem Kommandanten wurden für einen Zeitraum von vier Jahren nicht weniger als 131 Abwesenheiten vom Dienst und andere Verfehlungen nachgewiesen mit einem mutmaßlichen Schaden von 8.643,91 Euro zu Lasten seines Arbeitgebers, dem italienischen Staat.
Gardin soll fälschlich erklärt haben, im Dienst zu sein, während er verschiedenen privaten Tätigkeiten nachging: Besuch im Fitnesstudio, Tankfahrten nach Nordtirol (33 Mal), Einkauf von Hundefutter in Bozen, Pediküre (in Uniform) oder Fahrten im Dienstwagen (mit Chauffeur) in den Veneto.
Zu diesem Verfahren erwirkte die Staatsanwaltschaft Bozen die Suspendierung des Carabinieri-Offiziers und hat gegen ihn inzwischen Anklage wegen Betrugs, Unterschlagung und Falscherklärung erhoben. Demnächst findet am Landesgericht die Vorverhandlung statt. In einem Verhör erklärte Garbin, dass die ihm vorgehaltenen Verfehlungen auf Mängel im Computersystem zurückzuführen sei, in welches die Carabinieri ihre Abwesenheiten vom Dienst eintragen.
Weiter fortgeschritten ist ein zweites Strafverfahren gegen den 59-Jährigen, zu dem gestern am Landesgericht eine Verhandlung hätte stattfinden sollen. Wegen der Corona-Infektion eines Zeugen wurde sie auf den 4. März vertagt.
Gardin steht hier wegen Unterlassung der Anzeige einer strafbaren Handlung und Verweigerung einer Amtshandlung vor Gericht. Es geht um das Verhalten des SterzingerKommandanten zu einem Fall, der seinem eigenen (siehe oben) zum Verwechseln ähnlich sieht. Es geht um wiederholte Abwesenheiten vom Dienst durch den damaligen Leiter der Carabinieri-Kaserne am Brenner, welche unter GardinsKommando stand. Der Untergebene ging wiederholt nicht zur Arbeit (obwohl er seine Anwesenheit gemeldet hatte) und besuchte ein Fitnesstudio in Sterzing, das wegen der Corona-Restriktionen eigentlich hätte geschlossen sein müssen. Der Carabiniere vom Brenner schloss angesichts der erdrückenden Beweise gegen ihn einen gerichtlichen Vergleich über eineinhalb Jahre Haft ab. Die Tatbestände: Betrug und Falscherklärung.
Oberstleutnant Gardin wird im laufenden Strafprozess vorgeworfen, von den Umtrieben seines Untergebenen gewusst, aber nichts dagegen unternommen zu haben. Lucio Zarantonello aus Vicenza und sein Bozner Kollege Marco Mayr, Garbins Verteidiger, zeigen sich überzeugt davon, die Vorwürfe im Laufe des Hauptverfahrens entkräften zu können. Bisher habe einige ehemalige Kollegen des Angeklagten als Zeugen ausgesagt.
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Kommentare (1)
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criticus
Kein Wunder, dass Italien für Verbrecher das Lieblingsland ist!