„Ein Würfchen“
Die Grüne Madeleine Rohrer übt in ihrem Minderheitenbericht heftige Kritik an der Wohnreform.
von Thomas Vikoler
Die „Förderung von leistbarem Wohnen“ war eine der Zielsetzungen des Gesetzes für Raum und Landschaft, 2018 vom Landtag beschlossen und seit 2020 in Kraft. „Dieses Ziel wurde fünf Jahre später und trotz zahlreicher Änderungen am Gesetz offensichtlich nicht erreicht. Laut einer Studie von Eurac und ASTAT können sich 63 Prozent der Befragten eine vergleichbare Wohnung in ihrer aktuellen Wohngegend nicht mehr leisten, falls sie umziehen müssten“, sagt die grüne Landtagsabgeordnete und Urbanistikexpertin Madeleine Rohrer.
Zum von der Regierungsmehrheit groß angekündigten Wohnreform hat sie einen 13-seitigen Minderheitenbericht verfasst, in dem sie kaum ein gutes Haar an den dort vorgesehenen Maßnahmen lässt.
„Die im Gesetzesentwurf enthaltenen Antworten auf die Wohnungsnot, werden dem eigentlichen Problem nicht gerecht. Es handelt sich um eine weitere Überarbeitung des Gesetzes für Raum und Landschaft, mit der im Gießkannenprinzip Baurechte auf Druck bestimmter Interessensgruppen vergeben werden, auch wenn diese absolut gar nichts zur Behebung der Wohnungsnot beitragen, wie etwa die Nutzung für jedweden Zweck von unterirdischer Kubatur auf Almen oder die Erweiterung von „Hexenhäuschen“ im landwirtschaftlichen Grün. Die groß angekündigte Pflicht zur Konventionierung entpuppt sich bei der genaueren Analyse als Schweizer Käse mit zahlreichen Ausnahmen“, analysiert Rohrer. „Anstelle der Stärkung der öffentlichen Hand bei der Bereitstellung von Wohnungen und einer Unterstützung des Mietmarkts, zielt der Gesetzentwurf darauf ab, dass es weiterhin der Markt regeln soll. Der groß angekündigte Wurf ist maximal ein Würfchen“.
Kritisch sieht Rohrer etwa die über den Gesetzentwurf neu geschaffenen Baumöglichkeiten. Etwa, indem das Stichdatum für die Erweiterung von Wohngebäuden im Landwirtschaftsgebiet vom 24. Oktober 1973 auf den 1. Oktober 1997 zurückverlegt wurde, um auf tausend Kubikmeter aufstocken zu können. Mit dem Artikel 15, Absatz 4 wird zudem ein vollkommen neues Baurecht für Gebäude eingeführt, die die Bestandskubatur von 300 Kubikmeter nicht erreichen. Auch diese mindestens 200 Kubikmeter großen Gebäude können laut dem vom Gesetzgebungsausschuss genehmigten Passus nun mehr als verdoppelt werden. Aus ehemaligen „Hexenhäuschen“ können demnach neue, stattliche Wohngebäude im Ausmaß von 500 Kubikmeter entstehen. Dazu unterirdische Flächen.
Im Minderheitenbericht der Grünen wird auch die Rückkehr des Stadelartikels erwähnt, der über einen Abänderungsantrag der SVP-Vertreter im Ausschuss in den Text eingefügt wurde. „Der Stadel-Artikel ist kein Revival, sondern eine Verschlimmerung der früheren Bestimmung. Damit werden mit dem Argument der Wohnungsnot Privilegien einer Gruppe ausgebaut. Niemand sonst hat in Südtirol solche Privilegien in der Raumordnung, die sich in ökonomischen Vorteilen niederschlagen“, heißt es dazu.
Der Gesetzesentwurf wird im Juni vom Landtag behandelt.
Kommentare (8)
Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen
Du musst dich EINLOGGEN um die Kommentare zu lesen.