„Ein gutes Leben für alle“
KVW-Chef Werner Steiner hat auf der Landesversammlung des Verbandes vorgeschlagen, Politiker sollten einen Monat lang mit einem sehr niedrigen Einkommen leben.
Bis auf den letzten Platz gefüllt war am Samstag das Waltherhaus in Bozen: Mehr als 300 Delegierte aus allen Landesteilen Südtirols sind der Einladung des KVW zur 40. Landesversammlung gefolgt. Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand die Wahl des neuen Landesausschusses – und damit die Weichenstellung für die kommenden fünf Jahre.
Kurz war unklar, ob die Versammlung angesichts der gleichzeitig in Rom stattfindenden Trauerfeier für Papst Franziskus wie geplant abgehalten werden würde. In enger Abstimmung mit Bischof Ivo Muser, der ursprünglich seine Teilnahme zugesagt hatte, entschied man sich jedoch, die Versammlung so wie geplant durchzuführen. Um 10 Uhr wurde gemeinsam eine Schweigeminute eingelegt, ein Gebet gesprochen und das Leben und Wirken des verstorbenen Papstes gewürdigt.
Paolo Ricotti, nationaler Präsident des Patronats ACLI, lobte in seinem Grußwort diese Entscheidung als klug und angemessen. Franziskus habe, wie kaum ein anderer den Wert von Gemeinschaft betont – ein zentrales Thema auch dieser Versammlung. Ricotti äußerte jedoch auch große Sorge über die zunehmende Abwanderung junger, gut ausgebildeter Menschen aus Italien, während gleichzeitig viele Zuwanderer hier eine neue Heimat suchen – ein Ungleichgewicht mit gesellschaftlichen Folgen.
Unter dem Jahresmotto „Ein gutes Leben für alle“ thematisierte KVW-Vorsitzender Werner Steiner in seinem Eröffnungsreferat die Grundlagen für ein erfülltes Leben – und wo noch dringender Handlungsbedarf besteht: bezahlbarer Wohnraum, Einsamkeit, Altersarmut und nicht zuletzt eine faire Lohnpolitik. Besonders viel spontanen Applaus erhielt er für den Vorschlag, künftige Politiker einen Monat lang mit einem sehr niedrigen Einkommen leben zu lassen.
Er warnte eindringlich vor gesellschaftlicher Spaltung: Ein starkes „Wir“ dürfe niemanden ausschließen. Der KVW wolle dem entgegenwirken und bleibe – trotz wachsender Herausforderungen – in den Dörfern aktiv. Viele seien zur Mithilfe bereit, aber immer weniger wollten Verantwortung in einem Ehrenamt übernehmen.
Auch Landeshauptmann Arno Kompatscher sprach klare Worte: Smartphones seien Fluch und Segen zugleich – sie erschwerten echte Gemeinschaft.
In der Lohnpolitik plädierte er für steuerliche Vorteile für jene Unternehmen, die ihre Mitarbeiter fair entlohnen. Die Konventionierung von Neubauten nannte er einen wichtigen Schritt zum Schutz des leistbaren Wohnens, und zwar als Wohnraum für jene die dauerharft hier leben. „Der KVW ist eine Lobby für soziale Gerechtigkeit – und wir brauchen solche Lobbyisten dringend, um sozial verträgliche Politik zu gestalten“, so Kompatscher.
In einer von Karl Brunner, dem geistlichen Assistenten des KVW, moderierten Podiumsdiskussion, diskutierten Soziallandesrätin Rosmarie Pamer, Theologieprofessorin Veronika Weidner, Musiker Norbert Rier und KVW-Vorsitzender Werner Steiner über die Frage: Was ist ein gutes Leben?
Bereits zu Beginn wurde deutlich: Gute Beziehungen, Gesundheit und Zufriedenheit sind zentrale Elemente. Materieller Wohlstand kann zum guten Leben beitragen – ist aber kein Garant für Glück. Theologin Weidner und Mitautorin des Buchs „Was ist das gute Leben?“betonte die Bedeutung eines tugendhaften Lebens als Orientierung. Auch der Glaube könne Halt geben.
Musiker Norbert Rier erinnerte in einem persönlichen Beitrag daran, wie einmal scherzhaft gesagt wurde, die Musik der Kastelruther Spatzen gehöre in Apotheken – sie sei wie Balsam für die Seele. Der KVW trage dazu bei, das Leben der Menschen zu bereichern – durch Zusammenhalt, gelebte Menschenwürde und gemeinschaftliche Freude. Denn: Das Leben muss gefeiert werden. Und es gilt vom Reden ins Tun zu kommen.
Wahl des Landesausschusses und Schiedsgerichts
Zum Abschluss der Versammlung wurde der neue Landesausschuss sowie das Schiedsgericht gewählt.
Großer Dank galt all jenen, die sich nicht mehr zur Wahl stellten, aber in den vergangenen Jahren wertvolle Arbeit geleistet haben. Standing Ovations gab es für die beiden langjährigen KVW-Urgesteine Maria Mayr Kusstatscher und Rosa Stecher Weissenegger, die erstmals nicht mehr kandidierten. Insgesamt wurden 272 Stimmen abgegeben. Der aktuelle Vorsitzende Werner Steiner hat die meisten Stimmen erhalten.
Folgenden 25 Kandidatinnen und Kandidaten wurden in den Landesausschuss gewählt:
Werner Steiner, Christian Wenter, Heinrich Fliri, Monika Gatterer, Karl Kerer, Rosa Purdeller, Karin Sparber, Sonja Schöpfer, Helga Holzer Mutschlechner, Margareth Fink, Magdalena Harrasser, Oskar Peterlini, Anneliese Weiss Angerer, Gudrun Warger, Gerhard Giuliani, Josef Guadagnini, Carla Kofler Grüner, Heidrun Goller, Anneliese Winkler, Herbert Pfeifer, Otto Platzgummer, Elfriede Pöhl, Konrad Obexer, Margherita Plaickner, Anuska Gostner.
Die Mitglieder des Landesausschusses treffen sich im Mai zu einer konstituierenden Sitzung. Aus ihren Reihen wird der/die Vorsitzende und der fünfköpfige Vorstand gewählt.
In das Schiedsgericht wurden folgende Kandidatinnen und Kandidaten gewählt:
Maria Mayr Kusstatscher, Erich Achmüller, Rosa Stecher Weissenegger, Siegfried Gufler, Alois Costadedoi.
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