„Nicht der große Wurf“
Der ASGB-Chef Tony Tschenett zeigt sich skeptisch gegenüber der Autonomiereform. Zahlreiche Kompetenzen bleiben in der Hand des Staates, und über den Rest herrscht weitestgehend Unklarheit.
von Christian Frank
Um die Autonomiereform gibt es auf politischer Ebene mächtig Tumult. Doch während die Landtags-Opposition darum drängt, sich Gehör zu verschaffen, und Landtagspräsident Arno Schuler um seinen Posten zittern muss, stellt sich die Frage, welche Kompetenzen eigentlich tatsächlich nach Südtirol kommen sollen. In puncto öffentlicher Dienst sollen Tarifverhandlungen und Angestelltenverhältnisse autonom geregelt werden können. ASGB-Chef Tony Tschenett gibt sich verhalten und stellt die staatlichen Rahmenlinien klar, in welchen man sich nach wie vor bewegt.
„Was die Kollektivverträge betrifft, so muss man sagen, dass diese weiterhin vom Zivilgesetz geregelt werden und wir nach wie vor nicht autonom über diese Kompetenz verfügen“, so Tschenett. Auch im Bildungs- und Sanitätsbereich verfügt die Provinz weiterhin lediglich über sekundäre Kompetenzen, welche die geltenden Einschränkungen auch nach dieser Autonomiereform weitertragen.
„Demnach können wir beispielsweise nicht über die Berufsbilder in der Sanität entscheiden oder den Zeitraum von befristeten Verträgen im Alleingang ändern. Hier muss man sich an staatliche Vorgaben halten“, erklärt der ASGB-Chef.
Ein offener Punkt, welcher durchaus eine erfreuliche Veränderung versprechen würde, wäre die Instanz des Rechnungshofes in Belangen der territorialen Kollektivverträge. Seit 2001 kam die Kontrollinstanz des Rechnungshofes nämlich hinzu – eine bürokratische und zeitliche Erschwernis, bemängelt Tschenett: „Vor der Reform 2001 war keine solche Kontrolle vorgesehen. Es würde weit mehr als nur weniger Bürokratie bedeuten.“
Laut Tschenett wurde nämlich die Kontrollinstanz des Rechnungshofes oftmals als Begründung genommen, gewisse Maßnahmen nicht in den Kollektivverträgen zu verankern.
„Besonders bei dem bereichsübergreifenden Vertrag wurden Belange der Mobilität oder auch der Aufwertung der fünften auf die sechste Kategorie durch eine Eignungsprüfung abgelehnt – aus Angst, der Rechnungshof würde es bei seiner Kontrolle verwehren.“
Es würde also trotz des üppigen Anteils an Kompetenzen, welche in staatlicher Hoheit bleiben, eine positive Veränderung bedeuten. Doch auch hier behält es sich Tschenett vor, laute Lobeshymnen zu trällern, denn für ihn gilt: Die Reform ist noch lange nicht in trockenen Tüchern.
„Über den Text muss noch zwei Mal im Parlament abgestimmt werden. Zudem sind 2027 Wahlen, und es besteht das Risiko, dass bis dahin noch nichts offiziell von der Legislatur verabschiedet wurde. Von einem großen Wurf kann man nicht sprechen“, mutmaßt Tschenett. Für ihn stellt das Dokument zur Autonomiereform ein Sammelsurium unklarer Zugeständnisse dar, welche eines triftigen Urteils noch zu schwammig sind.
Vornean nennt Tschenett dabei die Frage um die Öffnungszeiten des Handels.
„Als Außenstehender tut man sich schwer zu begreifen, was nun eine autonome Kompetenz sein soll und was nicht. Die Öffnungszeiten im Handel autonom zu regeln, wäre sowohl dem hds als auch den Gewerkschaften ein Herzensanliegen, doch man weiß nicht recht, wie es darum steht“, lamentiert der ASGB-Chef.
Während der Handel zwar im offiziellen Papier genannt wird, dementieren einige Juristen, dass dies tatsächlich die Öffnungszeitenregelung beinhaltet. Laut Tschenett bleibt nur abzuwarten, bis konkretere Entscheidungen und damit Präzisierungen fallen. Den Gewerkschaften ist nämlich einiges daran gelegen, die seit geraumer Zeit liberalen Öffnungszeiten wieder einheitlich zu reglementieren – oder konkret gesagt: den Sonntag und die Feiertage wieder in Schließtage zu verwandeln.
„Es würde definitiv eine Schließung an Sonntagen bedeuten. Natürlich gäbe es Ausnahmen wie die Weihnachtstage, aber wir brauchen unbedingt eine ordentliche Regelung. Kleinstunternehmer haben nicht das Personal und die Kapazitäten, mit den durchgehenden Öffnungszeiten von großen Handelsketten mitzuhalten.“
Kommentare (7)
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