Zeigen, was wir der Erde antun

Das prämierte Foto vom ausgebaggerten Reschensee: Der Reschensee war schon bei seiner Entstehung ein riesiger Eingriff mit Zwangsumsiedelung eines ganzen Dorfes
Josef Tinkhauser ist von der Akademie für Raumentwicklung der Leibniz-Gemeinschaft in Hannover für sein Foto vom ausgebaggerten Reschensee ausgezeichnet worden. Gespräch mit einem, der Schönheit sucht und oft Grausamkeit entdeckt.
Tageszeitung: Herr Tinkhauser, die Akademie für Raumentwicklung der Leibniz-Gemeinschaft in Hannover hat Sie für Ihr Foto vom ausgebaggerten Reschensee mit dem 3. Preis ausgezeichnet. Wollen Sie mit dem Bild zeigen, was wir der Erde antun?
Josef Tinkhauser: Ja, der Reschensee war schon bei seiner Entstehung ein riesiger Eingriff mit Zwangsumsiedelung eines ganzen Dorfes. Offensichtlich muss wieder eine ganze Flotte von Baggern und LKW´s anrücken, um die Erde so zu richten, wie man sie gerne hätte. Es beeindruckt, sie so geballt auffahren zu sehen.
Ein zweites Bild zeigt die Lawinenschutzbauten, die nach dem Windwurf Vaja in Obereggen errichtet wurden. Reparaturarbeiten nach einer menschenverschuldeten Naturkatastrophe, die ihrerseits verheerend ausschauen.
Die Gefahr von Lawinenabgängen und Erdrutschen wird offensichtlich als immer bedrohlicher empfunden. Die Schutzmaßnahmen fallen immer heftiger aus, um größere Schäden zu vermeiden.
Beides sind notwendige bzw. temporäre Eingriffe. Also nicht so schlimm, oder?

Lawinenschutzbauten im Windwurf Vaja in Obereggen: Die Schutzmaßnahmen fallen immer heftiger aus, um größere Schäden zu vermeiden.
Es steht mir nicht zu, die Notwendigkeit und den Zeitpunkt von solchen Eingriffen zu beurteilen. Ich möchte mit den Bildern die massiven Veränderungen der Landschaft durch Mensch und Klima exemplarisch festhalten – und zum Staunen und Nachdenken verführen.
Bilder von Schönheit und Grausamkeit zeigen – geht es Ihnen darum?
Grundsätzlich möchte ich mit meinen Bildern den Blick auf das Schöne und Interessante lenken. Ich mag keine Grausamkeiten. Aber wir haben nicht immer vor Augen, was mit unserer Umwelt passiert, und vergessen das auch schnell wieder. Deshalb ist es gut, dem mit ein paar Bildern entgegenzuwirken.
Fotografen möchten unberührte Natur fotografieren Nur: Die gibt es eigentlich nicht mehr, oder?

Josef Tinkhauser: In Südtirol ist es –nicht erst seit heute – sehr schwer eine Landschaft zu fotografieren, in der nicht irgendein Menschenwerk steht.
Ja die unberührte Natur ist ein Traum aller Landschaftsfotografen. In Südtirol ist es – aber nicht erst seit heute – sehr schwer eine breite Landschaft zu fotografieren, in der nicht irgendein Menschenwerk steht: Ein Haus, eine Straße, eine Stromleitung, eine Seilbahn, eine Hütte oder sonst was. Und die Störpunkte werden nicht nur mehr, sondern oft auch auffälliger.
Wie sind Sie zur Fotografie gekommen?
Ich habe schon in der Mittelschule an meinem ersten Fotowettbewerb teilgenommen, mit einem Chemiebaukasten lichtempfindliches Papier hergestellt und im Sommer bei einem Fotografen Filme ins Fixierbad gehängt. Während des Arbeitslebens blieb außer für Urlaubsfotos sehr wenig Zeit. Wenige Jahre vor der Pensionierung habe ich angefangen Fotokurse zu besuchen und wurde Mitglied beim Fotoclub Eppan und beim Südtiroler Fotoclub Sichtweise.
Welche Ziele verfolgen diese Clubs?
Diese Fotoclubs sind wertvolle Orte des Austausches und der Begegnung. Auch ich habe dort viel gelernt. Bei den 14-tägigen bzw. monatlichen Clubtreffen werden Erfahrungen ausgetauscht, Themen vertieft und auftauchende Fragen beantwortet.
In der Kleinen Galerie haben Sie jüngst Portraits von (nahen) Menschen und Bilder vom (fernen) Vogelflug ausgestellt. Zwei völlig andere Themen.
Viele Fotografen lieben die Abwechslung. Auch bei den Fotoclubs wird jedes Jahr ein neues Thema für einen internen Wettbewerb und eine Gemeinschaftsausstellung gesucht und gefunden, damit wir uns weiter entwickeln.
Interview: Heinrich Schwazer
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