Der verlorene Sohn
Im Gemeindewahlkampf treten SVP-Chef Dieter Steger und der Abtrünnige Thomas Widmann neuerdings gemeinsam auf. Welche Manöver im Hintergrund laufen.
von Matthias Kofler
Die Kulisse: das Bozner Batzenhäusl. Die Szene: vier Personen an einem Tisch, Drinks in der Hand, breites Lachen im Gesicht. Die Protagonisten: zwei Bozner SVP-Gemeinderatskandidaten – Elizabeth Ribeiro da Silva und Lukas Paul Steger –, Obmann Dieter Steger und mittendrin: der Parteiabtrünnige Thomas Widmann. Der hält demonstrativ Wahlkampf-Gadgets in die Kamera.
Der Schnappschuss, gepostet mit markigen Worten über ein „starkes Team“ und ein „Bozen von morgen“, verbreitet sich rasant in den sozialen Medien. Und sorgt für Aufsehen. Denn das Bild sagt mehr als tausend Worte: Es zeigt nicht nur eine lokale Wahlkampfszene – es steht für eine Annäherung, die noch vor wenigen Monaten undenkbar war.
Tatsächlich ist es nicht das erste Mal, dass Steger und Widmann zusammenarbeiten. Bereits in Gröden ziehen beide am selben Strang: Dort unterstützen sie gemeinsam die Bürgermeisterkandidatur von Ewald Moroder. Der frühere Landtagskandidat der Abspaltungsliste „Für Südtirol mit Widmann“ tritt am 4. Mai offiziell als SVP-Kandidat in St. Ulrich an. In Bozen wiederum freut sich SVP-Bürgermeisterkandidat Stephan Konder über die Unterstützung der Liste Widmann.
Für Widmann ein Paradebeispiel politischer Reife: „Als Urbozner mit einer großen Familie unterstütze ich aus Überzeugung die jungen Kandidaten, die gemeinsam mit Spitzenkandidat Konder für eine Erneuerung in der SVP stehen. Es braucht Stabilität –eine Aufsplitterung würde der SVP nur schaden.“
Doch während auf Gemeindeebene gemeinsame Sache gemacht wird, herrscht auf Landesebene weiterhin Eiszeit — „weil dort einer weiterhin dagegen ist“, bemerkt Widmann. Zwar hätte Steger grundsätzlich nichts gegen eine Rückkehr Widmanns – nicht zuletzt wegen der fragilen 18-Mandate-Mehrheit im Landtag. Doch Landeshauptmann Arno Kompatscher blockiert den Weg zurück konsequent: Sein Veto gilt.
Widmann selbst gibt sich staatsmännisch. Er wolle nicht spalten, sondern Brücken bauen. Tatsächlich, so berichten Vertraute, fühlt sich der ehemalige Landesrat im Oppositionsmodus zunehmend fehl am Platz. Die Gemeindewahlen sollen ihm als Testlauf für ein Comeback dienen – und als Türöffner zurück ins Zentrum der Macht.
Im Hintergrund laufen bereits die ersten Rochaden: Seine Nichte Elizabeth Ribeiro da Silva, Ex-Basketballerin und Lehrerin, ist mit dem Anwalt Joseph Tutzer verheiratet – dieser arbeitet in der Kanzlei Brandstätter. Deren Namensgeber Gerhard Brandstätter wiederum gilt als langjähriger Weggefährte Widmanns. Gemeinsam will man Ribeiro da Silva zur künftigen Wirtschaftsstadträtin von Bozen aufbauen – als Gegenmodell zur Amtsinhaberin Johanna Ramoser.
SVP-Chef Steger versucht derweil, das Trara um das Foto herunterzuspielen: „Das sind zwei SVP-Kandidaten. Einer davon mein Sohn. Die andere die Nichte von Thomas Widmann. Die beiden haben mich um ein Foto gebeten. Und wenn ich von irgendeinem/r SVP-Kandidaten/in um ein Foto gebeten werde – nicht nur in Bozen, sondern auch überall anderswo –, bin ich stets bereit dazu.“
Doch das Bild hat längst eine eigene Sprache gefunden. Es zeigt: Der verlorene Sohn steht wieder auf der Türschwelle. Ob es sich um politisches Kalkül handelt – oder um den Anfang einer echten Versöhnung –, wird sich nach dem 4. Mai zeigen.
Kommentare (13)
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