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Scherer & Pohl im Zwiegespräch

Malerei von Robert Scherer: Nach dem Tod seiner zweiten Ehefrau Johanna 1991 fand der Künstler nach längerer Schaffenskrise mit dieser mehrteiligen Werkreihe kraftvoll gestalteter Bilder menschlicher Pein und Qualen einen Weg, Schmerz und Trauer zu überwinden.

Das Meraner Palais Mamming Museum lädt den bald 100 Jahre alten Maler Robert Scherer und Martin Pohl zu einem Zwiegespräch

Robert Scherer (*1928) und Martin Pohl (*1961) – beide Künstler aus dem Vinschgau – verbindet seit einigen Monaten die Weitergabe vieler Malutensilien vom älteren Scherer an den jüngeren Pohl. Das „zweite Leben“ einiger Leinwände aus Scherers Beständen durch Pohl ist Anlass für die Ausstellung „Zwiegespräch“.

Die unbemalten Leinwände aus feinem, bereits mit Gips vorbehandeltem Leinen aus Scherers Beständen inspirierten Pohl im Herbst 2024 zu einer neuen Werkreihe. Ihre Herkunft, ihr Alter samt Verschmutzungen und die papierähnliche Oberfläche unterscheiden sich deutlich von den Bildträgern, die er üblicherweise verwendet und verlangten nach einem anderen Gestaltungsansatz. So entstanden bisher vier von chromatischer Sparsamkeit und Ruhe geprägte Bilder. Sie zeigen einzelne Wände eines spartanisch eingerichteten Zimmers in gleißend helles Licht getaucht. Gemeinsam bilden sie in der Ausstellung als Raum-im-Raum-Installation angeordnet, nicht dessen exakte Reproduktion, sondern eine subtile Erinnerung daran. Eine Erinnerung an die Stille des Ortes und an die Gedanken, die den Aufenthalt darin prägten. Nun haben Stille und Erinnerung in einer Verschränkung aus Imaginärem und Faktischem dauerhaft Form gefunden. Formal prägt ein oxidroter Fliesenboden als architektonisches Versatzstück in Kombination mit flüchtigen Grautönen des Mobiliars einen Ort, der in Nebel getaucht scheint.

Ähnlich angeordnet treten vier Leinwände Scherers aus der Mitte der 1990er Jahre, eine halbe Etage höher und nur durch eine Glaswand getrennt, mit den Bildern Pohls in einen mehrfachen Dialog.

Nach dem Tod seiner zweiten Ehefrau Johanna 1991 fand Scherer nach längerer Schaffenskrise mit dieser mehrteiligen Werkreihe kraftvoll gestalteter Bilder menschlicher Pein und Qualen einen Weg, Schmerz und Trauer zu überwinden. Es folgten viele Jahre intensiven Schaffens.

Zwischen Himmel und Erde angesiedelt, fesseln diese Gemälde mit der Darstellung irdischer Schmerzen. Sturz der Engel, Berg des Leidens, Himmel und Erde und Überlebende sind durch ihre geschundenen Körper, vorwiegend in Rot gehalten und mehrfach im Malduktus umschrieben, von großer Eindringlichkeit. Stürzend, sich gegenseitig stützend, einander tragend, sind sie miteinander verschränkt und dominieren das Bild. Bläulich changierende Hintergründe geben dem Geschehen Tiefe und überhöhen es fast mystisch.

Die unbemalten Leinwände aus feinem, bereits mit Gips vorbehandeltem Leinen aus Scherers Beständen inspirierten Martin Pohl zu einer neuen Werkreihe.

Das intensive Zwiegespräch, das Pohl und Scherer – egal ob in Fülle oder Reduktion, als Aufschrei oder Kontemplation – mit ihrem Material und ihrem Werk immer wieder aufs Neue führen, wird verbindendes Element. Die kathartische Wirkung des Malens prägt beide Bildzyklen.

Robert Scherer, 1928 in Kortsch geboren, optierte mit seiner Familie 1939 ins oberösterreichische Ottensheim. 1944/45 musste er zur deutschen Wehrmacht und geriet in Berlin in amerikanische Kriegsgefangenschaft. 1945 kehrte er nach Ottensheim zurück, 1946 floh er aus der sowjetischen Besatzungszone und kam nach Kortsch zurück. 1951–1958 Studium an der Akademie der Bildenden Künste in Wien, u. a. bei Herbert Boeckl, 1958–1959 Architekturstudium bei Clemens Holzmeister. Ab 1966 freischaffender Künstler in Südtirol. Zahlreiche Reisen und Studienaufenthalte, darunter 1971 in Valencia. Sein künstlerisches Werk umfasst eine Vielzahl von Techniken, darunter Wandmalerei, Mosaik, Glasskulptur, Zeichnung und Malerei.

Martin Pohl, 1961 in Tarsch geboren, lebt und arbeitet in Wien und Südtirol. 1987–1992 Studium an der Universität für angewandte Kunst in Wien bei Ernst Caramelle. 1993– 1995 Lehrbeauftragung an der Universität für angewandte Kunst in Wien. Seit 1992 Realisierung zahlreicher Kunst-am-Bau-Projekte. 2002–2006 Arbeitsstipendien in Paris und Wien. Pohl ist in zahlreichen privaten und öffentlichen Kunstsammlungen mit seinen Arbeiten vertreten. Er ist Mitglied der Vereinigung Künstlerhaus Wien. Zahlreiche Einzel-und Gruppenausstellungen im In- und Ausland.

Eröffnung: Mittwoch, 16. April, 18 Uhr Die Künstler sind anwesend Kuratorin: Ursula Schnitzer. Bis 18. Mai.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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