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Gelacht wurde wenig

Preis für den besten Film für „Wind, Talk to Me“ (Serbien, Slowenien, Kroatien)

Die 38. Ausgabe des Bolzano Film Festival Bozen (BFFB) ist vorbei, das Wetter war schön, viele Filme waren schön, und es waren viele Leute da.

Von Renate Mumelter

Gelacht wurde sehr wenig bei diesem Festival, geschmunzelt wurde auch nicht viel. Mag sein, dass es an den Zeiten liegt, die nicht grad zum Lachen sind, mag aber auch sein, dass es an der Auswahl der Filme liegt.

Regisseur Stefan Djordjevic mit dem Preis (Foto: Daniele Fiorentino)

Umso mehr ist die Trilogie von Dag Johan Haugerud als Highlight zu verbuchen, denn ihm gelingt es in „Sex“, „Love“, „Dreams“ ernste Themen zu vertiefen und doch zwischendurch einen ganzen Kinosaal zum Schmunzeln oder gar zum lauten Lachen zu bringen. Drei Filme, die sehr viel reden, ohne dass dieses Reden belastend wird, drei Filme, die in einem sehr positiven Sinn auf eine Reise mitnehmen. Der Auch-Bibliothekar Haugerud scheint übrigens gegen Eitelkeiten immun zu sein. Auch eine Besonderheit.

Von allem viel

Aber nun zum Eingemachten: Zur diesjährigen BFFB-Ausgabe drängt sich mir ein Begriff auf, der hierzulande im Zusammenhang mit dem Overtourism verwendet wird: Too much. Wachstum wird gern als etwas Positives gesehen, sollte aber zwischendurch hinterfragt werden. Mir persönlich war diesmal einiges too much, die Preisverleihung zum Beispiel, die mit ihren geschlagenen eineinhalb Stunden auch die Geduldigsten überforderte. Mag sein, dass es an großen Zahl der Preise lag, mag sein, dass zu viel geredet wurde, mag sein, dass es mehr Regie gebraucht hätte. Viele Preise zu vergeben ist nicht negativ, so kommt Geld in die Filmlandschaft. Irgendwann wird’s aber  unübersichtlich genau so wie das Mantra, das zum Festivalmotto wurde „total global, total lokal“, was immer das auch heißen mag. Als Fokus ist es etwas etwas wenig fokussiert. Die 77 Filme kamen aus der ganzen Welt, schauten über Grenzen und erzählten von allem. Das Angebot war groß, die Gefahr, sich zu verlaufen auch.

Ein Großteil des Festival-Teams, das vor und hinter den Kulissen aktiv war (Foto: Daniele Fiorentino)

Das Lokale

„Total lokal“ wirkte diese Festivalausgabe nicht unbedingt. Nicht weil die Filme gefehlt hätten. Es gab Programme wie „Local Heroes“, und das lokale Publikum gab es auch, wie der diesjährige Publikums-Preisträger „My Boyfriend el Fascista“ zeigt. Was lokal fehlt, ist eine gewisse Nähe, ein gutes Festivalgefühl. Das beginnt beim fehlenden Vormittagskaffee im Capitol, dem fehlenden Treffpunkt sozusagen.

Und noch ein Lokal-Nachtrag: Für Bozen ist es nach wie vor eine Herausforderung, sprachlich ausgewogen zu bleiben. Das bedeutet, zwischen dem Deutschen, dem Italienischen und dem Englischen geschickt zu jonglieren ohne alles eins-zu-eins zu übersetzen. Da gibt’s noch Spielraum für neue Ideen. Diese Ideen braucht es, um zu verhindern, dass sich irgendwann das Englische als praktische Allround-Lösung durchsetzt.

Zu den Preisen

Die preisgekrönten Filme stehen fest, die Begründungen für die Preise auch, nachzulesen sind sie im Netz. Im Wettbewerb war es nicht vorhersehbar, welcher Film gewinnen würde, denn viele der Filme aus dem Angebot wären preiswürdig gewesen. Bei den Local Heroes sei Karl Prossliner der Preis für „Worüber man nicht sprechen kann, darüber muss man reden“ natürlich gegönnt, auch wenn diesmal die bewährte Prossliner-Methode – Darstellen ohne zu hinterfragen – nicht wirklich greift. Es tun sich zu viele Fragen auf.

Schade finde ich, dass Evi Romens „Happyland“ mit nur einer Vorführung wenig Aufmerksamkeit bekam.

Ich wünsche dem BFFB mehr Leichtigkeit und Lächeln, wenn’s geht.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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