Das Knoll-Urteil
Das Urteil, mit dem die Süd-Tiroler Freiheit wegen des Schock-Plakats vor den Landtagswahlen zu 3.000 Euro Schadensersatz verurteilt wurde, hat es in sich: Es kommt auf die Mischung zwischen sprachlicher und bildlicher Botschaft an.
von Thomas Vikoler
Bassamba Diaby ist zufrieden, aber auch etwas enttäuscht. „Dieses Urteil ist ein großer Sieg, ein Sieg gegen die Diskriminierung aufgrund der Hautfarbe. Und ich habe das Ziel meiner Klage erreicht: Das Plakat muss entfernt werden. Dass meine Ansprüche nicht anerkannt wurden ist zweitrangig, um Geld ist es mir nie gegangen, sondern um die Zukunft meiner Kinder in Südtirol.
Der Meraner, im Jahre 1999 aus dem Senegal nach Südtirol eingewandert, hatte ein Wahlplakat der Südtiroler Freiheit zum Landtagswahlkampf 2023 nicht akzeptieren wollen. Es ging überall im Lande auf Bushaltestellen und kursierte im Internet. Seine Botschaften: „Kriminelle Ausländer abschieben!“, „Einwanderungs-Stopp!“, „Süd-Tirol wieder sicher machen“.
Dies allein, so schreibt Zivilrichterin Daniela Pol in ihrer Urteilsbegründung, reiche nicht aus, um die Voraussetzung für eine diskriminierende Belästigung im Sinne Art. 2 Abs. 3 des gesetzesvertretenden DekretsNr. 2151 aus dem Jahre 2003 zu erfüllen. Dafür brauchte es im konkreten Fall auch die visuelle Botschaft des Plakats. „Der Beklagte, um der sprachlichen Mitteilung des Plakats eine bildliche Kraft zu verleihen, beabsichtigt die unterschiedliche Herkunft der beiden dargestellten Personen hervorzuheben, indem nur die Hände des Mannes und die Arme der Frau sichtbar gemacht wurden, heißt es weiter in der Urteilsbegründung.
Es kommt also auf die Kombination der sprachlichen und bildlichen Mitteilung an. Das entsprechende Plakat, das nun auf Anordnung der Richterin aus dem öffentlichen Raum verschwinden muss (auch von der Homepage der Südtiroler Freiheit), sei darauf ausgerichtet „die große Eignung einer Person afrikanischer Herkunft oder jedenfalls einer schwarzen Person darzustellen, im Vergleich zu Personen anderer Herkunft Straftaten zu begehen, die mit gewalttätigen Verhalten verbunden sind“, heißt es in der Urteilsbegründung. Nicht ohne das Detail zu vergessen, dass die dargestellte männlichen Hand ein „Jagdmesser“ trägt.
Diese diskriminierende Mischung ist für Richterin Pol nicht durch das Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt, das die beiden Anwälte Lorenz Michael Baur und Janis Noel Tappeiner ins Feld führten.
Die Schadensklage von Bassamba Diaby wurde abgewiesen, weil er italienischer Staatsbürger ist und somit nicht als Adressat der Diskriminierung angesehen werden kann. Angenommen wurde hingegen jene der Mailänder Vereinigung Asdgi (Associazione per gli studi giuridici sull‘ immigrazione), der 3.000 Euro Schadensersatz zugesprochen wurden. Einmal, weil das Plakat einen überindividuellen diskriminierenden Charakter habe, zum zweiten wegen dessen „Grobheit“ mit einer „primitiven Darstellung des Gegensatzes zwischen zwei Personen“ und drittens, weil es im Wahlkampf eingesetzt wurde.
Sven Knoll, Landtagsabgeordneter der Südtiroler Freiheit, der die Wahlwerbung seinerzeit mit dem Argument verteidigt hatte, es gehe nicht um die Hautfarbe, sondern die Herkunft der Täter, hat Berufung gegen das Urteil angekündigt.
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