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Die Plakat-Posse  

 

Die SVP in Sterzing hat die ganze Stadt mit Plakaten tapeziert. Bürgermeister Peter Volgger hat viele bereits am nächsten Tag von der Stadtpolizei entfernen lassen. Über die Plakat-Posse in Sterzing und die Reaktionen. 

 von Erna Egger 

In Sterzing tobt der Wahlkampf: Die Volkspartei legt sich ins Zeug. „Als aggressiv würde ich das nicht bezeichnen“, wehrt Daniel Seidner ab. „Wir versuchen nur die Bürger zu motivieren, aufzuzeigen, wo sie Handlungsbedarf sehen. Und dann wollen wir konstruktiv arbeiten“, sagt der SVP-Bürgermeisterkandidat. Er tritt bei den Gemeindewahlen am 4. Mai gegen den Amtsinhaber Peter Volgger von der Liste „Für Sterzing Wipptal“ an.

Plakate überall – ob auf den offiziellen Anschlagtafeln oder auf privaten Flächen: Die SVP-Kandidaten in Sterzing haben am Donnerstagabend die ganze Stadt plakatiert. Mit roten Lettern auf blauem Hintergrund steht geschrieben: „KUAN HUSCH-PFUSCH“ – und dann der Verweis auf eine Webseite. 

Nicht sofort ist zu erkennen, wer die Urheber der Aktion sind, zumal kein Parteisymbol vorhanden ist. „Viele Sterzinger meinten, dass es sich um eine Initiative der örtlichen Handwerker handelt“, kommentiert Bürgermeister Volgger.

Erst wenn die entsprechende Webseite öffnet, findet sich dort das Bild des SVP-Bürgermeisterkandidaten Seidner und ein Statement von ihm: „In den vergangenen Jahren wurden viele Entscheidungen überhastet getroffen – mit halbfertigen Lösungen, unnötigen Kosten und verpassten Chancen als Folge.“ Dies wolle die SVP ändern. 

Dann erfolgt der Aufruf, auf der entsprechenden Webseite Fotos und Beiträge hochzuladen und zu zeigen, wo der Schuh drückt.

„Sinn der Aktion ist, dass sich Bürger einbringen. Mit dieser Plakataktion wollten wir Aufmerksamkeit erlangen“, erklärt Seidner. Dies ist gelungen. 

Viele Poster blieben nämlich nur wenige Stunden hängen: „Ich wurde vom Bürgermeister informiert, dass er der Stadtpolizei die Anordnung gegeben hat, diese zu entfernen“, so Seidner.

Verblieben sind nur jene, die auf den offiziellen dafür vorgesehenen Flächen und Anschlagtafeln angebracht worden waren. Seit Freitag, 30 Tage vor der Wahl, dürfen dort die Parteien und Listen ihre Werbeplakate aushängen. 

Die Reaktion von Seidner auf die Abnahme der Plakate: „Unter Demokratie verstehe ich etwas anderes. Ich hätte mir zuerst einen Bescheid mit der Aufforderung zur Entfernung der Plakate erwartet. Sämtliche Poster wurden auf privaten Flächen ausgehängt. Dass die Stadtpolizei losgeschickt wird, um diese abzunehmen, ist für mich keine kohärente Aktion.“ 

Wie reagiert der Bürgermeister auf die Anschuldigungen? Er lässt den Vorwurf einer undemokratischen Handlung nicht auf sich sitzen. Volgger erklärt: „Die Plakate wurden in einer Nacht- und Nebelaktion in ganz Sterzing – auf Hausmauern und Zäunen – angebracht. Unter anderem wurden die Poster auch an vielen Stellen befestigt, auf denen es laut Artikel 23 der Straßenverkehrsordnung verboten ist, Plakate auszuhängen – weil die Autofahrer dadurch abgelenkt werden.“

Sämtliche Poster in diesen Positionen wurden von der Stadtpolizei kontrolliert und entfernt. „Aber nur jene, die der Straßenverkehrsordnung nicht Rechnung trugen. Und hierbei spielt keine Rolle, ob auf privaten oder öffentlichen Flächen. Alle anderen wurden belassen“, unterstreicht Volgger.

Der Bürgermeister erinnert an eine ähnliche Aktion vor einigen Jahren, durchgeführt von den Veranstaltern der Erotikmesse Innsbruck. „Auch diese mussten ihre Plakate wieder entfernen.“

Der Bürgermeister erhält Rückendeckung vom Kommandanten der Stadtpolizei Egon Bernabè: „Das hat nichts mit dem Inhalt der Plakate zu tun: Der Artikel der Straßenverkehrsordnung ist klar.“

Deswegen haben – je nach Zuständigkeit – die Gemeindepolizei entlang der Gemeindestraßen und der Straßendienst entlang der Landesstraßen sämtliche Plakate entfernt. 

Seidner kontert: Im Artikel des Straßenkodex gebe es sehr viele Unterklauseln zu Abständen und Sichtbarkeit: „Vieles ist Interpretationssache.“ Er betont: „Ich möchte aber hier nicht die Stadtpolizei in die Verantwortung nehmen – die Anweisung kam vom Bürgermeister.“ 

Ähnlich die Kommentare seiner Mitstreiter: „Wenn ein Bürgermeister der Stadtpolizei den Auftrag gibt, Plakate des politischen Mitbewerbers entfernen zu lassen, ist das nicht nur kleinlich – das ist demokratisch mehr als bedenklich“, kommentiert etwa die Gemeinderätin Eva Frick auf Facebook.

Demonstrativ wurde auf den sozialen Netzwerken ein Foto von drei SVP-Kandidatinnen gepostet, die „KUAN HUSCH-PFUSCH“ auf ihren Leibchen tragen. Der Kommentar dazu: „Unsere Plakate wurden entfernt – also tragen wir die Botschaft jetzt einfach auf der Brust! Fakt ist: Demokratie heißt Mitreden. Und wer versucht, sie verschwinden zu lassen, zeigt, wie nötig sie ist.“ 

Bernabè stellt klar: „Die Plakate wurden nicht auf Anordnung des Bürgermeisters, sondern aufgrund der klaren Gesetzeslage abgenommen. Es gibt keinen Interpretationsspielraum: Alle Plakate, die von der Straße sichtbar sind, sind verboten, sofern diese nicht vom Straßenbesitzer ermächtigt wurden. Wir mussten einschreiten. Wäre ein Unfall passiert, wäre der Straßenbesitzer zur Rechenschaft gezogen worden.“  

Der SVP droht nun ein Nachspiel: „Strafen sind zwar vorgesehen, wir werden aber keine ausstellen können, weil wir nicht genau verifizieren können, welche Person diese Plakate ausgehängt hat. Wir müssen jedoch die aufgewendeten Arbeitsstunden auflisten und diese samt Kostenaufstellung dem Regierungskommissariat Bozen übermitteln. Dort werden die nächsten Maßnahmen entschieden“, so Bernabè.

 

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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