Proporz im Zug
Laut einem Urteil der Kassation müssen sich private Konzessionäre für lokale Zuglinien an den ethnischen Proporz halten. In diesem Fall die SAD Nahverkehr AG.
von Thomas Vikoler
Der Rechtsstreit hat in einer Stellenanzeige in einer Lokalzeitung ihren Ursprung.
Ingemar Gatterers SAD Nahverkehr AG veröffentliche dort am 4. März 2017 eine Stellenanzeige für einen Zugkontrolleur mit Standort Innichen und einen Lokführer mit Standort Mals. Dies alles, ohne vorher das Landeskomitee zur Besetzung von Stellen – zwecks Überprüfung der Bestimmungen zum ethnischen Proporz gemäß Autonomiestatut – einzuberufen.
Die SAD ging nämlich davon aus, dass die Stellenbesetzung für ein privates Unternehmen nicht diesen Bestimmungen unterworfen ist.
Das Land Südtirol reagierte auf die private Stellenausschreibung mit einer Klage vor dem Arbeitsgericht. Dieses wies die Klage, die Einschätzung der Konzessionärin für lokale Zuglinien wie die Vinschgerbahn teilend, zurück.
Anders sah es das Bozner Oberlandesgericht, das das erstinstanzliche Urteil aufhob und somit dem Kläger Land recht gab. Es legte die entsprechende Bestimmung aus dem Autonomiestatut – Artikel 32-bis aus dem Dekret des Präsidenten der Republik Nr. 752 aus dem Jahr 1976 – dahingehend aus, dass mit „Gesellschaften“ nicht nur öffentlich kontrollierte Gesellschaften, sondern auch private Unternehmen gemeint sind, die einen öffentlichen Dienst verrichten. So wie in diesem Fall den Betrieb von Zuglinien im Auftrag der Landesverwaltung.
U.a. mit dem Argument, dass private Gesellschaften aufgrund der Geschäftsfreiheit nach Artikel 41 der Verfassung nicht einer öffentlichen oder gar einer Behörde gleichgestellt werden könnten, legte die SAD Kassationsbeschwerde gegen das Urteil des Oberlandesgerichts ein. Das Gericht habe den Begriff „Gesellschaften“ aus dem Autonomiestatut zur Verwendung der deutschen, italienischen und ladinischen Sprache falsch ausgelegt.
Die Kassation hat nun ihren Entscheid veröffentlicht und aus diesem geht eindeutig hervor: Auch für private Konzessionäre gilt der ethnische Proporz zur Aufteilung der Stellen im öffentlichen Dienst. Dies in Anlehnung einen Passus aus dem Artikel 32-bis, in dem vom Proporz bei den italienischen Staatsbahnen die Rede ist. Analog dazu sei dieser auch auf private Unternehmen anzuwenden, die im Auftrag des Landes einen entsprechenden Dienst verrichten.
Die SAD ist nach diesem Entscheid der Kassation also verpflichtet, sein Personal nach den Proporzbestimmungen anzustellen. Dies bis zum Auslaufen der Konzession, die wegen der inzwischen vom Verwaltungsgericht aufgehobenen Neuausschreibung ohnehin verlängert werden muss.
Kommentare (1)
Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen
Du musst dich EINLOGGEN um die Kommentare zu lesen.