Zwei Highlights

„April“. Hebamme Nina (Ia Sukhitashvili) ist in Georgien viel unterwegs
„April“ erzählt beeindruckend und ohne Larmoyanz von einer Realität, die es überall geben könnte, und „And Miles to Go Before I Sleep“ nimmt in den taiwanesischen Kapitalismus mit.
von Renate Mumelter
Hebamme Der georgische Film „April“ ist ein Abenteuer, nach dem es nicht möglich ist, unberührt aus dem Kino zu gehen. Das Abenteuer ist ein formales und ein inhaltliches. Regisseurin Dea Kulumbegashvili hat einen Film geschaffen, der nachgeht. Sie erzählt von Nina, einer erfahrenen Hebamme in Georgien. Alles beginnt mit Regen, viel Wasser, Schnaufen, viel Schnaufen, Fröschen, um dann in die Geburtsabteilung eines Krankenhauses zu kommen, wo gerade ein Kind auf die Welt gebracht werden soll. Das alles wird sehr real gezeigt. Sehr real zu sehen ist auch das andere Leben der Hebamme Nina. Sie nimmt Abtreibungen vor, wenn’s gar nicht anders geht, denn nicht alle haben in der einsamen Gegend, in der Nina arbeitet, die Möglichkeit, nach Tiflis zu fahren. „Jemand muss die Abtreibungen machen“, sagt Nina. Und gegen Ende des Films wird auch klar, warum diese manchmal unerlässlich sind, auch wenn Nina selbst dadurch in Gefahr kommt. Das besondere an diesem Film ist nicht nur die Hauptdarstellerin Ia Sukhitashvili, es ist auch die öde Landschaft, es ist der Morast, die Inszenierung und es ist die Unberedheit. Da wird nicht gequatscht sondern das getan, was getan werden muss. „April“ ist einer jener Filme, die nicht nur auf die Bilder schauen sondern auch auf die Töne, ohne alles zuzududeln. Und es ist ein Film, der Stoff zum Nachdenken und zum Reden liefert. Möglich ist das am Sonntag (18.30h) und am Montag (15.30h) mit der Regisseurin selbst.
Ausbeutung in Taiwan
Die Meldung ist ganz frisch. Erst am Mittwoch wurde vermeldet, dass China eine Invasion in Taiwan vorbereitet. Diese Nachricht kommt zwar zeitgerecht fürs Festival, für Taiwan und die vielen Menschen dort wäre es besser, es hätte sie nicht gegeben. Wo Taiwan genau liegt, ist vielleicht vor dem Besuch der 7 Focus-Filme des BFFB nachzuschauen. Taiwan ist eine der reichsten Demokratien Asiens, und der Kapitalismus schlägt hier gnadenlos zu. Das zeigt der interessanteste Film dieser Reihe deutlich. Tsai Tsung-Lung dokumentiert in „And Miles to Go Before I Sleep“ das gnadenlose System, mit dem die 700.000 Wanderarbeiterînnen aus den umliegenden Ländern in Taiwan ausgebeutet werden. „Als ich das erste Mal nach Taiwan kam, fühlte ich mich wie ein Sklave, ich wusste nicht, dass Sklaverei existiert“, erzählt einer. Die Polizei in Taiwan scheut vor nichts zurück, zeigt dieser Film. Diese Geschichte aus Taiwan ist für den Westen keine Lizenz zum Händewaschen, denn auch hier geht’s nicht zimperlich zu. Regisseur Tsai Tsung-Lung kommt nach dem Film zu einem Q&A auf die Bühne, und am 9. April um 9.30 h lädt die Filmschule ZeLIG zu einer interessanten Masterclass mit dem Regisseur. Online-Anmeldung auf der ZeLIGHomepage genügt. Am 10. April gibt es dann um 17h im Luna ein Gespräch mit drei Regisseuren aus Taiwan. Es moderiert Stefano Centini, der zwischen Italien und Taiwan lebt und arbeitet und die Filmreihe zusammengestellt hat.
Und weil wir grad bei der Politik sind
„How (not) to film a fascist monument“ zeigt am Sonntag um 14.15h in 9 Minuten wie die Technik klüger sein kann als Menschen. Im Mittelpunkt steht das Bozner Siegesdenkmal, das wir so gut in unseren Alltag integriert haben, dass wir’s gar nicht mehr wahrnehmen. Am Montag um 16.30 Uhr gibt es dann in einem Local-Heroes-Paket 5 Kurzfilme, die von einem Marmorblock übers Sarntal bis zum Thema Gewalt reichen.
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