Das Diäten-Komitee
Nach dem empörten Aufschrei über die 20.000-Euro-Nachzahlungen an die Abgeordneten fordern Team K und Grüne, dass künftig die Bürger:innen selbst über die Gehälter der Politiker entscheiden sollen.
von Matthias Kofler
Maria Elisabeth Rieder schüttelt den Kopf. „Am Ende“, sagt die Team-K-Politikerin, „profitiert immer die SVP. Ihre Wähler:innen sind längst abgehärtet, während wir als Opposition in der Öffentlichkeit so dastehen, als würden wir selbst von ihren Machenschaften profitieren.“
Die 20.000-Euro-Nachzahlung an die 70 Regionalratsabgeordneten hat in Südtirol einen Sturm der Empörung ausgelöst. Ein Landtagsabgeordneter hat somit allein im März über 31.500 Euro brutto erhalten.
Die Gehaltsexplosion ist auf einen Automatismus zurückzuführen: Anfang des Jahres wurde der Tarifvertrag für das nicht im Führungsrang eingestufte Personal der Region um satte 10,7 Prozent erhöht. Laut Regionalgesetz steigen die Gehälter der Abgeordneten im gleichen Verhältnis wie jene der regionalen Bediensteten – rückwirkend auf drei Jahre.
Die Optik ist fatal: Während viele Menschen unter dem Kaufkraftverlust leiden, regnet es Geld auf die Politiker:innen. Besonders dreist findet Maria Elisabeth Rieder, dass der Inflationsausgleich für die Abgeordneten das gesamte Gehalt betrifft, während das Land seinen eigenen Angestellten nur eine Erhöhung auf die Sonderergänzungszulage gewährt. Zudem reicht das Budget nicht aus, um die Inflation für alle Bediensteten auszugleichen: Lediglich die unteren Funktionsebenen profitieren von einer Anpassung um rund 14 Prozent. „Das bedeutet, dass die Bediensteten ab der sechsten Funktionsebene nicht die ihnen zustehende Inflationsanpassung bekommen“, kritisiert die Team-K-Frontfrau.
Die Opposition gerät zunehmend in Erklärungsnot: Sie hat gegen die Gehaltserhöhung, wenn überhaupt, nur halbherzigen Widerstand geleistet – und profitiert nun selbst von den üppigen Nachzahlungen. „Das ist ein hinterhältiges Spiel“, sagt Rieder. Die Abgeordneten seien per Gesetz verpflichtet, die Nachzahlungen anzunehmen. Ein Verzicht sei nicht möglich – sie könnten das Geld höchstens für gemeinnützige Zwecke spenden oder an den Regionalrat zurückzahlen, der jedoch kein eigenes Haushaltskapitel dafür hat. „Das bedeutet, dass wir doppelt draufzahlen, wenn wir es zurückgeben, weil das Gehalt bereits versteuert wurde“, kritisiert Rieder.
Die Team-K-Politikerin fordert, die automatische ISTAT-Anpassung abzuschaffen und die Politikergehälter vorerst einzufrieren. „Über die Gehälter sollte nicht mehr der Regionalrat entscheiden, sondern eine unabhängige Kommission, die transparent und ohne politisches Kalkül arbeitet.“
Die Grünen unterstützen den Vorschlag. „Logisch eine gute Idee“, sagt Brigitte Foppa. „Solange wir über unsere eigenen Gehälter entscheiden, ist das immer vergiftet. Das muss durchbrochen werden. Die Nachzahlungen sind in der heutigen Zeit nicht nachvollziehbar.“
Bereits in der vergangenen Legislaturperiode hatten die Grünen einen Gesetzentwurf eingebracht, der ein Bürger:innen-Komitee zur Festlegung der Politikerdiäten vorsah. Die Sozialpartner sollten in einem partizipativen Prozess in die Entscheidung über die „richtige Entlohnung“ der Regionalrats- und Landtagsabgeordneten eingebunden werden. Gleichzeitig sollte das Privileg der automatischen ISTAT-Erhöhungen abgeschafft werden.
Doch der Entwurf wurde mit sechs Nein- und vier Ja-Stimmen in der zuständigen Kommission versenkt. Die Oppositionsparteien hatten bei der entscheidenden Sitzung den Saal verlassen. Dabei hätten sich selbst die Gewerkschaften für eine Streichung der automatischen Anpassung ausgesprochen. „Jeder, der in die Politik einsteigt, weiß von Anfang an, was er verdient“, betonte ASGB-Chef Tony Tschenett. „Auch im öffentlichen Dienst gibt es keinen solchen Automatismus. Zudem orientieren sich die Gehälter dort am Verbraucherpreisindex IPCA, der niedriger ist als der ISTAT-Index.“ Die Löhne im öffentlichen Dienst müssten laut Tschenett weiterhin Verhandlungssache bleiben.
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