Die PR-Millionen
Das Geschäft mit der Kommunikation blüht. Das wird an den Aufträgen deutlich, die vier SVP-nahe Agenturen in den vergangenen fünf Jahren von der öffentlichen Verwaltung erhalten haben.
von Christoph Franceschini
33 eng beschriebene Seiten umfasst die Liste, die Landeshauptmann Arno Kompatscher vor zwei Wochen an Paul Köllensperger, Alex Ploner, Franz Ploner und Maria Elisabeth Rieder übermittelt hat. Die Team-K-Fraktion hat in einer Landtagsanfrage nach den Aufträgen gefragt, die das Land oder die öffentlichen Gesellschaften in den vergangenen 5 Jahren an private Agenturen für Kommunikation vergeben haben.
Köllensperger & Co. haben dabei ihre Anfrage auf vier namentlich genannte Agenturen eingegrenzt: Zukunvt, Succus, Brandnamic und Yanovis. Die Auswahl ist kein Zufall. Denn alle vier Unternehmen haben private, berufliche und/oder politische Berührungspunkte mit der Südtiroler Regierungspartei SVP.
Schaut man sich die Liste mit den über 360 vergebenen Aufträgen an, so wird schnell klar, dass das Geschäft mit der Kommunikation blüht. Denn alle genannten Agenturen haben in den vergangenen Jahren äußerst lukrative und gutdotierte Aufträge von den öffentlichen Stellen erhalten – 95 Prozent davon als Direktvergabe.
Ein Unternehmen, das seit längerem im Fokus der Öffentlichkeit steht, ist dabei die „Zukunvt GmbH“. Das Unternehmen mit Rechtssitz in Bruneck und Büros in Bozen und Wien wird im Mai 2012 von vier jungen Männern gegründet: Victor Matic, Moritz Gruber, Viktor Franz und Aldo Parmeggiani.
Die junge Agentur ist frisch, unabhängig und professionell. Als Arno Kompatscher 2013 ins Rennen um die Durnwalder-Nachfolge als Landeshauptmann geht, sucht der Völser Bürgermeister bewusst nach unverbrauchten, jungen Köpfen für sein Wahlkampteam. Arno Parmeggiani und Victor Matic steigen so ins Kompatscher-Team auf und mit ihnen auch ihre Agentur „zukunvt“, die Kompatschers ersten Landtags-Wahlkampf betreut.
Diese Zusammenarbeit bleibt auch bei den Wahlgängen 2018 und 2023 bestehen. Zudem betreut die Agentur jahrelang auch den Web-Auftritt des damaligen Wirtschaftslandesratesund SVP-Obmanns Philipp Achammer und die grafische Umsetzung der Webseite der Südtiroler Volkspartei. Aldo Parmeggani ist zwischendurch auch als Mitarbeiter und Berater der SVP-Fraktion tätig.
Vor diesem Hintergrund weisen vor allem Sven Knoll von der Südtiroler Freiheit, aber auch der ehemalige SVP-Landesrat Thomas Widmann immer wieder polemisch auf diese persönlich-politische Verbindung hin. Die Unterstellung dabei: politische Klüngelei.
Die Landtagsanfrage des Teams K und die Antwort von Landeshauptmann Arno Kompatscher werden diese Diskussion jetzt nochmals anheizen. Denn die Agentur Zukunvt hat von 2019 bis zum März 2025 insgesamt 87 Aufträge von Land oder öffentlichen Körperschaften erhalten. Zu einem Preis von insgesamt 908.707,37 Euro.
Zu den Auftraggebern gehören die IDM, das NOI, die STA AG, die SASA AG und Dutzende Landesabteilungen wie die Bildungsverwaltung, Wirtschaft, das italienische Schulamt, die Agentur für Bevölkerungsschutz oder der Straßendienst.
So hat die STA an die zukunvt in den vergangenen drei Jahren Aufträge im Gesamtwert von knapp 175.000 Euro vergeben. Die Palette geht dabei vom „Rebranding Logo südtirolmobil“ über die Kommunikation zum Bau der Riggertalschleife bis zum Marketing für die neue Pustertalbahn. Der Straßendienst des Landes hat für eine Sensibilisierungskampagne einen Auftrag von 39.715 Euro an zukunvt vergeben, während die Abteilung Mobilität sich die Beratungen und Dienstleistungen im Rahmen des Mobilitätplanes M2030, aufgeteilt in fünf Aufträge, 143.490 Euro kosten lässt.
Die Landesverwaltung hat mit der Agentur für Presse und Kommunikation eine zentrale Stelle für die amtliche Public-Relation. Auch hier aber hat zukunvt mehrere lukrative Aufträge für Dienstleistungen und Kampagnen erhalten. Im Gesamtumfang von 138.718, Euro.
Aus der jetzt übergebenen Liste der Aufträge geht aber auch hervor, dass die größe Krisedieses Jahrhunderts gleichzeitig der größte Segen für die lokalen Kommunikationsagenturen war.
So hat die zukunft GmbH von der Agentur für Presse und Kommunikation des Landes allein im Frühjahr 2020 mehrere Aufträge für die Anti-Covid-19-Kampagne und die Informationskampagne „#NeustartSüdtirol“ für insgesamt 57.033 Euro erhalten.
Welcher Goldesel Covid-19 aber für manche Unternehmen war, wird noch deutlicher an einer zweiten Agentur, die aus dem SVP-Umfeld kommt: Der „Succus Kommunikations GmbH“.
Die „Succus Gmbh“ gehört Michael Mühlberger und Harald Plieger. Beide ursprünglichen Journalisten kommen direkt aus der SVP. Mühlberger arbeitete jahrelang für die Tageszeitung „Dolomiten“, bevor er 1997 die Leitung der Kommunikationsabteilung der SVP übernimmt. Damals noch unter dem Landessekretär Thomas Widmann. Nach der Wahl Widmanns in den Landtag übernimmt Mühlberger zwischenzeitlich das Amt des SVP-Landessekretärs. In der SVP-Presseabteilung arbeitet damals auch Harald Plieger.
Das Duo Mühlberger/Plieger gründet die Kommunikations-Agentur „Succus“, die schon bald zu einem der größter Player auf dem lokalen Markt wird. Auch dabei bleibt die Verbindung mit der Politik aufrecht. Bei den Landtagswahlen 2018 ist nicht nur Thomas Widmann Wahlkampfleiter der SVP, die offizielle Wahlkampfagentur der Volkspartei ist die „Succus“.
Succus hat seit 2019 insgesamt 95 Aufträge bekommen. Das ist ungefähr das Auftragsvolumen des Konkurrenten zukunvt. Der finanzielle Umfang allerdings ist mehr als doppelt so hoch. Mühlberger & Co. haben insgesamt 1.830.922,91 Euro kassiert.
Den großen Unterschied machen hier „Covid 19“ und die enge berufliche Beziehung zu Thomas Widmann. Denn unter dem damaligen Gesundheitslandesrat steigt die Agentur „Succus“ 2020 auch zu einer Art offiziellem Krisenberater für das Land und den Sanitätsbetrieb in Sachen „Covid 19“ auf.
So vergibt der Südtiroler Sanitätsbetrieb unter dem damaligen Generaldirektor Florian Zerzer vier Aufträge an die Succus zur „Kommunikation Covid 19“ und zur anstehenden Impfkampagne. Der Gesamtumfang dieser Aufträge beläuft sich auf 206.370 Euro.
Gleichzeitig bekommt die „Succus GmbH“ aber einen ähnlichen Auftrag von der Landesagentur für Presse und Kommunikation: Unter dem Betreff „Krisenkommunikation COVID“ werden 114.000 Euro ausgezahlt. Später folgt ein weiterer Auftrag als „Fortsetzung Krisenkommunikation“ für 22.800,08 Euro. Dazu kommt ein weiterer Auftrag für eine „Informationskampagne COVID-19“ für 35.000 Euro.
Zudem erteilte die Landesabteilung Mobilität der Succus einen Auftrag zur „Fortsetzung Kommunikationskampagne COVID-19“ um 60.000 Euro und zur „Erstellung von Informations- und Aufklärungsmaterialien für Mitarbeiter/Innen und Fahrgäste im Bereich des öffentlichen Personenverkehrs“ für 10.000 Euro.
Dass Succus vor allem für die Agentur für Presse und Kommunikation der wichtigste Bezugspunkt ist, zeigt sich daran, dass das Mühlberger-Unternehmen für verschiedene anderen Kampagnen – etwa zur Sprachgruppenzählung 2021, zum Gemeindeentwicklungsprogramm oder zum Thema „Respekt“, aber auch für die Gestaltung der Social-Media-Kanäle des Landes – weitere Aufträge im Wert von insgesamt 105.380,20 Euro zugesprochen bekam.
Die Agentur für Presse und Kommunikation gibt auch die offizielle Zeitung des Landes heraus. Auch hier hat man die Grafik für die Jahre 2025-2027 an die Succus vergeben. Kostenpunkt: 73.720 Euro.
Die Mühlberger-Agentur arbeitet aber auch für die Noi AG, die Euregio (Presseamt), die Landesabteilung Wirtschaft und die Sasa AG. Die großen Brocken aber kommen von der IDM im Jahr 2020: für die „Beratung und Ausarbeitung von Werbemitteln für die Ich-Du-Wir Kampagne“ (115.325 Euro) und die Ausschreibung als strategischer Partner für die „institutionelle Kommunikation der IDM“ (143.300 Euro).
Die „STA AG“ beauftragt die Succus nicht nur mit dem Kommunikationskonzept für die Trambahn Bozen (35.815,26 Euro), der „Kommunikationskampagne M-Portal“ (28.370,05 Euro), sondern die Landesgesellschaft schließt 2021 mit dem Bozner Unternehmen auch einen dreijährigen „Rahmenvertrag für Dienstleistungen im Kommunikationsbereich“ ab. Auftragssumme: 171.482,23 Euro.
Einen solchen Vertrag, der aber nur zwei Jahre dauert, hat im Jänner 2025 auch die „Pensplan Centrum SpA“ mit der Agentur Succus abgeschlossen. Für 92.400 Euro.
Das Ressort für Raumentwicklung, Landschaft und Natur hat für „die Durchführung und grafische Gestaltung einer internationale Tagung in Bozen“ im März 2023 39.980 Euro an Succus überwiesen. Und die Therme Meran AG hat sich eine Marktstudie zur Herausgabe einer Kinderzeitung durch Succus immerhin 40.277,84 Euro kosten lassen.
Dabei hat die Meraner Thermengesellschaft eigentlich eine andere Hausagentur: Die „Brandnamic GmbH“. Das Unternehmen gehört dem Brixner Unternehmer Michael Oberhofer. Oberhofer ist auch CEO und (Mit)Besitzer der vierten in der Landtagsanfrage genannten Agentur: Der „Yanovis GmbH“.
Die Bozner Yanovis hat in den vergangenen Jahren nur zwei öffentliche Aufträge für insgesamt 24.000 Euro bekommen. Die „Brandnamic GmbH“ steht schon besser da: Sie hat seit 2019 91 Aufträge im Wert von insgesamt 568.245,16 Euro erhalten.
Auch Brandnamic hat dabei am Corona-Kuchen ordentlich mitgenascht. 2021 hat die Agentur für Presse und Kommunikation des Landes das „Kommunikationskonzept Storytelling Covid-19“ (3.600 Euro) und den Auftrag „ Storytelling COVID 19 – Produktion verschiedener Formate“ (33.980) an das Unternehmen vergeben. Bereits 2019 hat Brandnamic für das Regionalmarketing der IDM einen Auftrag über 89.967,04 Euro erhalten.
Ihren Schwerpunkt in Sachen öffentliche Aufträge hat die Brixner Agentur in Meran, wo sie die Webseite der Gärten von Schloss Trauttmansdorff (4.250 Euro) betreut und für die Kurverwaltung Meran die „digitale Promotion des Weihnachtsmarktes“ um 15.891,10 Euro durchführt, sowie für 39.286,17 Euro das „System der neuen Newsletter“ verwaltet.
Die meisten Aufträge bekommt Brandnamic aber von den Thermen Meran. Allein im Jahr 2019 waren es fünf verschiedene Direktvergaben im Gesamtwert von 119.858 Euro. In den Jahren danach folgen Aufträge für das Onlinemarketing um 19.360,80 (2020), um 23.662,40 Euro (2022) und um 19.534,04 Euro (2023). Dazu hat Brandnamic von der öffentlichen Badeanstalt des Landes 2012 für die „Anpassung der Website“ im Jahr 2021 22.670 Euro und 2023 42.422,04 Euro bekommen.
Wie sehr auch diese beiden Kommunikationsagenturen der Regierungspartei verbunden sind, geht aber aus der SVP-Bilanz 2024 hervor. Dort ist auch die offizielle Spenderliste der Partei angeführt. Demnach hat die Yanovis GmbH am 18. Oktober 2023 2.000 Euro an die SVP gespendet. Am 19. Oktober 2023 spendet dann die Brandnamic GmbH 3.000 Euro.
Vier Tage später finden in Südtirol Landtagswahlen statt.
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