„Ein Amt für Idealisten“
Bürgermeister Roland Alexander Steger über die schwierige Kandidatensuche für die Gemeinderatswahlen in Prettau.
von Sandra Fresenius
In der Gemeinde Prettau werden sich am 4. Mai bei den Gemeinderatswahlen 16 Kandidaten für die insgesamt 12 Mitglieder im Gemeinderat zur Wahl stellen.
„Bei den Kandidaten für die Gemeinderatswahl haben wir eine offene Vorwahl durchgeführt, das heißt es gab eine Kandidatenliste, für die sich jeder, der Interesse hatte, in den Gemeinderat gewählt zu werden, melden konnte. Die Wahlbeteiligung lag bei etwa 60 Prozent. Aus dieser Vorwahl sind dann die aktuellen 16 Kandidaten hervorgegangen“, berichtet Bürgermeister Roland Alexander Steger. Die maximale Anzahl an Kandidaten beträgt allerdings 18. Im letzten Moment, kurz vor Abgabe der Listen, sei jedoch eine Kandidatin abgesprungen, für die so schnell kein Ersatz mehr gefunden werden konnte. In der Folge musste also auch ein männlicher Kandidat gestrichen werden.
Ein Drittel der Kandidaten sind Frauen. „Wir hätten auch 50 Prozent weibliche Kandidaten aufgestellt, wenn wir sie gefunden hätten“, sagt Steger. Die kleine Gemeinde im Ahrntal mit 522 Einwohnern tut sich generell zunehmend schwer, Kandidaten zu finden, weiß Steger, für den es bereits die vierte Gemeinderatswahl ist. Dieses Mal hätten bereits im Vorfeld der Wahlen zwei langjährige Gemeinderferentinnenangekündigt, aus persönlichen Gründen nicht mehr kandidieren zu wollen. „Sicher ist es nicht leichter geworden, Kandidaten zu finden, weil Gemeindepoltik und Politik generell nicht den besten Ruf genießt“, meint der amtierende Bürgermeister. Zwar gebe es immer viele, die meinen, alles besser und anders zu machen, aber wenn es dann konkret um die Übernahme von Verantwortung geht, dann „sind dieseLeute sehr schnell nicht mehr da“, so Steger. Die Gesellschaft hätte sich verändert. Es würde viel gefordert von der öffentlichen Hand und die Gemeinde sei dabei der unmittelbarste Dienstleister für die Bürger, aber gleichzeitig möchte sich niemand zur Verfügung stellen, die geäußerten Forderungen auch umzusetzen.
Die Amtsentschädigungen in den Gemeindeverwaltungen seien zudem massiv zurückgegangen – ganz anders hingegen in der Landespolitik mit ständigen Erhöhungen zusätzlichen Inflationsanpassungen. „Man muss hier zwar differenzieren zwischen Landesregierung und Landtag. Ich bin aber überzeugt, dass die Landtagsabgeordneten in Südtirol überbezahlt sind. Warum muss ein Abgeordneter, der keine Verantwortung übernimmt, beispielsweise mehr verdienen als der Bürgermeister von Bozen, der politische und persönliche haftet“, argumentiert der Bürgermeister von Prettau. Viele der Gemeindeverwalter würden daher eher aus Idealismus denn aus finanziellen Gründen dieses Amt ausüben.
Einen weiteren Grund für die schwindende Anzahl an Kandidaten sieht Steger in den aufgrund der gesetzlichen Vorgaben zunehmend geringer werdenden Gestaltungsspielräumen. Ursprünglich seien im Unterschied zu Italien in Südtirol die Gemeindeverwalter, das heißt Gemeindeausschuss, Bürgermeister und Gemeindereferenten, zugleich Administratoren gewesen, die Entscheidungen treffen konnten. Mittlerweile sollte jedoch – ebenso wie in der Landespolitik – nur noch über Verordnungen und Regelungen regiert werden. „Die Bevölkerung erwartet sich aber von den Gemeindeverwaltern konkrete Entscheidungen“, unterstreicht Steger. So seien für den „lokalen Hausverstand“ früher derBürgermeister und die gemeine Bevölkerung in der Baukommission vertreten gewesen. Heute aber sei der Bürgermeister weder Mitglied der Gemeindebaukommissionnoch hätte er Stimmrecht.
So befinden sich für die anstehenden Gemeindewahlen unter den Kandidaten im Ausschuss ein Gemeindereferent, für den es bereits die vierte Amtsperiode ist, sowie im Gemeinderat zwei Mitglieder, die seit mindestens 30 Jahren diesem Gremium angehören.
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