Von Mahler zu Ortler

(stehend v.l.) Der Trompeter der Berliner Philharmoniker Bertold Stecher, Dirigent Michael Pichler (sitzend) der Komponist Gerd Hermann Ortler und die Klarinettistin der Wiener Philharmoniker Andrea Götsch (Foto: Lukas Lorenz)
In seiner 5. Konzertreihe hat Südtirol Filarmonica erstmals eine Uraufführung im Programm. Der in Wien lebende Glurnser Komponist Gerd Hermann Ortler hat für die Solisten Andrea Götsch und Bertold Stecher einen Mix aus Jodler, Techno und Walzer komponiert. Neben Toblach, Bozen und Meran gibt das Orchester auch ein Konzert im Großen Saal des Wiener Konzerthauses.
Es ist eine komische Sache mit dem Durchhaltevermögen. Manche verfügen über einen langen Atem, anderen geht die Luft nach ein paar Metern aus. Das gilt individuell, das gilt ganz besonders auch für Kulturinitiativen. Sobald der Schwung des Anfangs verweht und Leidensfähigkeit gefragt ist, machen viele schlapp. Kein Wunder also, dass LR Philipp Achammer dem Orchester Südtirol Filarmonica ein „Kompliment zum Durchhalten“ macht.
Doch das 2019 bei einem Treffen der Südsterne von Cornelia Goller, Isabel Goller, Michael Pichler und Zeno Kerschbaumer gegründete Orchester der über vier Kontinente verstreuten „heimatfernen“ Musiker hält nicht nur durch, es schreitet entschlossener denn je den Pfad aus Weltoffenheit und Heimatverbundenheit voran. Die Beharrlichkeit hat dem Orchester im vergangenen Jahr einen Auftritt im Münchner Herkulessaal beschert, heuer wird es in einer „Kathedrale der klassischen Musik “ (Zeno Kerschbaumer, Präsident des Trägervereins Arton), dem großen Saal des Wiener Konzerthauses mit 1.800 Plätzen, konzertieren.
359 Südtiroler Musikerinnen und Musiker bilden die Basis der Südtirol Filarmonica. 78 davon wurden für die heurige Orchesterbesetzung eingeladen. Für die 5 Probentage sowie 4 Konzerttage legen sie knapp 70.000 Kilometer zurück. Darunter befinden sich mehrere herausragende Musikerpersönlichkeiten wie zum Beispiel die Klarinettistin Sophie Pardatscher, die im Orchester der Deutschen Oper Berlin engagiert ist, oder Martin Pratissoli, Cellist im Orchestra dell’Arena di Verona. Die längste Anreise wird die Flötistin Tanja Agreiter aus den USA auf sich nehmen.
Unter dem Motto „Die Kraft der Verbundenheit“ studiert der Dirigent Michael Pichler Gustav Mahlers Unvollendete, eine Fuge von Johann S. Bach in der Orchestrierung von Anton Webern und eine Uraufführung des 1983 in Glurns geborenen Komponisten Gerd Hermann Ortler ein.
Ausgebildet an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, lebt Ortler seit nunmehr 22 Jahren in Wien. Beauftragt und aufgeführt wurden seine bisherigen Kompositionen in Konzerthäusern, die in aller Munde sind: Wiener Konzerthaus, Elbphilharmonie Hamburg, Musikverein Wien, Wiener Staatsoper, Philharmonie Luxemburg, in Südtirol bei Transart und Südtirol Jazzfestival, um nur einige zu nennen. Für sein letztes Werk „Wolf – das Mystical“ wurde am Wolfgangsee eine eigens dafür konzipierte Seebühne geschaffen. Sein Wissen vermittelt er weiter an die nächste Generation über einen Lehrauftrag für Komposition und Arrangement an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. Für die Südtirol Filarmonica hat er ein Doppelkonzert für Klarinette, Trompete und Orchester komponiert: es trägt den Namen „Expedition to Paradise“.„Das Werk spiegelt drei Orte wider, Südtirol, Berlin und Wien. Es wird also ein Mix aus Jodlern, Techno und Walzer.“
Solisten Andrea Götsch und Berthold Stecher
Mit den beiden Südtiroler MusikerInnen, Andrea Götsch an der Klarinette und Bertold Stecher an der Trompete, hat Ortler auf zwei Weltklasse-Solisten im Orchester. Andrea Götsch (aus Meran) wirkt seit 2021 bei den Wiener Philharmonikern; Bertold Stecher (aus Mals) bereichert seit 2024 die Berliner Philharmoniker. Sowohl Götsch wie auch Stecher können in ihrer noch jungen Karriere gar einige Solo-Auftritte vorweisen, der anstehende Auftritt mit der Südtirol Filarmonica in einem auf deren Instrumente zugeschnittenen Werkes stellt etwas Besonderes für Beide dar. Andrea Götsch kommt ins Schwärmen: „Mit Bertold Stecher und Südtirol Filarmonica, unter der Leitung von Michael Pichler, frisch komponierte Musik von Gerd Hermann Ortler in Toblach, Bozen, Meran und Wien aufzuführen – welch‘ geniale Synthese! Eine Mischung aus vertrauten Kindheits- und Heimatsgefühlen, aber sicher auch total verrückten und extremen Emotionen werden diese Konzerte in uns allen auslösen; ich kann es kaum erwarten!” Auch Bertold Stecher ist voller Vorfreude: „Ein super interessantes Projekt, das die Musik in und aus Südtirol ein bedeutendes Stück weiterbringt.“
Wertschätzung für die Musikschulen
Kurz nach den ersten Konzerten im September 2021 äußerten mehrere MusikerInnen den Wunsch, den Musikschulen Südtirols ihre Dankbarkeit zum Ausdruck zu bringen. Daher ist seit 2022 ein Ensembleauftritt an einer Musikschule Südtirols fester Bestandteil des Wochenprogramms der Südtirol Filarmonica. Dieses Jahr wird ein Ensemble für die SchülerInnen an der Musikschule Sterzing ein exklusives und interaktives Konzert geben. (Heinrich Schwazer)
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