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Das Schweigen

Foto: FB/Carabinieri

Der mutmaßliche Mafioso Luigi Masciari und seine Ehefrau müssen am Donnerstag in Trient zum Garantieverhör. Sie zeigen sich laut ihrem Verteidiger schockiert über die Verhaftung und werden vorerst schweigen.

von Thomas Vikoler

Ihren Nachbarn in der Neumarkter Fraktion Laag war das Ehepaar mit Sohn weniger stark aufgefallen als den Ermittlern von der Carabinieri-Staatsschutzeinheit ROS. Eine scheinbar normale Familie eines Bauunternehmers, der allerdings großzylindrige Autos fuhr.

Am Dienstagmorgen wurden der 44-jährige Luigi Masciari, seine Ehefrau und deren Bruder von den Carabinieri als mutmaßliche Mitglieder eines Ablegers der kalabresischen ´Ndrangheta verhaftet. „Sie waren schockiert darüber und wollten es nicht wahrhaben“, erklärte der Bozner Strafverteidiger Nicola Nettis nach einem Besuch im Gefängnis von Trient, wo das Ehepaar einsitzt. Ihr Kind wurde einer Tante überantwortet. Der Bruder der Gattin sitzt in der Bozner Haftanstalt.

Anwalt Nicola Nettis

Am Donnerstag um 14.30 Uhr findet im Gefängnis von Spini di Gardolo das Garantieverhör für das Ehepaar statt. Auf Empfehlung ihres Anwalts Nettis werden Masciari und seine Frau aber von ihrem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch machen. Die Vorhaltungen gegen sie seien zu komplex und umfangreich, um in so kurzer Zeit ab Kenntnis des 300-seitigen Haftbefehls darauf zu antworten, sagt der Anwalt. Er selbst will zuerst zumindest einen Teil der Ermittlungsakten studieren.

In der Wohnung des Ehepaares in Laag wurden antike Waffen und ein Schriftstück aus dem Jahre 1975 mit Regeln für Mafia-Rituale sichergestellt. Abhörungen hätten ergeben, dass die Tatverdächtigen ihnen unterworfen waren.

Doch in der Darstellung der Ermittler, die am Dienstag in Catanzaro und Trient Pressekonferenzen abhielten, verhielten sich die insgesamt 17 verhafteten Tatverdächtigen vor allem wie Manager. Sicherstellt wurde ein USB-Stick, auf der die Daten von insgesamt 23 echten und fiktiven Firmen und ihrer Verwalter verzeichnet waren. Auch Passwörter für das Portal der Agentur der Einnahmen und PEC-Adressen von Unternehmen.

Die 23 Firmen, die zu einem Großteil allein auf dem Papier existierten und folglich keiner wirtschaftlichen Tätigkeit nachgingen, waren durch hin- und hergeschobene Scheinrechnungen und Betriebszweige und Steuerguthaben verbunden.

Die einzelnen Firmen wurden in Gestalt des USB-Sticks „weitergegeben“, sodass es für die Antimafia-Staatsanwaltschaften von Trient und Catanzaro schwierig bis unmöglich war, an die Hintermänner zu kommen. Bei der Rekonstruktion des Firmengeflechts setzten die Ermittler, wie der Trienter Oberstaatsanwalt Sandro Raimondi stolz verkündete, auch Künstliche Intelligenz (KI) ein.

Der Abtretungspreis für eine Firma oder einen Betriebszweig stand in einem proportionalen Verhältnis zu den Steuerguthaben. 30.000 Euro für eine Firma mit einem Gutachten von 300.000 Euro, wie Raimondi auf der Pressekonferenz in Trient berichtete.

Dass der Hauptbeschuldigte Luigi Masciari auch in der realen Bauwirtschaft tätig war, ist unbestritten. Er unterhielt bis vor einigen Jahren, als sie in Konkurs ging, die in Neumarkt ansässige Baufirma Baugino, die zeitweise bis zu 50 Arbeiter beschäftigte. Sie erhielt u.a. einen Unterauftrag für den Bau des neuen Sitzes der Kellerei Bozen in Moritzing.

 

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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