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„Systematisches Versagen“  

 

Die Politik bekommt das Problem der Wartezeiten im Sanitätsbereich nicht in Griff. Verbraucherschützer üben scharfe Kritik.

von Artur Oberhofer

Walther Andreaus nimmt sich kein Blatt vor den Mund: „Es kann nicht sein, dass Patienten monatelang auf notwendige Untersuchungen warten müssen, während jene mit prall gefülltem Geldbeutel bevorzugt werden“, so der Geschäftsführer des Verbraucherschutzvereins Robin. „Hier liegt ein systematisches Organisationsversagen vor.“

Die Wartezeiten für Facharztvisiten und diagnostische Leistungen im Südtiroler Sanitätsbetrieb seien nach wie vor „untragbar lang“. Wer auf eine Leistung angewiesen ist, müsse sich monatelang gedulden und riskiere eine Verschlimmerung des Zustands mit schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen. Gegen Bezahlung erhalte man oft innerhalb weniger Tage einen Termin. „Dies führt zur schleichenden Privatisierung und Benachteiligung derjenigen, die sich teure Privatvisiten nicht leisten können“, so Verbraucherschützer Andreaus. Der Robin-Sprecher sagt Richtung Politik: „Entweder die Verantwortlichen sorgen für die Einhaltung der Betreuungsstandards – oder sie sind auszutauschen.“

Seit Jahren würden die Verantwortlichen des Gesundheitsassessorats und des Sanitätsbetriebs Verbesserungen bei den Wartezeiten versprechen. Die Situation habe sich kaum verbessert, in manchen Bereichen sogar verschlechtert.

Der ministerielle Index, der den Prozentsatz der fristgerecht vergebenen Termine misst, zeige alarmierende Defizite. Erfüllungsraten auch unter 50% bei den Erstvisiten und den diagnostisch-instrumentellen Leistungen seien leider auch zu finden. Besonders besorgniserregend: In der Prioritätskategorie B-Prioritär (maximale Wartezeit 10 Tage) würden in keinem Monat des Jahres in den Fachrichtungen Kardiologie, Dermatologie, Physiatrie, Endokrinologie, Gastroenterologie, Neurologie, HNO, Orthopädie und Urologie Termine im Durchschnitt fristgerecht vergeben.

Anstatt das Problem an der Wurzel zu lösen, seien Systeme wie Intramoenia (Privatvisiten innerhalb des öffentlichen Sanitätsbetriebs), das Rückvergütungssystem und Visiten bei konventionierten Strukturen eingeführt worden. „Doch diese Maßnahmen haben kaum Wirkung gezeigt“, so Walther Andreaus. Wer sich eine Privatvisite außerhalb des Sanitätsbetriebs leistet, erhalte zwar 50 Euro erstattet, doch angesichts der hohen Kosten einer solchen Visite bleibe das für viele Bürger unerschwinglich. Andreaus: „Die beste Medizin gegen lange Wartenzeiten ist die Vorbeugung. Doch die Krankmacher haben eine mächtige Lobby. Die Politik hat hier versagt.“

Die Wartezeiten *

  • Dematologische Erstvisite: bis 319 Tage
  • Gastroenterologische Erstvisite: bis 291 Tage
  • Urologische Erstvisite: bis 175 Tage
  • Endokrinologische Erstvisite: bis 155 Tage Diagnostische Leistungen:
  • (Farb)Dopplerechographie Arterien untere Extremitäten: bis 306 Tage
  • Koloskopie: bis 303 Tage
  • (Farb)Dopplerechographie: bis 197 Tage
  • CT des Oberbauchs: bis 188 Tage.

 

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