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Holzeisens Alter Ego


Der Personalnotstand im Landtag treibt immer seltsamere Blüten: Jetzt können sich Abgeordnete sogar von KollegInnen anderer Parteien vertreten lassen.

von Matthias Kofler

Die große Elfer-Regierung macht der Mehrheit im Landtag zunehmend zu schaffen. Ulli Mair, Christian Bianchi und Co. sind mit ihren Aufgaben in der Landesregierung derart eingespannt, dass sie kaum noch Zeit finden, in den vier Gesetzgebungsausschüssen des Landtags mitzuarbeiten. Die Lösung: Ein Kniff in der Geschäftsordnung erlaubt es den Abgeordneten, sich von KollegInnen vertreten zu lassen – sogar von Mitgliedern anderer Fraktionen.

Der Ausschuss für die Reform der Geschäftsordnung hatte zu Beginn der Legislatur beschlossen, dass Abgeordnete, die an einer Ausschusssitzung nicht teilnehmen können, sich vertreten lassen dürfen. Wörtlich heißt es in der Geschäftsordnung:

„Ein Ausschussmitglied, das an einer Sitzung nicht teilnehmen kann oder sich ersetzen lassen will, kann sich von einem/einer Abgeordneten vertreten lassen; er/sie hat jedoch zu Beginn der betreffenden Sitzung den Vorsitzenden/die Vorsitzende des Ausschusses davon in Kenntnis zu setzen.“
Die Regelung scheint auf den ersten Blick harmlos – doch die Praxis zeigt, dass sie durchaus Sprengkraft hat. So geschehen jüngst im 1. Gesetzgebungsausschuss: Renate Holzeisen (Vita) ließ sich von der Grünen Brigitte Foppa vertreten – und die nutzte ihre Stimme prompt für ihren eigenen Gesetzesentwurf zur mehrsprachigen Schule.

Die Tageszeitung hatte berichtet, dass neben dem Team K auch die Grünen für den Gesetzentwurf zur mehrsprachigen Schule gestimmt hätten. Holzeisen reagierte umgehend:

„Die Grünen sitzen nicht im Ersten Gesetzgebungsausschuss. Die zweite Stimme für den von den Grünen eingebrachten Gesetzesentwurf kam von der Fraktion Vita – von mir. Da ich wegen einer Gerichtsverhandlung nicht an der Sitzung teilnehmen konnte, habe ich Kollegin Brigitte Foppa die Vollmacht erteilt, in meinem Namen für den Gesetzentwurf zu stimmen.“

Doch ganz so eindeutig ist die Sache nicht. Wie der Generalsekretär des Landtags, Florian Zelger, erklärt, mutiert die vertretene Abgeordnete nicht einfach zur zu Vertretenden: Foppa verwandelt sich also nicht in die zu ersetzende Abgeordnete Holzeisen, sondern die Vita-Politikerin gibt zeitbegrenzt ihren Sitz an eine andere Mandatarin ab, die diese Funktion frei ausüben kann. Man kann sich zwar absprechen, ist aber nicht an Vorgaben einer fremden Partei gebunden. Brigitte Foppa präzisiert: „Man kann sich auch von einer anderen Partei vertreten lassen. Da Holzeisen nicht anwesend war, hat sie mir das Vertretungsrecht gegeben – für den Gesetzentwurf zur mehrsprachigen Schule. Aber ich habe nicht für Vita abgestimmt, sondern als Brigitte Foppa gehandelt. Das Vertretungsrecht bezieht sich auf die Abgeordnete, nicht auf die Partei.“

Die neue Regelung eröffnet zweifellos neue politische Spielräume – birgt aber auch Risiken. Wenn Abgeordnete einer anderen Partei abstimmen, könnte das zu politischen Fehlinterpretationen oder gar zu strategischen Absprachen führen.

Maria Elisabeth Rieder (Team K) sieht die Sache kritisch: „Ich würde mir wünschen, dass die Abgeordneten – auch die der Ein-Mann-Fraktionen – ihre Aufgabe ernst nehmen und nicht zu sehr anderen Verpflichtungen nachkommen.“

Die Episode zeigt, dass die Reform der Geschäftsordnung politische Brisanz in sich trägt. Die Vertretung durch parteifremde Abgeordnete könnte zum strategischen Werkzeug werden – mit möglicherweise weitreichenden Folgen für die politische Ausrichtung im Landtag.

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