Ullis Landespolizei
In jeder Gemeinde des Landes eine Ortspolizei, ein Lokalpolizist auf 1.000 Einwohner – und viel mehr Kompetenzen: Wie Landesrätin Ulli Mair mit dem neuen Ortspolizei-Gesetz Südtirol sicherer machen will.
von Artur Oberhofer
Details will Ulli Mair noch keine verraten. Am vergangenen Dienstag hat die Sicherheits-Landesrätin ihren RegierungskollegInnen den Vermerk mit den wichtigsten Inhalten des neuen Landesgesetzes zur Ortspoliziei übergeben.
Ein Mitglied der Landesregierung verrät: „Der Vermerk ist gut angekommen.“
Die Landesrätin selbst sagt in dieser Phase nur soviel: „Ich habe bei meinem Amtsantritt gesagt, dass ich im Bereich der öffentlichen Sicherheit bedingungslos den Weg des Möglichen gehen werde, und genau das tue ich jetzt.“
In Sachen Tempo ist Ulli Mair ihren RegierungskollegInnen weit voraus. Nach der Wohnreform 2025, mit der sie heiße Eisen angepackt und viel Zustimmung geerntet hat, legt die Sicherheits-Landesrätin nach nur einem Jahr bereits ihr zweites Gesetz vor: Das Landesgesetz zur Ortspolizei.
Die TAGESZEITUNG kennt die Kernpunkte des neuen Gesetzes.
Mit dem Gesetz soll einerseits die Ortspolizei massiv aufgewertet werden. Jedes Dorf soll einen Ortspolizeidienst erhalten mit dem Schlüssel: ein Lokalpolizist auf 1.000 Einwohner. Die Ortspolizei wird faktisch – und mit römischem Segen – zu einer Landespolizei aufgewertet.
Doch der Reihe nach.
Den Grundstein für das neue Ortspolizei-Landesgesetz wurde bereits im April 2024 gelegt, als im Landtag ein Begehrensantrag genahmigt wurde, um den Staat zu Zugeständnissen an die Ortspolizei zu bewegen, nämlich die Gleichstellung mit den staatlichen Sicherheitskräften sowie den Zugang zu Ermittlungsdatenbanken, wo es derzeit noch hakt.
Dieser Antrag wurde mit 30 Stimmen angenommen.
Die Landessicherheitskonferenz im November 2024 stand unter dem Motto: Stärkung der Ortspolizei.
Derzeit tourt Landesrätin Ulli Mair durch das Land, um ihre Pläne im Detail vorzustellen. Dabei betont die Landesrätin gebetsmühlenartig: „Im Gegensatz zu anderen Regionen, denken wir an das Veneto oder an die Lombardei, nimmt Südtirol seine Kompetenzen im Bereich Lokalpolizei kaum wahr.“ Manche Gemeinden hätten gar keine Ortspolizei, manche eine übergemeindliche Ortspolizei, manche eine eigene Ortspolizei. „Jeder macht in Südtirol mehr oder weniger, was er will“, heißt es aus dem engsten Umfeld der Landesrätin.
Viele Ortspolizisten tragen noch nicht einmal eine Waffe, sind quasi verlängerte Amtshelfer der Gemeinde oder betätigen sich als Verkehrs- und Parkwächter. „Das ist aber nicht das, was laut staatlichen Gesetzen möglich wäre”, betont die Landesrätin bei ihren öffentlichen Auftritten.
Die Grundlagen für die Aufwertung der Ortspolizei sind laut der Landesrätin bereits da. Erstens ist der Bürgermeister seit 2008 der Garant der öffentlichen Sicherheit auf Gemeindeebene und vertritt den Staat. Zweitens hat die Ortspolizei die Kompetenzen und zunehmend die Pflicht, als Krimimalpolizei zu wirken. „Hier gibt es im Land positive Beispiele von Einheiten der Ortspolizei, die Ermittlungen durchführen, die Anzeigen aufnehmen, die Festnahmen vornehmen und kriminellen Aktivitäten nachgehen”, heißt es lobend im Mair-Assessorat. Zudem seien diese Ortspolizeieinheiten zweisprachig und kennen Land und Leute.
Vor diesem Hintergrund haben sich Ulli Mair und ihre engsten Vertrauten die Frage gestellt: Kann es sich Südtirol als autonomes Land leisten, weniger Kompetenzen im Bereich der öffentlichen Sicherheit wahrzunehmen als andere Regionen? „Nein.“ Ist es konsequent, die ganze Zeit den Niedergang der öffentlichen Sicherheit zu bejammern, aber dort, wo es möglich ist, nicht tätig zu werden? „Nein.“
Mit dem neuen Gesetz soll – bei Einhaltung der Gemeindeautonomie – eine landesweite Vereinheitlichung geschaffen werden, mit der jede Gemeinde Südtirols einen Ortspolizeidienst garantiert, ob selbst oder zusammen mit anderen Gemeinden.
Die OrtspolizistInnen sollen künftig strikt nur noch als Polizeibeamte eingesetzt werden, sprich: nur für jene Tätigkeiten, für welche dieses Berufsbild erforderlich ist.
Die anderen Tätigkeiten sollen vom Hilfs- oder Verwaltungspersonal erledigt werden. Mittelfristig soll es in Südtirol einen Ortspolizei-Dienst geben, der zumindest auf Bezirksebene sieben Tage die Woche und 24 Stunden am Tag zur Verfügung steht, um den Bürgern einen flächendeckend zweisprachigen Dienst zu ermöglichen. Laut dem neuen Gesetz soll ein Personalstand von zumindest einem Lokalpolizisten auf 1.000 Einwohner erreicht werden.
Auf Staatsebene und in anderen Regionen liegt der Schlüssel teilweise bei einem Lokalpolizisten auf 700 Einwohner. In Südtirol liegt die aktuelle Personalausstattung im Schnitt bei einem Lokalpolizisten auf 2.000 Einwohner.
Jede Gemeinde ist laut dem derzeit aktuellen Gesetzentwurf angehalten, über einen eigenen Korps zu verfügen oder über eine Bezirksgemeinschaft oder einem Zusammenschluss an einem beteiligt zu sein.
Die Form der Zusammenarbeit wird nicht vorgegeben, aber es ist – laut dem derzeitigen Gesetzentwurf – nicht mehr möglich über keinen Ortspolizeidienst zu verfügen.
Die Aufstockung der Polizeikorps kostet natürlich Geld.
Die entsprechende Finanzierung ist zu garantieren, wobei noch nicht klar ist, ob diese Dienste im Rahmen der Gemeindefinanzierung finanziert werden wie bisher, oder ob eine Finanzierung des Dienstes als solcher zweckmäßiger sein könnte.
Im neuen Landesgesetz soll auch eine flächendeckende Ausbildung und Weiterbildung an einer Art Polizeischule oder Polizeiakademie, an einer Aufwertung des Berufsbildes, an laufenden Abstimmungen und gemeinsamen Ausbildungsprojekten mit den staatlichen Sicherheitskräften sowie an einer Vereinheitlichung und Strukturierung vorgesehen werden.
Ein Berater der Landesrätin bringt den Geist des neuen Landesgesetzes zur Ortspolizei im Hintergrundgespräch mit der TAGESZEITUNG wie folgt auf den Punkt: „Südtirol kann es sich heute, angesichts der Problemlage im Bereich der öffentlichen Sicherheit nicht mehr leisten, die eigenen Kompetenzen im Bereich Sicherheit nicht wahrzunehmen.“
Kommentare (6)
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