Du befindest dich hier: Home » News » Wovor fürchtet sich Achammer?

Wovor fürchtet sich Achammer?

Die Landesräte Philipp Achammer und Magdalena Amhof befürchten, dass brisante Abhörprotokolle aus der Operation „Romeo“ publik werden – und stellen der TAGESZEITUNG die Rute ins Fenster.

von Artur Oberhofer

Es ist ein einmaliger Vorgang in der Südtiroler Mediengeschichte: Am 8. März dieses Jahres ging in der Redaktion der TAGESZEITUNG eine Pec-Mail der renommierten Bozner Anwaltskanzlei Fava ein.

Der Betreff: Abmahnung („diffida“).

Anwalt Federico Fava warnt die TAGESZEITUNG in aller Form davor, Material und Abhörprotokolle, die der Geheimhaltung unterliegen, zu veröffentlichen.

Der Inhalt dieser Pec-Mail ist politisch hochbrisant. Denn die Auftraggeber dieser in Südtirol noch nie dagewesenen Einschüchterungsaktion gegen ein Medium sind zwei hochrangige PolitikerInnen – und ein ehemaliger Spitzenfunktionär der Südtiroler Volkspartei: die Landesräte Philipp Achammer und Magdalena Amhof und der ehemalige SVP-Landessekretär und Achammer-Intimus Stefan Premstaller.

Rechtsanwalt Federico Fava schreibt in der Abmahnung an die TAGESZEITUNG, dass im Zuge der Ermittlungen der Anti-Mafia-Staatsanwaltschaft von Trient – gemeint ist die spektakuläre „Operation Romeo“ der Carabinieri-Sondereinheit ROS – zahlreiche Telefone abgehört und Büros verwanzt worden seien.

Von diesen verdeckten Ermittlungen seien auch Personen – PolitikerInnen und VertreterInnen von Institutionen – betroffen, die nicht in das Strafverfahren verwickelt sind, darunter auch seine drei Klienten, die Herren Achammer und Premstaller und Landesrätin Magdalena Amhof.

In seiner Abmahnung schreibt Anwalt Federico Fava, dass das Material, das die Carabinieri-Sondereinheit ROS zusammengetragen hat, in seiner Gesamtheit der Geheimhaltung unterliege. Eine Veröffentlichung dieser geheimen Akten, in welcher Form auch immer, sei strengstens verboten („… è assolutamente vietata“).

Und dann kommt Anwalt Federico Fava, wie der Italiener so schön sagt, zum „dunque“, also zur Sache:

Der Strafverteidiger schreibt, dass seine Mandanten Philipp Achammer, Magdalena Amhof und Stefan Premstaller in Erfahrung gebracht hätten, dass der Redakteur der TAGESZEITUNG, Christoph Franceschini, in den Besitz von Verhör- und Abhörprotokollen aus der „Operation Romeo“ gelangt sei. Sollte dem so sein, schreibt der Anwalt, wäre dies „schwerwiegend“ – und der Redakteur könnte sich einer Straftat schuldig gemacht haben.

Anwalt Fava suggeriert, also, dass der TAGESZEITUNG-Redakteur Christoph Franceschini die Akten auf illegale Art und Weise erhalten habe.

Eine schwerwiegende Unterstellung.

Christoph Franceschini erklärt dazu vorerst nur: „Ich habe mich keiner Straftat schuldig gemacht, und ich habe auch nicht vor, eine Straftat zu begehen.“

In jedem Fall stellt Anwalt Federico Fava der TAGESZEITUNG die Rute ins Fenster:

Sollte es die TAGESZEITUNG wagen, das offenbar hochbrisante Material zu veröffentlichen – auch nur auszugsweise – würden seine Mandanten sowohl strafrechtlich als auch beim Garanten für die Privacy dagegen vorgehen und auf Schadenersatz klagen.

Wörtlich und teils in Fettbuchstaben heißt es in der Pec-Mail des Achammer- und Amhof-Rechtsvertreters:

 con espresso avvertimento che, in caso contrario, i miei assistiti valuteranno ogni azione a tutela del loro onore e della loro reputazione, con richiesta di risarcimento di tutti i danni patrimoniali e non patrimoniali che ne dovessero conseguire.“

Stellt sich die Frage: Warum wollen die SVP-Politiker Philipp Achammer und Magdalena Amhof einem Medium einen Maulkorb verpassen? Dazu noch präventiv.

Was haben der Bildungs-Landesrat, die Arbeits-Landesrätin und der ehemalige SVP-Sekretär zu befürchten oder zu verbergen? Welche (politischen) Bomben schlummern in den „Romeo“-Akten?

Magdalena Amhof (Foto: lpa)

Weder Philipp Achammer, noch Magdalena Amhof stehen im Fall Benko/Hager unter Ermittlung. Daher ist es legitim zu bemerken: Was darf oder was soll die Südtiroler Öffentlichkeit nicht erfahren? Sind es vielleicht Dinge, die zwar strafrechtlich nicht relevant, aber politisch hochexplosiv sind? Was ist an dem (noch geheimen Material) so kompromittierend, dass bei Philipp Achammer & Co. jetzt plötzlich das große Zittern eingesetzt hat?

Die TAGESZEITUNG hat sowohl Landesrat und Ex-SVP-Chef Philipp Achammer als auch Landesrätin Magdalena Amhof um eine Stellungnahme gebeten und nachgefragt, warum sie diesen spektakulären Schritt gesetzt haben.

Philipp Achammer, der in Afrika weilte, reagierte auf die erste Anfrage der TAGESZEITUNG harsch und schmallippig: „Ich bin erst kommende Woche verfügbar, bin in Afrika.“

Kurz darauf schickte der Landesrat dann doch ein Zitat:

„Nachdem wir teilweise über Jahre zur Gänze abgehört worden sind, wollen wir unsere Privatsphäre schützen und einfordern, dass die geltenden Bestimmungen eingehalten werden – also dass Nicht-Prozessrelevantes nicht veröffentlicht wird. Das ist alles! Das ist unser Recht, und darauf bestehen wir auch.“

Landesrätin Magdalena Amhof erklärte auf Anfrage:

„Nachdem ich gehört habe, dass auch mein Name in den Akten vorkommt, wollte ich mich frühzeitig schützen, überzeugt davon, dass nichts davon prozessrelevant ist.“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

Kommentare (13)

Lesen Sie die Netiquette und die Nutzerbedingungen

Du musst dich EINLOGGEN um die Kommentare zu lesen.

2025 ® © Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH/Srl Impressum | Privacy Policy | Netiquette & Nutzerbedingungen | AGB | Privacy-Einstellungen

Nach oben scrollen