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„Eine Schnapsidee“


Ein neues Abzeichen für Regionalratsabgeordnete soll kommen – und sorgt schon jetzt für Kopfschütteln.

Von Matthias Kofler

Eine Adlerkette für Regionalratsabgeordnete? Was klingt wie eine schräge Idee aus einem politischen Karneval, ist tatsächlich ernst gemeint. Mehrere Trentiner Abgeordnete rund um Vanessa Masé haben einen entsprechenden Gesetzesentwurf eingebracht. Künftig sollen sich die Regionalratsabgeordneten bei offiziellen Anlässen eine Kette mit Adlersymbol um den Hals hängen dürfen – nach dem Vorbild der Bürgermeisterketten. Doch noch bevor der Entwurf überhaupt im Regionalrat behandelt wird, sorgt die Idee für Ärger. Der freie Landtagsabgeordnete Andreas Leiter Reber spricht von einer „Schnapsidee“, die völlig an den Problemen der Menschen vorbeigehe.

„Ich bin der Erste, der die Eigenständigkeit und Besonderheit unseres Landes hervorhebt. Aber für die Autonomie muss man politisch konsequent und glaubwürdig einstehen“, stellt Leiter Reber klar. „Angesichts dessen, dass von der Vollautonomie ohnehin nichts mehr zu hören ist und die überfällige Wiederherstellung auch kein Quantensprung wird – wäre eine Adlerkette reine Symbolpolitik und alles andere als ehrlich.“

Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass Abgeordnete, die als institutionelle Vertreter an öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen, ein eigenes Abzeichen tragen dürfen, um ihre Anwesenheit in Ausübung ihres Mandats kenntlich zu machen. Wie die Adlerkette konkret aussehen soll, soll die Regionalregierung rund um die Landeshauptleute Arno Kompatscher und Maurizio Fugatti festlegen.

Die Idee stößt bei Leiter Reber auf Unverständnis – und Sarkasmus. „Die Energie und Kreativität brauchen die Landeshauptleute hoffentlich für wichtigere Dinge. Und auf die Vorlieben ihrer Partner von Fratelli d’Italia, was Symbole und Farben angeht, kann ich verzichten“, stichelt der Abgeordnete.

Er erinnert daran, wie Fugatti regelmäßig ins Schwärmen gerät, wenn die italienische Flugstaffel Frecce Tricolori den Himmel über Trient in die Farben der Tricolore taucht: „Mit einer Adlerkette um den Hals würde dieses Spektakel jeden echten Autonomisten noch peinlicher berühren.“

Leiter Reber kritisiert, dass der Regionalrat genügend echte Baustellen hätte – die Stärkung der Gemeinden, eine Reform des Gemeindewahlgesetzes, die Sicherung der Vollautonomie – anstatt Geld und Energie für Symbolpolitik zu verschwenden. „Der Regionalrat hätte viele konkrete Probleme anzugehen, statt sich mit der Frage zu beschäftigen, welches Metall für die Adlerkette verwendet wird.“

Dass der Vorschlag aus den Reihen der Regierungskoalition stammt und unter anderem auch vom Trientner Landesrat Gottardi unterzeichnet wurde, lässt laut Leiter Reber darauf schließen, dass die Mehrheit den Entwurf durchwinken könnte.

Sollte die Adlerkette tatsächlich kommen, droht sie, zu einem Symbol der politischen Selbstinszenierung zu werden – und weniger der Autonomie. „Wenn wir die Eigenständigkeit Südtirols nur noch mit Ketten um den Hals ausdrücken können, dann sind wir auf dem Holzweg“, sagt Leiter Reber. Ein echtes Autonomiebekenntnis sieht jedenfalls anders aus.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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