„Entgegengesetzter Trend“
Die Politik überlegt, den Josefitag wieder als Feiertag einzuführen. WIFO-Direktor Georg Lun hegt jedoch wirtschaftliche Bedenken. Er macht auf die europaweite Tendenz aufmerksam, zusehends Feiertage abzuschaffen.
von Christian Frank
Bald prangt wieder der Josefitag im Kalender, und diesem Anlass geschuldet brandete eine Beanstandung auf, welche nun bereits allzu oft bei Bekundungen belassen wurde. Der Gedenktag an den Heiligen Josef sollte laut Landtagsantrag der Süd-Tiroler Freiheit wieder als amtlicher Feiertag eingeführt werden, nachdem dieser 1977 vom italienischen Staat mit weiteren Feiertagen zum Wohle der Wirtschaftlichkeit abgeschafft wurde. Landeshauptmann Arno Kompatscher drückte sein Ja zum Josefitag aus, jedoch ein Nein zum Antrag. Er gab die wirtschaftlichen Konsequenzen zu bedenken und erinnerte an bereits stattgefundene Gespräche mit den Sozialpartnern, welche auf Mehrkosten, Feiertagsdienste, Überstundentarife und dergleichen hingewiesen hätten. Die Wirtschaft sei schlichtweg dagegen.
Die Antragstellerin der Süd-Tiroler Freiheit, Myriam Atz, zeigte sich bereit, den Antrag auszusetzen, um in einem gemeinsamen Akt eine neue Formulierung zu finden.
Die Frage stellt sich nun, welche Auswirkungen ein weiterer Feiertag tatsächlich auf die Südtiroler Wirtschaft hätte.
„Grundsätzlich bedeutet natürlich jeder Arbeitstag weniger einen Tag geringerer Wertschöpfung. Die Produktion fällt geringer aus, und es wird somit wirtschaftlich negativ gewertet. Es gibt aber auch wirtschaftliche Branchen, welche von so einem Feiertag profitieren, wie das Gastgewerbe, der Tourismus, die Freizeitwirtschaft. Deswegen birgt ein solcher Tag gewiss auch positive Aspekte“, analysiert der Direktor des Institutes für Wirtschaftsforschung in Südtirol, Georg Lun.
Er fürchtet jedoch, dass eine solch lokale Lösung Nachteile im Verhältnis zu den anderen Regionen mit sich bringt.
„Wenn Südtirol das allein umsetzt und andere Regionen nicht, dann begründet das eine eigene Situation, welche lokal einen ökonomischen Nachteil im Verhältnis zu den anderen darstellt“, so Lun.
Im großen Ganzen sieht er im Bestreben, einen neuen Feiertag einzuführen, ein Verhalten, das gänzlich konträr zur europaweiten Tendenz ist.
„Wenn man den Trend in Europa betrachtet, geht dieser in die komplett gegenteilige Richtung. Dänemark hat erst kürzlich Feiertage abgeschafft mit dem Argument, dass sie die Renten finanzieren müssen und die Verteidigungsausgaben. Dementsprechend sollte also mehr gearbeitet werden. Wir hadern mit Abwanderung, demografischem Wandel – es stehen Überlegungen im Raum, Personen auch nach der Pensionierung Anreize zu verschaffen, weiterzuarbeiten. Es geht also definitiv nicht in die Richtung, mehr Feiertage“, konkludiert Lun.
Er kann sich demnach keine große Begeisterung aus dem Wirtschaftssektor vorstellen und sieht die ökonomische Lage dem Vorhaben nicht wohlgesonnen. Die Beweggründe, welche Dänemark zur Abschaffung mehrerer Feiertage bewogen haben, haben in Anbetracht drohender Altersarmut und der jüngsten EU-Aufrüstungsbekenntnisse ebenso hierzulande Relevanz.
„Unabhängig von den Unternehmen steht auch eine gesellschaftliche Überlegung im Raum. Es steht ein Tag weniger zur Verfügung, um Wohlstand zu erzeugen“, resümiert der Wirtschaftsexperte.
Lun sieht die Alternative in der Handhabe der Tiroler.
„In Tirol ist der Josefitag kein gesetzlich festgelegter Feiertag. Die Schulen haben zwar geschlossen, doch ansonsten wird zum Großteil normal gearbeitet. Eine solche Gangart wäre wirtschaftlich wesentlich weniger interferierend.“
Kommentare (1)
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