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„Die Zahl ist hoch“

 

Mangelnde Inspektoren und zahlreiche Arbeitsunfälle: Nach einem weiteren Arbeitsunfall in Bozen beklagt die Gewerkschaft UIL-SGK fehlende Vorkehrungen. Wie Arbeitslandesrätin Magdalena Amhof dagegensteuern will. 

von Christian Frank

Erneut kam es in Südtirol, genauer gesagt in der Landeshauptstadt Bozen, zu einem Arbeitsunfall – eine weitere Zahl in einer Statistik, die Südtirol ein Armutszeugnis ausstellt. Laut der Beobachtungsstelle Vega verzeichnete Südtirol mit zwölf tödlichen Arbeitsunfällen im Jahr 2024 den Höchstwert unter den Provinzen. Auch bei den Arbeitsunfällen ohne tödlichen Ausgang rangiert Südtirol auf Platz 23 von 110. Besonders die Gewerkschaft UIL-SGK setzt die Notwendigkeit einer Verbesserung der Arbeitssicherheit immer wieder in den Fokus. Der jüngste Unfall in Bozen gießt zusätzlich Öl ins Feuer.  

„Mit großem Bedauern berichten wir über einen weiteren Arbeitsunfall im Bausektor – diesmal auf der Baustelle in der Nähe des Krankenhauses von Bozen. Die betroffene Person ist ein Mitglied unserer Gewerkschaft. Dieser Vorfall macht erneut deutlich, wie dringend auf allen Ebenen Maßnahmen zur Prävention von Arbeitsunfällen notwendig sind“, konstatiert Gewerkschafter Marco Pugliese.  

Erst kürzlich kritisierte die Gewerkschaft die mangelnde Einhaltung bestehender Arbeitsschutzvorschriften sowie den eklatanten Mangel an Kontrollpersonal.  
„Die Regeln werden nicht respektiert. Es ist die Verantwortung des Arbeitgebers, für Sicherheit am Arbeitsplatz zu sorgen, Risiken zu beseitigen und den Arbeitnehmern ein Arbeitsumfeld zu ermöglichen, in dem sie nicht um ihr Leben fürchten müssen“, so SGK-Gewerkschafter für Sicherheitsbelange Francesco Mangioi.  

Die Gewerkschafter beklagen zudem eine fehlende Sicherheitskultur, die bereits in der Ausbildung beginnen und sich durch alle Instanzen des Berufsalltags ziehen müsste. Strengere Protokolle und häufigere Kontrollen seien insbesondere im Bausektor notwendig, der laut Gewerkschaftsdaten zusammen mit der Landwirtschaft den gefährlichsten Sektor in Südtirol darstellt.  
„Es muss verhindert werden, dass sich solche Unfälle wiederholen, und die Zukunft derjenigen geschützt werden, die täglich unter oft schwierigen Bedingungen arbeiten“, fordert Pugliese.  
Auch Arbeitslandesrätin Magdalena Amhof ist sich der kritischen Lage bewusst: „Wir haben immer wieder Arbeitsunfälle, darunter auch schwerwiegende. Diese Zwischenfälle dürften nicht passieren, doch die Zahl in Südtirol ist hoch – unter anderem auch, weil wir viele Einzelunternehmen haben, besonders in der Landwirtschaft.“  

Amhof verweist dabei auf die besondere Beschaffenheit des Südtiroler Landwirtschaftssektors, der stark durch die Landschaft und die Zusammensetzung der Arbeitskräfte geprägt ist.  
„In der Landwirtschaft haben wir oft ältere Mitarbeiter, sprich Altbauern, die beispielsweise allein in den Wald gehen, um Arbeiten zu verrichten. Hier liegt es nicht unbedingt an der Missachtung von Vorschriften, sondern oft am schwierigen Gelände. Zudem kommt es immer wieder vor, dass Einzelunternehmer allein unterwegs sind und komplexe Aufgaben erledigen. Da ist das Risiko eines Unfalls höher als in einem mehrköpfigen Team“, merkt die Landesrätin an.  

Auch den Mangel an Kontrollpersonal gesteht Amhof ein, denn Inspektoren sind in Südtirol Mangelware.  
„Im Verhältnis zu den Einwohnern und Betrieben haben wir nicht ausreichend Kontrolleure, wie sie andere Provinzen vorzeigen können“, so Amhof.  

Die Diskrepanz lässt sich bereits mit einem Blick auf die Nachbarprovinz Trient erkennen. Dort gibt es laut Amhof zwischen fünf und zehn Inspektoren mehr als in Südtirol.  
„Trient hat einen deutlich größeren Bestand an Inspektoren. Zurzeit gibt es bei uns zwischen 30 und 35 Landesinspektoren“, erklärt Amhof.  

Der Mangel an Inspektoren soll durch verstärkte Präventionsmaßnahmen ausgeglichen werden – eine Forderung, die auch von den Gewerkschaften immer wieder laut wird.  
„Wir sind sehr bemüht, in die Prävention zu investieren. Wir haben bereits Projekte an den Schulen gestartet und analysieren nun weiteres Optimierungspotenzial – also, wo man am besten ansetzen kann und wie man die Botschaft am wirksamsten vermittelt“, so Amhof.  

Zusätzlich will die Landesrätin die Vernetzung der verschiedenen Kontrollinstanzen vorantreiben: „Das Ziel für die nahe Zukunft ist es, die verschiedenen Verantwortlichen auf den unterschiedlichen Ebenen besser zu vernetzen. Dazu gehören die Arbeitsinspektoren des Landes ebenso wie die Kontrolleure aus dem Gesundheitsbereich, die Finanzwache und die Carabinieri“, schildert Amhof.  

Eine berüchtigte staatliche Maßnahme zur Arbeitssicherheit sollte bekanntermaßen der Punkteführerschein sein. Doch hierbei lässt der Effekt vermutlich noch auf sich warten.
„Mit dem Punkteführerschein gab es große Schwierigkeiten. Der Staat hat ihn zwar eingeführt, aber lange Zeit fehlten die Durchführungsbestimmungen. Das führte zu erheblichen Unklarheiten“, resümiert die Landesrätin.

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