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„Der Wald gehört den Bürgern“  

Mit einer Kundgebung will die Initiative Wald in Zusammenarbeit mit zahlreichen Vereinen gegen die Umsetzung der Speicherbecken mobilisieren. Sie werfen der Gemeinde Kaltern Intransparenz und Bevormundung vor.  

von Christian Frank  

Wer letzthin durch die Straßen und Gassen Kalterns flanierte, wird vermutlich auf eines der Plakate aufmerksam geworden sein, welche zahlreich die Wände der Marktgemeinde zieren.
„Kundgebung. Gemeinsam für den Erhalt unseres Waldes“, proklamiert eine Schrift im Blätternest eines Baumes mit Sonnenbrille. Wer von Ort ist, muss gar nicht weiterlesen, um zu wissen, um welches heiße Eisen es geht.

Die geplanten Speicherbecken im Altenburger Wald rücken nicht bloß angesichts der bevorstehenden Gemeindewahlen zusehends in das Zentrum politischer Aufmerksamkeit, sondern auch in das der Bevölkerung.

„Wir sehen keinen Fortschritt. Der Wald gehört der Eigenverwaltung bürgerlicher Nutzungsrechte, also der gesamten Bevölkerung. Dieser Wald gehört nicht der Gemeinde oder einem Privaten. Dennoch hat der Gemeindeausschuss, ohne die Bevölkerung vorher einzubeziehen, die Planung zugelassen, um so die Änderungen des Gemeindeplanes einzuleiten“, erläutert Anna Maria Ramoser. Sie ist Vorstand der Initiative Unser Wald und Vizeobfrau des Vereins für Kultur- und Heimatpflege.
Als intransparent und anachronistisch beschreibt Ramoser das Vorhaben, welches seit Anbeginn Kritik auf sich zog.

„Bereits vor zehn Jahren wurde die Planung von sechs Speicherbecken in Auftrag gegeben. Das war eine Idee des Bodenverbesserungskonsortiums zweiten Grades – vier in Kaltern und zwei in Tramin. Drei große oberirdische und drei kleinere unterirdische. Doch das Projekt ist technisch überholt. Es handelt sich um offene Becken, die viele Probleme mit sich bringen, von der Verschmutzung bis zur kostspieligen Instandhaltung“, so Ramoser.

Doch seit das Bodenverbesserungskonsortium das Projekt aus der Schublade hervorzog und ihm eine Renaissance verschaffte, will es keinen Kompromiss eingehen, merkt die Vorsitzende der Initiative Wald an, wenngleich es Alternativen gäbe: „Es gibt viel bessere Optionen für nachhaltiges Wassermanagement. Der Wald ist der beste Wasserspeicher, den wir haben, und er produziert auch Wasser. Speicherbecken sind nach längerer Trockenzeit leer und produzieren natürlich nichts.“
Einwände prallen aber ab – so wie die beiden kürzlich von der Dorfliste eingebrachten Beschlussanträge im Gemeinderat, die die vom Gemeindeausschuss gefassten Beschlüsse rückgängig machen sollten.

Die Kritiker beklagen die Versiegelung von rund 15 Hektar Waldfläche, darunter einzigartige Buchenwälder, und 36 Millionen Euro an Steuergeldern, deren Zweck hauptsächlich privaten Interessen zugutekommen soll.
„Wir wollen zu einem Umdenken veranlassen. Wir können nicht beim Bedarf von Grund auf den Wald zurückgreifen, doch unsere Kritik verhallt. Wir müssen bis 2040 die Versiegelung auf null bringen und wollen hier das komplette Gegenteil verhindern“, so Ramoser. Sie sieht in der Planung eine kaum gegebene Wertschätzung des Waldes: „Der Grundverbrauch ist besorgniserregend. Allein die Staudämme sind extrem breit und nicht auf Platzersparnis ausgerichtet. Zudem sind bei den ungefähr 15 Hektar nicht die Hubschrauberlandeplätze für die Feuerwehr mit eingerechnet. Das ist abstrus.“
Ein Paradigmenwechsel mit Kraft des Volkes – das ist das Ziel der Kundgebung, deren Erfolgsaussichten Ramoser optimistisch beurteilt: „Die Sensibilität der Leute ist gestiegen. In der Vergangenheit war die Empörung nicht so ausgeprägt. Aber als beispielsweise die Erweiterung des Fußballplatzes geschah und zahlreiche Bäume für die Tribünen gerodet wurden, empörte das trotzdem viele Leute.“

Für die Organisatoren der Kundgebung, die diesen Samstag stattfindet, steht fest, dass jetzt die Stunde schlägt, sich zu erheben: „Wir müssen an unsere Kinder denken. Ich will nicht für solch eine Zerstörung mitverantwortlich sein. Wenn man jetzt schweigt, wird das Projekt durchgezogen. Dieser Wald hat sich in Tausenden von Jahren gebildet. Wir können nicht zulassen, dass hier ein Bagger alles dem Erdboden gleichmacht. Wir haben beinahe keinen Buchenwald mehr in Südtirol – vor allem nicht einen solch ebenen.“

Auf politischer Ebene hegt Ramoser Hoffnung, nach den Gemeindewahlen politische Stimmen vorzufinden, welche die Initiative unterstützen – wie die Dorfliste oder kürzlich auch Werner Atz.
Die amtierende Mehrheitspartei SVP dürfte hierbei weniger optimistisch stimmen, so Ramoser: „Wir wissen, dass Leute Kandidaturen bekanntgegeben haben, welche sich in Verbindung mit dem Projekt befinden.“

Damit bezieht sie sich beispielsweise auf die SVP-Kandidatin Alexandra Mayr, welche als selbstständige Agronomin eng mit dem zuständigen Planer der Speicherbecken, Romani Comunello, zusammenarbeitet.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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