Nach dem (Gold-)Rausch
Die gewaltigen Ausmaße des Betrugs mit vermeintlichen Gold-Investitionen der Firma Global Group Consulting zeigen sich insbesondere in Südtirol. 70 Geschädigte nahmen in Bozen an einem Treffen mit Anwälten teil, einer von ihnen hat 160.000 Euro verloren.
von Thomas Vikoler
Es ist eine Veranstaltung, auf deren Teilnahme die meisten Anwesenden verzichtet hätten. Im getäfelten St. Josefs-Saal des Bozner Kolpinghauses sind an die 70 Personen anwesend, sie hören den Ausführungen der beiden Anwälte Federico Fava und Miki Eritale sowie von Vertretern des Europäischen Verbraucherschutzzentrum Bozen zu. Sie haben über eine WhatsApp-Gruppe mit rund hundert Teilnehmern Geschädigte eines beinahe unglaublichen Betrugs mit Investitionen in Gold versammelt.
„Wir wollten die Betroffenen erstmal kennenlernen. Die einzige Möglichkeit, Geld zurückzuerhalten ist eine singuläre Strafanzeige, eine Sammelklage ist im Strafrecht nicht vorgesehen und auch zivilrechtlich ist jeder Fall anders“, sagt Anwalt Eritale.
Es sind alles (ehemalige) Kunden der Firma Global Group Consulting, einer u.a. in Trient und Pergine ansässigen Dienstleistungsfirma, deren Spitze Mitte Jänner aufgrund von Haftbefehlen des Landesgerichts Mailand festgenommen wurde. Fünf Personen kamen in Haft oder in den Hausarrest, ein Tatverdächtiger, der 40-jährige Mailänder Samuel Gatto, der wiederholt auch in Südtirol aufgetreten ist, flüchtete mit seiner Familie ins Ausland und ist seitdem unauffindbar.
Der Vorwurf lautet auf Bildung einer kriminellen Vereinigung zum Zwecke des Betrugs. Dessen Ausmaß ist nach Angaben der Finanzwache gewaltig. Von 2019 bis 2025 hat ein Firmen-Konglomerat um die Global Group Consulting von – ebenso gierigen wie blauäugigen – Investoren über ein Pyramidensystem 89 Millionen Euro eingesammelt. 23 Millionen davon sind vorbeugend beschlagnahmt worden, darunter Goldbarren im Wert von 800.000 Euro.
Die Masche: Das Versprechen einer vierprozentigen Rendite auf das investierte Geld, das in Gold bzw. Pharmafirmen in Asien investiert werden sollte. Vier Prozent nicht etwa im Jahr, sondern im Monat, was einer Jahresrendite von 48 Prozent entspricht.
Von dieser ließ sich auch eine Frau aus dem Eisacktal verlocken. Sie zahlte nach der Teilnahme an einem Gala-Event in einem Südtiroler Hotel Anfang vergangenen Jahres insgesamt 50.000 Euro an die Abgesandten des Trienter Unternehmens. In den ersten drei Monaten wurden der Frau tatsächlich die versprochenen vier Prozent Rendite ausbezahlt, dann versiegte die wundersame Quelle. Und das eingezahlte Geld.
Die unglückliche Investorin hat inzwischen über den Anwalt Christian Untermarzoner bei der Staatsanwaltschaft Mailand Strafanzeige wegen Betrugs und unerlaubter Finanztätigkeit eingebracht. Es bestünden Aussichten, zumindest einen Teil der eingezahlten Gelder zurückzuerhalten, sagt Untermarzoner.
Unter den 70 Teilnehmer des Treffens im Bozner Kolpinghauses befindet sich auch ein Mann aus dem Unterland, der sagt, einen der größten Fehler seines Lebens begangen zu haben. Er investierte nicht weniger als 160.000 Euro in das Trienter Pyramidensystem. Auch er wurde zunächst von einer monatlichen Rendite, die in seinem Fall stattliche 6.000 Euro betrug, geblendet. Was den Investor nicht minder ärgert, ist, dass er Personen aus seinem familiären Umfeld zu Geldgaben überredet hat. Denn das Pyramidensystem arbeitete mit Prämien für jene, die weitere Investoren gewinnen konnten. Etwa ein IPhone zum halben Preis.
Der Mann war, wie mindestens 5.000 andere Personen in ganz Oberitalien, einem regelrechten Goldrausch verfallen. Das Treffen im Kolpinghaus entspricht stimmungsmäßig einem Aufwachen aus diesem.
Kurioserweise hatte die Ermittlung der Staatsanwaltschaft Mailand in Südtirol ihren Ausgang genommen. Zwei Mailänderinnen, Mutter und Tochter, hatten im April 2024 an einem der Gala-Events von Global Consulting in einem hiesigen Touristenort teilgenommen. Sie investierten in Gold, merkten aber, dass etwas faul daran war. Obwohl sie ihr Geld zurückerhielten, erstatteten sie in Mailand Strafanzeige. Das Strafverfahren nahm seinen Lauf und bald zeigten sich die gewaltigen Ausmaße des Betrugs.
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