Gut, aber einsprachig
Nach dem Fall der zwei Ärztinnen, die gefälschte Sprachnachweise vorgelegt haben und entlassen wurden, fordert der PD-Gesundheitssprecher eine Aufweichung des Proporzes.
von Artur Oberhofer
Es war der Sprecher der Arbeitsgruppe Gesundheit im PD, Elio Dell’Antonio, der Alarm schlug. Nachdem der Sanitätsbetrieb zwei Fachärztinnen für Anästhesie, die gefälsche Zweisprachigkeitsnachweise vorgelegt hatten, entlassen hat, habe man einen OP-Saal im Krankenhaus Bozen schließen müsse.
„Stimmt nicht“, hält der Medienbeauftragte des Sanitätsbetriebes Südtirol, Lukas Raffl, auf Anfrage der TAGESZEITUNG dagegen. Kein OP-Saal habe deswegen geschlossen werden müssen.
Der PD-Exponent und Ex-Primar Elio Dell’Antonio will zwar den Fall der beiden Ärztinnen, die gefälschte Sprachnachweise vorgelegt hatten, nicht beschönigen, geschweige denn rechtfertigen.
Dennoch plädiert der PD-Mann für eine Aufweichung des Proporzes. Dell’Antonio erklärt wörtlich:
„Vor der Sprache – weil es im Land nicht genügend zweisprachige Ärzte gibt –muss das System das Recht aller auf Gesundheit garantieren. Die Gesundheit kommt vor dem ethnischen Proporz und auch vor der Zweisprachigkeit. Es steht außer Frage, dass wir zweisprachige Ärzte beschäftigen müssen. Aber solang es solche nicht ausreichend gibt, solange viele Südtiroler Ärzte nicht nach Südtirol zurückkehren, müssen wir denen, die noch nicht zweisprachig sind, goldene Brücken bauen, sie willkommen heißen, sie wertschätzen, ihnen Berufs- und Lebenschancen garantieren und sie ermutigen, die zweite Sprache zu lernen. Mit einem Wort, wir müssen sie in ihrer Entscheidung bestärken, nach Südtirol zu ziehen.“
Solange der Sanitätsbetrieb nicht in der Lage sei, gute zweisprachige Ärzte einzustellen, würden die Patienten einen guten einsprachigen Arzt jedem Sprachlehrer vorziehen, so Dell’Antonio.
Wie sieht es im Südtiroler Sanitätsbetrieb tatsächlich mit der Zweisprachigkeit aus?
Sabes-Sprecher Lukas Raffl lieferte gestern konkrete Zahlen. Demnach arbeiten derzeit rund 10.500 Mitarbeitende im Südtiroler Sanitätsbetrieb, 450 Angestellte verfügen aktuell über keinen bzw. keinen ausreichenden Zweisprachigkeitsnachweis. „Das sind weniger als 4 Prozent“, rechnet Raffl vor.
Lukas Raffl räumt eine, dass es für den Sanitätsbetriebe effektiv „eine große Herausforderung“ sei, zweisprachige Ärzte und auch Pflegekräfte zu finden. „Ganz Europa leidet am Fachkräftemangel, die Arbeitsmarktsituation hier in Südtirol verhält sich da nicht anders“, so Raffl.
Der Gebrauch der Muttersprache sei grundlegend für ein patientengerechtes Umfeld. Die Qualität der Betreuung hänge eng mit der Möglichkeit zusammen, sich in der eigenen Muttersprache auszudrücken. „Es geht hier nicht nur um das Einhalten einer gesetzlichen Vorgabe“, so Raffl. Der Sanitätsbetrieb setze schon länger alles daran, dass die Mitarbeitenden beide Landessprachen beherrschen und biete eine breite Palette an Schulungen und Kursen an.
So gebe es, zum Beispiel, die Möglichkeit, bereits vor Dienstantritt einen Monat lang einen Intensivkurs auf A1-Niveau zu absolvieren, oder arbeitsbegleitende Kurse auf allen Sprachniveaus, in Zusammenarbeit mit etablierten Sprachschulen, bis hin zu Sprachaufenthalten im Ausland oder anderen Regionen Italiens, weiters auch interne Sprachvolontariate und Sprachberater.
„Diese Angebote”, weiß Lukas Raffl, „werden gut und vermehrt angenommen, und es setzt sich doch auch die Überzeugung durch, dass die Zweisprachigkeit ein Mehrwert ist und nicht nur eine Bürde.“
Die Integration sei dann noch einmal ein anderes Thema, und es stimme natürlich, dass, nur weil jemand eine Sprache spricht, daraus nicht automatisch die Integration in eine gesellschaftliche Realität folge. Aber die Sprachkenntnisse seien eben eine wichtige Voraussetzung.
Das vom Sanitätsbetrieb organisierte Sprachangebot umfasste im vergangenen Jahr rund 450 Plätze. „Seit Oktober 2024 sind wir auch als Sprachprüfungszentrum zertifiziert und bieten erstmals zusammen mit einem externen Sprachinstitut Zweisprachigkeitsprüfungen für B2-Niveau an, die hinsichtlich des Wortschatzes eng an die klinische Praxis angelehnt sind“, fasst Lukas Raffl zusammen.
Sprich: der Sanitätsbetriebe nehme das Problem ernst – und arbeite an Lösungen.
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