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Codewort 0001266


Der Regionalrat weigert sich, die Namen jener 29 Südtiroler Abgeordneten herauszugeben, die sich still und leise die Rente verdoppelt haben – weil das die Öffentlichkeit nichts angehe.

von Matthias Kofler

Maria Elisabeth Rieder staunte nicht schlecht, als sie die Antwort auf ihre Anfrage in den Händen hielt: Statt den angeforderten Namen findet sich dort nur eine Seite voller Zahlenkolonnen, die von 0001189 bis 0001266 reichen. Die Team-K-Politikerin wollte Transparenz schaffen und in Erfahrung bringen, welche KollegInnen sich für das neue, vorteilhaftere Pensionssystem entschieden haben und welche lieber beim alten Modell geblieben sind.

Der Regionalrat hatte im November in einer Nacht- und Nebelaktion ein neues Renten-Gesetz verabschiedet. Damit wird die Rente der Volksvertreter verdoppelt – ein Privileg, das Mindestrentnern verwehrt bleibt, denen der Staat lediglich eine Erhöhung von bescheidenen drei Euro gewährt. Die Mandatare hatten bis zum 20. Januar Zeit, dem Regionalrat schriftlich mitzuteilen, ob sie auf das neue Leibrenten-System umsteigen oder beim bisherigen Modell bleiben wollen. Doch welches System ist tatsächlich besser und gerechter? Darüber scheiden sich die Geister. Fakt ist: Das neue Gesetz bringt erhebliche Vorteile für jene, die umsteigen. Sie müssen ihre Rentenbeiträge nicht mehr mit dem Spitzensteuersatz von 43 Prozent versteuern, wodurch ihr monatliches Salär um über 300 Euro netto steigt. Auch die Pension profitiert: Nach fünf Jahren im Landtag steigt sie von einigen Hundert Euro auf 805 Euro netto, nach zehn Jahren gar auf 1.530 Euro netto.

Das alte Modell hat jedoch ebenfalls seine Vorzüge. Hier fließen die monatlichen Beiträge – insgesamt über 3.000 Euro – weiterhin in einen privaten Rentenfonds. Diese Gelder können flexibel genutzt werden, etwa für den Kauf einer Wohnung oder in Notlagen wie Arbeitslosigkeit. Nach Ende der Mandatszeit entfällt die Besteuerung vollständig. Ein Abgeordneter, der zwei Legislaturen absolviert, könnte so rund 300.000 Euro ansparen – genug für eine kleine Wohnung als zusätzliche Einkommensquelle.

Rieder betont, dass sie ihre Anfrage „präventiv” gestellt habe, um etwaige Widersprüche aufzudecken. Mehrheitsvertreter wie Claudio Cia hätten ihr vorgeworfen, sich zwar öffentlich gegen das neue Rentensystem auszusprechen, es möglicherweise aber selbst in Anspruch zu nehmen. Regionalratspräsident Roberto Paccher (Lega) stellt klar, dass die Namen der betroffenen Abgeordneten nicht preisgegeben werden. Die Kosten für die öffentliche Hand belaufen sich aktuell auf 1.066.750 Euro, verteilt auf 361.550 Euro im Jahr 2023 und 705.200 Euro im Jahr 2024. Doch wer das neue Modell gewählt hat, bleibt ein Geheimnis. Statt Namen gibt es lediglich Matrikelnummern.

Aus der Antwort geht nicht hervor, welche Abgeordneten welches System gewählt haben. Nur so viel: 63 der 70 Mandatare im Regionalrat – darunter 29 aus Südtirol – sind aufs neue System umgestiegen. Das Rechtsamt teilt der Team-K-Politikerin mit, dass die in der Geschäftsordnung geregelte Kontrolltätigkeit der Abgeordneten sich in diesem Fall auf die Tätigkeiten der Verwaltung beschränke. Die Abgeordneten hätten einen Zettel ausgefüllt, wo sie angeben, welches System sie nutzen wollen. Das sei aber eine „Privatangelegenheit der Abgeordneten“. Würde der Regionalrat die Namen veröffentlichen, würde er die Privacy der Volksvertreter verletzen und könnte daher strafrechtlich belangt werden. In anderen Worten: Es gehe die Öffentlichkeit nichts an, wo sich die Politiker eingeschrieben haben.

Für Rieder ist diese Argumentation nachvollziehbar, wenngleich sie hinzufügt: „Bei anderen Fragen wird die Privacy sonst nicht so großgeschrieben.“ Dadurch, dass die Informationen unter Verschluss bleiben, entsteht der Eindruck, dass das neue System doch nicht so einwandfrei ist, wie von den Verantwortungsträgern bekundet. Freilich wäre es auch im Interesse derjenigen, die behaupten, beim alten System geblieben zu sein, wenn das schwarz auf weiß steht. Den Bürgern bleibt nichts anderes übrig, als ihnen zu vertrauen. Öffentlich haben sechs Südtiroler Abgeordnete erklärt, nicht die Verdopplung in Anspruch genommen zu haben: Maria Elisabeth Rieder, Paul Köllensperger, Alex und Franz Ploner (alle Team K), Andreas Leiter Reber (Freie Fraktion) und Marco Galateo (Fratelli d’Italia). Der siebte im Bunde ist der Trentiner PD-Vertreter Paolo Zanella.

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