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Die Geschlechter-Prämie

Weil die Gemeinde Bozen in einer Ausschreibung für die Mensa-Bons für ihr Personal das Kriterium der Geschlechtergerechtigkeit bei den Anbietern falsch angewandt hat, wird sie nun gerichtlich aufgehoben.

von Thomas Vikoler

Der Wettbewerb ging außerordentlich knapp aus, wegen eines Vorsprungs von gerade 0,8 Punkten sicherte sich die Mailänder Firma 360 Welfare Srl im August vergangenen Jahres einen lukrativen Auftrag der Gemeinde Bozen. Um knapp fünf Millionen Euro sollte sie für drei Jahre (verlängerbar um weitere drei) die elektronische Abwicklung der Mensa-Bons für die rund tausend Angestellten der Stadtverwaltung besorgen.

360 Welfare kam in der Endabrechnung auf 96,25 Punkte, die Mitbieterin Edenred Italia Srl auf 96,17 und erhielt den Zuschlag.

Ein Zuschlag, der nun nachträglich vom Verwaltungsgericht aufgehoben wurde, weil ein Bewertungskriterium nicht den Gesetzen entsprach. Nicht nur das: Die Gemeinde Bozen und die Wettbewerbssiegerin wurden zur Zahlung von jeweils 5.000 Euro Prozesspesen an die Rekursstellerin Edenred Italia GmbH verurteilt.

Diese hatte in ihrer Klage gegen das Wettbewerbsergebnis mehrere Gründe vorgebracht:  Einer von ihnen stach und hat es in sich. Die Gemeinde hatte in ihrer Ausschreibung nämlich das Kriterium der Geschlechtergerechtigkeit in den Betrieben eingefügt und dafür, quasi als Prämie, stattliche zwei Punkte vorgesehen.

Wie sich herausstellte, war das für den Zuschlag entscheidende Kriterium, die Firma 360 Welfare gewann angesichts des knappen Ergebnisses deswegen die Ausschreibung. Sie hatte eine entsprechende Zertifizierung durch eine Firma vorgelegt, Edenred Italia, die Zweitplatzierte, dagegen nicht.

Das Verwaltungsgericht erinnert in seiner Urteilsbegründung daran, dass die entsprechenden Gesetze auf EU- und staatlicher Ebene nicht darauf ausgelegt seien, Firmen, die sich um Geschlechtergerechtigkeit in Betrieben bemühen, bei einzelnen Ausschreibungen einen Punktevorteil zu verschaffen. Diese Prämie sei allein zulässig, wenn sie die gesamte Tätigkeit eines teilnehmenden Unternehmens umfasse, etwa die Wiedereingliederung von Frauen in die Arbeitswelt. Im konkreten Fall betraf die Zertifizierung der Geschlechtergerechtigkeit allein ein Sub-Unternehmen. Wennschon, so das Verwaltungsgericht, müsste der Zuschlagsempfänger den Nachweis erbringen und die Leistung ohne Untervergaben durchführen.

In Italien gelten seit 2022 neue Regeln, welche die Zertifizierung von Maßnahmen für die Geschlechtergerechtigkeit in Betrieben vorsehen, durchaus mit Auswirkungen auf das Vergaberecht.

Doch offenbar hat es sich die zuständige Wettbewerbskommission bei dem Zuschlag für die Mensa-Abwicklung etwas zu einfach gemacht. Nun muss die Verwaltung entscheiden, ob sie das Urteil akzeptiert (und den Wettbewerb neu ausschreibt) oder vor den Staatsrat zieht. Eine Aussetzung des Zuschlags an 360 Welfare gab es nicht“.

 

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