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„Ärger und Unverständnis“

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Die für Gastwirte vorgesehene Herkunftsangabe verschiedener Lebensmittelprodukte sorgt in der Branche für Unmut. Der hgvlamentiert zusätzliche Bürokratie und unfaire Verhältnisse.

von Christian Frank

Der Gesetzesentwurf zur verpflichtenden Herkunftsangabe von Fleisch, Milchprodukten und Eiern wurde kürzlich vom Gesetzgebungsausschuss des Landtags angenommen und stieß damit auf das Missfallen der Gastronomen.
Das hehre Ziel hinter dem Gesetz ist es, die Regionalität der Produkte zu begünstigen, doch der HGV sieht darin lediglich ein weiteres Bürokratiemonster.
„Diese Gesetzesvorlage bringt mehr Unverständnis und Ärger über die Bürokratie mit sich, als dass sie die Regionalität stärkt. Dem Ziel, das Angebot regionaler Produkte noch mehr zu begünstigen, pflichten wir bei. Die Art und Weise, dies über ein Gesetz zu bewerkstelligen, sehen wir jedoch kritisch“, so die Ernährungswissenschaftlerin und Leiterin des Gusteliers im HGV Bozen.

Die Angaben zu machen gestaltet sich für die Gastronomen oft als Herausforderung und unerwünschter Mehraufwand, weiß Schmid: „Der Gastronom muss auf seiner Speisekarte im Gastbetrieb – nicht bloß in den Mensen, sondern auch in den Gasthäusern und Restaurants – bei gewissen tierischen Produkten die Herkunft angeben. Das ist ein beachtlicher bürokratischer Aufwand, da diese Herkunft auch nachgewiesen werden muss, und das gestaltet sich bei gewissen Produkten nicht immer so einfach.“

Selbst für den Gastronomen ist die Herkunft laut Schmid nicht immer leicht ersichtlich, und so kommt es auch vor, dass zusätzlich noch Kontakt mit dem Hersteller oder Lieferanten des Produktes aufgenommen werden muss.
Auch eine ständige Aktualisierung der Herkünfte sorgt für Bedenken in den Reihen der Gastwirte.

„Beim Fleisch herrscht hierzulande überhaupt nicht die Verfügbarkeit in jenem Ausmaß, wie wir es in Südtirol verzehren. Dementsprechend mischen sich hier verschiedene Herkünfte darunter. Das bedeutet, in einem schnelllebigen Sektor wie der Gastronomie diese Herkünfte auch ständig zu aktualisieren“, so Schmid.

Ihr missfällt die politische Oktroyierung – seien doch Anreize wesentlich produktiver, zumal der HGV laut Schmid bereits mehrere Initiativen zur Regionalität unternimmt: „Es sollte mit Anreizen anstatt mit politischen Regelungen gearbeitet werden.
Wir selbst stellen bereits zahlreiche Bemühungen an, ganz ohne bürokratische Hürden. So findet bald die Eisacktaler-Kost-Woche mit 18 teilnehmenden Betrieben statt. Dort haben wir vorgegeben, dass die Betriebe eine ganze Liste an Produkten nur regional einkaufen dürfen. Die Terlaner Spargelwoche ist ja aus einem regionalen Produkt geboren.
Es gibt auch das Nachhaltigkeitslabel, welches voraussetzt, auf einen gewissen Anteil regionaler Produkte zurückzugreifen.“

Aus einem ernährungswissenschaftlichen, aber auch ethischen Aspekt macht Schmid darauf aufmerksam, dass das Herkunftsland allein recht wenig über die Qualität eines Lebensmittelproduktes aussagt.
„Das Thema Herkunft ist sehr assoziativ geprägt. Südtirol wird zum Glück sehr positiv wahrgenommen und so auch die Lebensmittel, die von hier kommen. Rein über die Inhaltsstoffe, das Tierwohl und die Tierhaltung sagt eine Herkunftskennzeichnung jedoch nicht viel aus. So sagt die Angabe ‚Eier mit Freilandhaltung‘ etwas über die Haltung der Tiere aus. Allein die Angabe ‚Eier aus Südtirol‘ könnte auch Bodenhaltung bedeuten.
Die Regionalität ist ein Teilaspekt, doch um ein Gericht zu beurteilen, gehört noch viel mehr dazu“, so die Ernährungsexpertin.

Weiters sieht Schmid gar ein unfaires Rechenschaftsverhältnis zum Handel entstehen: „Die Lebensmitteletikettierung ist ja, wie gesagt, von der EU geregelt. Wenn man im Handel abgepacktes Fleisch kauft, muss dort draufstehen, wo dieses Tier geboren, aufgewachsen und geschlachtet wurde. Sobald aber beispielsweise der Metzger daraus Gulasch macht oder es mariniert und abgepackt verkauft, muss er das nicht mehr machen.“
Schmid konstatiert also, dass vom Gastwirt nun mehr verlangt wird als von jedem anderen, der für den Handel produziert.

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