Die Spur nach Labers
Der deutsche Milliardär Hennig Conle hat vor drei Jahren den Steger Hof in Labers erworben. Er soll der AfD von Alice Weidel verdeckt 2,35 Millionen Euro für den AfD-Wahlkampf spendiert haben.
von Christoph Franceschini
Am Steger Hof in Labers oberhalb von Meran wird derzeit gebaut.
Aus dem geschlossenen Hof, der einmal der Südtiroler Gutsverwaltung Laimburg und damit dem Land Südtirol gehörte, soll ein anspruchsvolles Domizil für einen deutschen Milliardär entstehen. Der Mann, dem der Steger Hof seit August 2021 gehört, ist ein Phantom.
Es gibt kein offizielles Foto von ihm und auch sonst tritt er in der Öffentlichkeit kaum auf.
Hennig Conle, seit Anfang Februar 81 Jahre alt, liebt die Diskretion. Conle ist in Duisburg geboren und reich geworden. Sein Vater und sein Onkel bauten in den 1950er-Jahren in Duisburg und Mühlheim 18.000 Sozialwohnungen. Heute gehören Conle gut 10.000 Gebäude. Bereits vor Jahren beschrieb die „Süddeutsche Zeitung“ den Unternehmer als „Hassfigur vieler Mietervereine“.
Hennig Conle baute das Familienimperium in den vergangenen Jahrzehnten zu einem internationalen Immobilienunternehmen aus, in dem inzwischen auch seine Kinder mitmischen.
Seinen offiziellen Wohnsitz hat der Unternehmer in London, wo er 2014 über seine im Steuerparadies Luxemburg registrierte Firma Sirosa sechs exklusive Geschäftsimmobilien in der Londoner Innenstadt erstanden hat.
Zudem ging Conle auch in Kärnten auf Einkaufstour. So erwarb er das „Park Hotel“ in Villach und das Business Center „Marianum“ in Klagenfurt. 2021 kauft er von den Jesuiten 170 Hektar Grund im Kärntner Lavanttal. Conle dessen Vermögen auf 1,5 Milliarden Euro geschätzt wird, hat Unternehmen und Firmen in Österreich, Deutschland, Liechtenstein, Luxemburg und der Schweiz. Privat pendelt er zwischen Duisburg, London und Zürich, wo auch seine Familie lebt.
Spätestens jetzt aber dürfte es mit der Diskretion des publikumsscheuen Milliardärs vorbei sein.
Das Hamburger Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ und die Wiener Tageszeitung „Der Standard“ haben in dieser Woche gemeinsam eine Geschichte veröffentlicht, die Hennig Conle über Nacht ins Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit katapultiert. Mitten hinein in eine politische Affäre, die direkt mit der Bundestagswahl in Deutschland zusammenhängt.
Ein Teil der Geschichte ist seit Wochen bekannt.
Anfang Februar kommt heraus, dass die größte Wahlspende für die am Sonntag anstehende Wahl für die „Alternative für Deutschland“ (AfD) ausgerecht aus Österreich stammt.
Der ehemalige Landesgeschäftsführer der Vorarlberger FPÖ, Gerhard Dingler, hat knapp 2,35 Millionen Euro am 1. Februar an die AfD gespendet. Dingler, der 15 Jahre lang als Geschäftsführer den Vorarlberger Freiheitlichen vorstand und 2016 aus dem Amt geschieden ist, hat mit diesem Geld 6.400 Großplakate für die Weidel-Partei finanziert. Von Anfang an fragte man sich, woher der Vorarlberger Kleinunternehmer das viele Geld nimmt. Dingler selbst sprach bisher von einem Freundeskreis.
In der gemeinsamen Recherche von „Spiegel“ und „Standard“ wird dieses Geheimnis jetzt aber gelüftet. Demnach ist der eigentliche Spender der Besitzer des Meraner Steger Hofes: Hennig Conle.
Demnach soll Gerhard Dingler nur als eine Art Strohmann für die AfD-Spende fungiert haben. Nach Ermittlungen des österreichischen Bundeskriminalamtes und der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) soll der Geschäftsmann aus Vorarlberg vor seiner vermeintlichen Spende an die AfD eine Schenkung in Millionenhöhe erhalten haben.
Dingler legte der Raiffeisenbank Montfort vor Wochen einen Schenkungsvertrag vor, mit dem er von Hennig Conle rund 2,6 Millionen Euro bekommt.
Offiziell für ein Immobilienprojekt.
Kurz darauf wurden von seinem Konto 2.349.906 Euro an eine auf Plakatwerbung spezialisierte Firma in Köln, die ASS Werbe GmbHüberwiesen. Exakt dieselbe Summe meldete die AfD Anfang Februar der Bundestagsverwaltung.
Weil verdeckte Spenden so nicht erlaubt sind, haben jetzt sowohl die österreichischen als auch die deutschen Sicherheitsbehörden Ermittlungen wegen des Verdachts der Geldwäsche und der verdeckten Parteienfinanzierung eingeleitet.
Dabei sind Hennig Conles politischen Ansichten und seine Vorliebe für die AfD seit langem aktenkundig. Im April 2019 wurde bekannt, dass Conle hinter den Spenden aus dem Ausland – vor allem aus der Schweiz – steht, die über schweizerische und niederländische Strohleute abgewickelt wurden. Aus den Unterlagen der Verwaltung des deutschen Bundestages geht hervor, dass eine illegale Spende von insgesamt 132.000 Euro für den Bundestagswahlkampf 2016 der AfD-Fraktionschefin Alice Weidel auf Conle zurückzuführen ist.
Im Frühjahr 2021 enthüllen das deutsche Recherche-Netzwerk Correctiv und das ZDF-Magazin Frontal 21, dass Hennig Conle bereits 2015 der AfD seine anonyme, finanzielle Unterstützung angeboten hätte. Die ehemalige Parteivorsitzende Frauke Petry sagt, dass sie und Jörg Meuthen den Immobilienmilliardär in dessen Villa im Schweizer Küsnacht am 7. Dezember 2015 getroffen hätten.
Der Wahl-Meraner steht damit im Mittelpunkt eines internationalen Politkrimis.
Hennig Conle hat den Steger Hof bei Labers im August 2020 um 9,8 Millionen Euro erworben. Verkäufer war Siegfried Unterberger, der den Hof durch ein umstrittenes Tauschgeschäft erhalten hatte. Der Meraner Ingenieur übergab im April 2001 seine Bildersammlung dem Land Südtirol und bekam im Gegenzug den Steger Hof. Der Tausch beschäftigte damals nicht nur die Politik, sondern auch die Staatsanwaltschaft.
Dem neuen Hofbesitzer Hennig Conle scheint jetzt Ähnliches zu blühen.
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