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Die lustigen 5


Eurac-Studie oder TikTok-Tribunal? Warum die von der Landesregierung groß angekündigte Aufarbeitung der Corona-Jahre immer mehr zur Farce wird.

von Matthias Kofler

Jürgen Wirth Anderlan platzt der Kragen: „Seit über zwei Wochen herrscht Funkstille“, schäumt der Abgeordnete der gleichnamigen Fraktion.
Was ist passiert?

Die Fraktionschefs des Landtags haben fünf Mandatare mit der Aufarbeitung der Corona-Jahre betraut: neben Wirth Anderlan die Landesräte Rosmarie Pamer und Hubert Messner sowie Anna Scarafoni und Franz Ploner. Doch anstatt einer „Corona-Aufarbeitungskommission“ droht ein politischer Totalausfall – zumindest für JWA. Es habe weder eine Wahlbestätigung noch Informationen auf der Homepage des Landtags gegeben, wundert sich der Kalterer. Bei Landtagspräsident Arnold Schuler hat er bereits Beschwerde eingelegt. „Handelt es sich hier um eine Untergrundorganisation, oder fliegen wir mit Landesrätin Pamer nach Uganda und klären das dort auf?“, ätzt er.

Auf Nachfrage der Tageszeitung erklärt Pamer, dass es am Dienstag eine erste „sehr angenehme und konstruktive Sitzung“ gegeben habe, bei der man die Rahmenbedingungen der Arbeit festgelegt habe. Über Wirth Anderlan Kritik zeigt sich die SVP-Politikerin überrascht: „Es ist keine Landtags-Kommission, sondern eine Arbeitsgruppe, die auf meinen Wunsch hin ins Leben gerufen wurde.“

Doch JWA lässt nicht locker: „Eine Gruppe? Wie nennt sie sich? Die lustigen Fünf? Die seriöse Aufarbeitung stand doch im Regierungsprogramm!“
Tatsächlich heißt es dort unter Punkt 22: „Um entstandene Gräben zu überwinden und den sozialen Frieden zu fördern, sollen die Pandemiejahre unter Einbeziehung aller politischen Kräfte und der Gesellschaft analysiert und aufgearbeitet werden.“ Ein Satz, dehnbar wie Kaugummi. Genauso schwammig ist der Vermerk der Landesregierung vom 26. November, die in bürokratischem Fachjargon von der „Landtagsvertretung im Rahmen der Aufarbeitung der Covid-19 Pandemie“ spricht.

„Wenn JWA für etwas kandidiert hat, dann sollte er hoffentlich gewusst haben, wofür“, kommentiert Brigitte Foppa spitz. Die Grüne hatte sich vergeblich als Gegenkandidatin für die „Corona-Kommission“ beworben.
Das Problem: Landesrätin Pamer will eine wissenschaftliche Aufarbeitung, Wirth Anderlan ein Tribunal. Während die SVP-Politikerin eine sozialwissenschaftliche Eurac-Studie bevorzugt, die die gesellschaftlichen Folgen der Pandemie untersucht, verfolgt der überzeugte No-Vax-Vertreter eine ganz andere Agenda. Er sieht die Corona-Gruppe als Gelegenheit, politische Entscheidungen der bleiernen Pandemiezeit kritisch zu hinterfragen und Verantwortlichkeiten aufzuzeigen. Seine Vorstellung von „Aufarbeitung“ erinnert dabei weniger an eine wissenschaftliche Untersuchung als an einen TikTok-Kanal voller Anklagen.

Die „lustigen Fünf“ – ein passender Name für ein Projekt, das immer mehr zur Politposse verkommt.

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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