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Die Verkauf-der-Heimat-Debatte


27.000 Euro für ein Stück Rosengarten: Nach dem „Corriere della Sera“ wird das „Gartl“ nun auch zum Fall für den Südtiroler Landtag.

von Matthias Kofler

Wem gehören die Berge? Wer darf über sie verfügen? Und wer trägt die Verantwortung für ihren Schutz? Diese Fragen dominierten die gestrige Debatte im Südtiroler Landtag. Anlass war ein Gesetzentwurf von Oppositionsführer Paul Köllensperger, der verhindern soll, dass Landesvermögen ohne triftige öffentliche Interessen als „verfügbares Vermögen“ deklariert und verkauft wird – insbesondere, wenn es sich um Güter von kultureller, historischer oder landschaftlicher Bedeutung handelt. Im Kern geht es darum, den Ausverkauf des UNESCO-Welterbes an Private zu stoppen.

Köllensperger, der bereits im Landtagswahlkampf 2023 gegen den „Ausverkauf der Dolomiten“ kämpfte und dafür 56.000 Unterschriften sammelte, brachte nun das Thema erneut auf die politische Agenda. Besonders heftig kritisierte er den Verkauf des sogenannten „Gartl“ – eines 900 Quadratmeter großen Gebiets am Rosengarten – für gerade einmal 27.000 Euro an den Betreiber der Santnerpasshütte, der laut Köllensperger zum Präzedenzfall für den Verkauf weiterer alpiner Schätze werden könnte.
„Dieser lächerliche Preis war 600.000 Euro zu wenig!“, wetterte der Team-K-Chef. Während die Behörden das Areal als „unproduktive Geröllhalde“ einstuften, bewertete der Rechnungshof es als Baugrund mit weitaus höherem Marktwert. „Die Landesregierung argumentiert, das Gebiet werde nicht für institutionelle Zwecke genutzt – doch nach dieser Logik könnten wir auch den gesamten Rosengarten verkaufen!“

Der „Fall Gartl“ sorgte auch für Schlagzeilen in der größten italienischen Tageszeitung, dem „Corriere della Sera“. Der renommierte Journalist Gian Antonio Stella widmete dem Thema eine ganze Seite und sprach von einem „Imageschaden für Südtirol“.
Köllensperger legte im Landtag nach: „Die Privaten bauen mitten im Rosengarten ein Hotel – und kassieren dafür 1,2 Millionen Euro an Steuergeldern! Nur eine blinde, von Lobbyinteressen gesteuerte Landesregierung kann nicht erkennen, welches Eigentor sie hier geschossen hat. Wenn morgen ein Scheich oder ein Investor aus Singapur winkt, verkauft diese Landesregierung womöglich noch weitere Stücke unserer Berge.“

Unterstützung für seinen Gesetzesvorschlag erhielt der Team-K-Leader von Andreas Leiter Reber (Freie Fraktion), der forderte, dass Landesliegenschaften nicht mehr durch einen simplen Regierungsbeschluss veräußert werden dürfen: „Dieses Vermögen gehört allen Bürgern des Landes.“

Leiter Reber brachte im Gesetzgebungsausschuss eine Präzisierung ein: „Ein absolutes Verkaufsverbot aller Landesliegenschaften – wie ursprünglich von Köllensperger gefordert – macht keinen Sinn. Einige Flächen haben keinen öffentlichen oder kulturellen Mehrwert, sondern verursachen Kosten oder sind für sinnvolle Projekte in den Gemeinden besser geeignet. Es ist ein Unterschied, ob die Landesregierung Schloss Tirol oder den dazugehörigen Weinacker am Berghügel verkauft – oder eine Brachfläche neben der Autobahn.“

Auch Brigitte Foppa (Grüne) warnte vor den Folgen solcher Verkäufe: „Tausende empörten sich, weil es sich um ein Herzstück unserer Heimat handelt. Mit der Veräußerung gibt man mehr ab als nur den Besitz.“ Andreas Colli (Wir Bürger) zeigte sich pragmatisch: „Der Gesetzentwurf ist sinnvoll, aber Berghütten müssen weiterhin ausgebaut werden können.“
Landeshauptmann Arno Kompatscher äußerte Bedenken. Er sprach von „Ungereimtheiten“ im Gesetzentwurf, der in dieser Form auch landwirtschaftliche Flächen erfassen könnte. Bereits am Dienstag hatte er nach der Sitzung der Landesregierung die Berichterstattung des „Corriere“ scharf kritisiert: „Private Schutzhütten werden höchstens zu 45 Prozent gefördert, öffentliche zu 100 Prozent.“ Im Landtag bekräftigte er: „Das Ziel, öffentliche Güter zu schützen, teilen wir alle. Aber das Gesetz muss präziser formuliert werden.“

Am Ende wurde die Abstimmung vertagt. Auf Vorschlag von Leiter Reber soll nun eine Liste aller betroffenen Grundstücke erstellt werden.

Köllensperger zeigte sich dennoch zufrieden: „Die Diskussion ist angestoßen. Jetzt wird sich zeigen, ob die Landesregierung unsere Heimat schützt – oder weiter verscherbelt.“

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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