Die Bananenschale
Ein kleiner Schweizer Gauner hat mit seinen Aussagen entscheidend dazu beigetragen, dass die österreichische Justiz den Milliardenpleitier René Benko ins Gefängnis stecken konnte.
von Artur Oberhofer
Da spielte Kommissar Zufall Regie.
Am 23. Oktober 2024 wurde der Schweizer Staatsbürger und mutmaßliche Betrüger Jens E. von der Polizei in Innsbruck wegen eines Auslieferungsersuchens der Schweiz festgenommen.
Im Zuge der Einvernahme sagte er den Kripo-Beamten, er möchte jemanden von der „Soko Signa“ sprechen, da er Informationen über die Signa und Benko habe.
Die Geschichte, die der Eidgenosse den Innsbrucker Kripo-Beamten in der Folge auftischte und die der „Kurier“ nun im Detail rekonstruiert hat, ist hochbrisant. Es ist die Geschichte, die erklärt, warum René Benko genau drei Monate später, am 23. Jänner dieses Jahres, verhaftet wurde.
Jens E. gab an, ein Jahr lang als Bodyguard für die Familie Benko gearbeitet zu haben – unter falschem Namen und mit einem gefälschten deutschen Reisepass und Personalausweis. Im Zuge seiner Security-Tätigkeit sei er „sehr nah an René Benko dran gewesen“. Er habe Telefonate und Gespräche mitlauschen können.
Hellhörig, so berichtet der „Kurier“, seien die Kripo-Beamten spätestens dann geworden, als ihnen Jens E. von den geheimen Tresoren im Hause Benko erzählte.
So sollen in einem Nebenraum in der Tiefgarage der Villa der Familie Benko in Igls sollen zwei Tresore gestanden haben. Im November oder Dezember 2023 soll ein Benko-Bekannter mit Hilfe eines Personenschützers einen 1,5 Meter hohen Tresor aus der Villa in einen Kastenwagen verfrachtet haben.
Der Tresor soll in der Folge zum Haus einer Tante von Benkos Ehefrau Nathalie in einem Ort im Tiroler Oberland transportiert worden sein.
Auch ein Ferrari F40 und ein Gemälde von Picasso sollen kurz vor der Hausdurchsuchung Ende Juni 2024 von der Villa abtransportiert worden sein.
Zwei Monate nach der Razzia soll der Ferrari wieder aufgetaucht sein, das Gemälde dürfte aber verkauft worden sein.
Jens E. berichtet – immer laut „Kurier“ – von einem weiteren Tresor aus dem Hause Benko, der ins Gebäude des Kaufhaus Tyrol in der Maria-Theresia-Straße 31 verfrachtet worden sein soll. Dort befindet sich auch die Signa-Zentrale.
Die Angaben des Jens E. waren der unmittelbare Auslöser der Razzia vom 23. Jänner dieses Jahres, in deren Verlauf der Tiroler Milliardenpleitier verhaftet und von seiner 60-Millionen-Villa in eine 10 Quadratmeter enge Einzelzelle in der Justizanstalt Wien-Josefstadt verlegt wurde.
In einem der Tresore, den Benko zu den Verwandten seiner Frau hat schaffen lassen, entdeckten die Kripo-Beamten 120.000 Euro Bargeld, Schmuckstücke und Uhren.
Wohin die anderen Tresore gebracht wurden, ist noch unklar.
Fakt ist, dass die Aussagen eines „schwindeligen“ Security-Mannes die klassische Bananenschale waren, die es den Justizbehörden erlaubt hat, Benko in den Häfen zu stecken.
Dass nach René Benkos Verhaftung in Österreich ein Shitstorm der Schadenfreude ausgebrochen ist, war klar. Obwohl faktisch pleite, zelebrierte der einstige Immobilien-Tycoon seinen Reichtum, kurvte in einem Lamborghini durch Innsbruck, ließ sich von der Mama die monatliche Miete von 238.500 Euro für die Traumvilla in Igls „bezahlen“.
Für Insider ist klar: René Benkos Plan bestand darin, mit den in den verschiedenen Familienstiftungen gebunkerten Millionen einen Neustart mit einer Signa II zu wagen.
Diese Pläne hat Jens E. mit seinen Aussagen im Keim erstickt. Denn mit der Tresor-Geschichte hatte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft erstmals einen eindeutigen Beweis dafür, dass René Benko versucht hat, dem Insolvenzverwalter Vermögenswerte zu verschleiern.
Gut für die Ermittler und schlecht für Benko: Nach den einstigen Geldgebern und Geschäftspartnern Hans-Peter Haselsteiner und Torsten Toeller hat nun auch Benkos ehemaliger Aufsichtsrats-Chef Alfred Gusenbauer ausgepackt und seinen Ex-Spezi, der ihm im Laufe der Jahre 12 Millionen Euro fürs Daumendrehen bezahlt hat, schwer belastet.
In einem Verhör mit der WKStA am 28. Jänner dieses Jahres sagte der Ex-Sozi und Ex-Bundeskanzler, er sei operativ nicht tätig gewesen. Gusenbauer sagte: „Es ist ja allgemein bekannt, dass René Benko das Gehirn des Unternehmens war. Mit Sicherheit war er derjenige, der initiativ war, auch wenn er nicht Alleineigentümer war, war es sein Unternehmen.“ Benko sei, so Gusenbauer, „der Erstentscheider“ gewesen.
Laut Gusenbauers Darstellung habe sich erst im Spätsommer 2023 gezeigt, „dass es unter Umständen Schwierigkeiten geben wird“, weil eine 400-Millionen-Euro-Finanzierung aus Korea geplatzt sei.
Den Grund für den Absturz der Signa beschrieb Berater Gusenbauer laut „Kurier“ so: „Das Problem ist, dass jemand, der in der Immobilienwirtschaft durchaus genial war, nicht dasselbe glückliche Händchen im Handel hatte. So wie Benko für den Aufstieg verantwortlich ist, so ist er auch verantwortlich für den Niedergang.“
Kommentare (6)
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