Der Vogel-Eklat
Unwürdige Szenen im Landtag: Nach einem hitzigen Schlagabtausch über „Remigration“ zeigt ein Impfgegner Landeshauptmann Arno Kompatscher provokativ einen Vogel.
von Matthias Kofler
Ein ungewöhnlicher Vorfall hat am Mittwoch die Debatte im Landtag überschattet: Ein Bozner Oberschullehrer auf der Zuschauertribüne zeigte demonstrativ seine Missachtung gegenüber Landeshauptmann Arno Kompatscher. „Das ist inakzeptabel und respektlos – nicht nur gegenüber dem Amt, sondern auch gegenüber dem Menschen“, empörte sich Präsident Arnold Schuler.
Auslöser der aufgeheizten Stimmung war eine Wortmeldung von Jürgen Wirth Anderlan. Der Abgeordnete forderte eine höhere Besteuerung leerstehender Wohnungen und wagte einen Tabubruch: „Keine Zweitwohnungen für Nicht-Südtiroler – das wäre zukunftsfähig. Und was sich hier keiner traut anzusprechen, ist natürlich Migrationsstopp und Remigration. Auch das schafft Wohnraum.“
Kompatscher reagierte mit klaren Worten: „Manchmal wäre es besser, solche Aussagen zu ignorieren, aber wer schweigt, stimmt zu. Was mich wirklich stört, ist, dass man heute im Namen der ,Wokeness’ keine Debatte über Zuwanderung führen kann, ohne sofort als Faschist oder Nazi abgestempelt zu werden. Doch diese sogenannte Remigrations-Debatte geht zu weit. Was hier gefordert wird, ist nichts anderes als Deportation. Wir alle wissen, wohin solche Forderungen führen können – das können wir als Südtiroler Landtag nicht einfach stehen lassen.“
Applaus brandete von den SVP-Vertretern auf der Regierungsbank auf. JWA hingegen konterte wütend: „Ich habe nie von Deportation gesprochen! Ich rede von der Abschiebung arbeitsloser und krimineller Migranten. Aber jedes Mal werde ich ins rechte Eck gedrängt!“ Als Schuler ihn ermahnte, die Wortmeldung zu beenden, fauchte er zurück: „Rügen Sie den Landeshauptmann, nicht mich!“
Während sich die Stimmung aufheizte, verfolgten Schulklassen aus dem Oberschulzentrum Mals die Debatte – halb amüsiert, halb fassungslos. „Hast du gesehen, wie Anderlan und Kompatscher aneinandergeraten sind?“, tuschelte ein Schüler.
Dann der Eklat: Ein Mann aus einer rund 20-köpfigen Impfgegner-Demo, die auf Einladung von Vita-Chefin Renate Holzeisen auf der Tribüne Platz genommen hatte, wedelte demonstrativ mit der Hand vor dem Gesicht und zeigte in Richtung Kompatscher – eine abfällige Geste, die fast alle wahrnahmen. Ein Raunen ging durch den Saal. Kompatscher, sichtlich empört, wandte sich an Schuler: „Das kann ich mir nicht gefallen lassen. Das geht gegen die Würde dieses Hauses und meines Amtes!“
Auch Grünen-Chefin Brigitte Foppa sprang auf: „Können wir bitte klären, was hier gerade passiert?“
Schuler intervenierte, gestand jedoch ein, die Szene nicht selbst gesehen zu haben. „Es gab hier offenbar eine unsägliche Handlung von der Tribüne, die nicht akzeptiert werden kann. Ich weise erneut darauf hin, dass man sich als Zuschauer angemessen zu verhalten hat.“ Doch der Impfgegner blieb demonstrativ sitzen. Eine Räumung durch die Polizei lehnte Kompatscher ab: „Das hätte man nur ausgeschlachtet.“
Der Vorfall wurde lediglich mit einer mündlichen Ermahnung abgehandelt. Der Mann durfte sogar die Debatte weiterverfolgen. Renate Holzeisen stellte einen Antrag zur „unzulässigen Impfung von Kindern“. Demonstranten, die mit ihren Kindern in den Landtag gekommen waren, forderten sogar, die Behandlung vorzuziehen, weil sie „nicht den ganzen Tag Zeit“ hätten. Schuler blieb unbeeindruckt: „Es gibt eine Tagesordnung, die lassen wir uns nicht von anderen vorschreiben.“
Holzeisen attackierte Sanitätslandesrat Hubert Messner scharf und warf ihm vor, „experimentelle Substanzen“ an Kindern auszuprobieren und nicht geimpfte Kinder aus Kitas auszuschließen. SVP-Sprecher Harald Stauder platzte der Kragen: „Eine solche Aussage ist schäbig! Messner ist Kinderarzt mit jahrzehntelanger Erfahrung!“
Die Szenen im Landtag offenbaren die tiefen gesellschaftlichen Risse – und zeigen, wie emotional auch fünf Jahre nach Corona gestritten wird und wie schnell dabei der gute Anstand auf der Strecke bleibt.
Und der Mann, der Kompatscher im Landtag beleidigte? Er ließ es nicht dabei bewenden. Auf dem Weg zum Parkplatz passte er den LH noch einmal ab – nur um erneut die Vogel-Geste zu zeigen.
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