Todesfalle Arbeitsplatz
Die tödlichen Arbeitsunfälle steigen im gesamten Staatsgebiet – und so auch in Südtirol. 17 Todesfälle gab es im vergangenen Jahr hierzulande. Die Gewerkschaft UIL-SGK wirft der Provinz fahrlässige Untätigkeit vor.
von Christian Frank
„Wir beanstanden seit Jahren Maßnahmen, doch wir werden nicht gehört“, echauffiert sich Francesco Mangioi. Er ist der Verantwortliche für Sicherheitsbelange der Gewerkschaft UIL-SGK. Die jüngsten Statistiken der Inail schockieren ihn und lassen seine wiederholt vorgebrachten Forderungen erneut laut werden. Laut der staatlichen Versicherungsanstalt gegen Arbeitsunfälle gab es im vergangenen Jahr in Italien 1.090 tödliche Arbeitsunfälle. Dies bedeutet einen Anstieg von fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahr – und somit drei Tote täglich, Feiertage inklusive. Auf Südtirol heruntergebrochen, gab es im Jahr 2024 insgesamt 17 Todesfälle im Zusammenhang mit der Arbeit, wovon drei auf dem Weg von oder zum Arbeitsplatz geschahen.
„Es kann nicht sein, dass jeden Monat mehr als ein Todesfall in Südtirol passiert, obwohl wir doch angeblich ständig auf ein sichereres Arbeitsumfeld hinarbeiten“, konstatiert Mangioi mit nicht zu verkennender Ironie. Denn die Lage, die der langjährige Gewerkschafter schildert, wirkt wenig vielversprechend, um eine Besserung der Zustände zu erwarten.
Mangioi spricht von Arbeitgebern, die schlichtweg die Regeln zur Arbeitssicherheit missachten, von einer Provinz, der es an konsequenteren Maßnahmen mangelt, und von fehlenden Inspektoren, die die Lage überprüfen.
„Die Regeln werden nicht respektiert. Es ist die Verantwortung des Arbeitgebers, für die Sicherheit am Arbeitsplatz zu sorgen, Risiken zu beseitigen und dem Arbeitnehmer ein Arbeitsklima zu ermöglichen, in dem er nicht um sein Leben fürchten muss“, so der SGK-Gewerkschafter.
Die Mentalität, so Mangioi, habe sich in den letzten Jahren nicht gebessert. Arbeitgeber sähen Investitionen in die Arbeitssicherheit weiterhin lediglich als zusätzlichen Kostenfaktor an, anstatt als Bereicherung des Arbeitsalltags.
„Die wahren Kosten entstehen, wenn sich ein Arbeiter verletzt und langfristig aus dem Arbeitsalltag ausscheidet. Zudem ist es schlichtweg eine ethische Verantwortung – es kann nicht sein, dass hier ökonomische Sorgen im Vordergrund stehen“, betont Mangioi.
Die detaillierte Aufschlüsselung der Zahlen ergibt ein klares Bild, wer vor allem betroffen ist und in welchem Zusammenhang. Von den 14 Todesfällen, die während der Ausführung der Arbeitstätigkeit geschahen, passierten 13 ohne Zusammenhang mit einem Transportmittel. Bei den drei Fällen, die sich auf dem Arbeits- beziehungsweise Heimweg ereigneten, war dies hingegen naheliegend der Fall.
Bei allen 17 in Südtirol Verstorbenen handelt es sich um Männer. Im Jahr davor waren noch drei Frauen unter den Todesopfern. Mit zehn tödlichen Unfällen fallen die meisten Todesfälle auf den breit zusammengefassten industriellen Sektor, insbesondere auf den Bausektor. Die Landwirtschaft verzeichnet sieben Todesfälle.
Die meisten Verstorbenen befanden sich im Alter zwischen Mitte 40 und Ende 50. Der jüngste verunglückte Arbeiter in Südtirol im Jahr 2024 war laut Inail Anfang 20.
Neben der Tatsache, dass die tödlichen Arbeitsunfälle trotz vermeintlicher Aufklärung weiterhin steigen, befürchtet Mangioi, dass die tatsächliche Zahl noch höher ist.
„Wir müssen von einer Dunkelziffer ausgehen. Diese Zahlen wurden von der Inail erhoben – das bedeutet, dass nur jene Unfälle registriert werden, bei denen die betroffenen Arbeitnehmer versichert waren. Doch es gibt einen beträchtlichen Anteil an Schwarzarbeit in Italien, und auch in Südtirol ist dieser durchaus präsent“, konstatiert Mangioi. In diesem Sinne zeigt er sich überzeugt, dass entgegen den Zahlen der Inail die Landwirtschaft weiterhin trauriger Spitzenreiter bei den tödlichen Arbeitsunfällen ist.
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