„Wesentliche Lebensader“
Das Land Südtirol gibt jetzt faktisch die Mehrheit an der Investitionsbank Mediocredito ab. Macht das wirklich Sinn?
von Artur Oberhofer
Es ist der Tagesordnungspunkt Nr. 7, den die Landesregierung am heutigen Dienstag behandelt, der einigen Sprengstoff birgt. Nachdem die Autonome Region Trentino-Südtirol Ende Jänner dieses Jahres beschlossen hat, ihr Aktienpaket (17,489 Prozent) an der Investitionsbank Mediocredito abzugeben, wird die Landesregierung nun das entsprechende Einvernehmensprotokoll absegnen.
Das Protokoll sieht vor, dass ein öffentliches Ausschreibungsverfahren zur Übertragung des Aktienpaketes der Region eingeleitet wird.
Was bedeutet das?
Bislang haben die Region Trentino-Südtirol und die beiden Länder Südtirol und Trentino mit jeweils 17,489 Prozent (also insgesamt 52,5 Prozent) der Anteile die Mehrheit an der Investitionsbank Mediocredito gehalten. Durch den Verkauf der Anteile der Region geben die Länder Südtirol und Trentino also faktisch die Mehrheit an Mediocredito ab.
In seiner Eigenschaft als Präsident der Regionalregierung begründete Arno Kompatscher den Beschluss wie folgt: „Diese Maßnahme ist ein strategischer Schritt, um Mediocredito als Investitionsbank für Unternehmen zu festigen“. Ziel sei es, eine gute Unternehmensführung zu gewährleisten, die den Bedürfnissen des lokalen Wirtschaftsgefüges gerecht werde und eine positive Entwicklung durch operative Effizienz und nachhaltiges Wachstum fördere, so Kompatscher.
Ganz anderer Meinung ist Team K-Chef Paul Köllensperger, der bereits im Jahr 2021 im Südtiroler Landtag einen Beschlussantrag eingebracht hatte, der darauf abzielte, eine Veräußerung der Südtiroler Anteile an der Investitionsbank Mediocredito in jedem Fall zu unterbinden. Köllenspergers Credo damals wie heute: „Mediocredito soll nicht verkauft werden, sondern eine Südtiroler Förderbank nach dem Vorbild der deutschen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) werden.“ Die Investitionsbank Mediocredito sei eine „wesentliche Lebensader“ für Südtirols Wirtschaft, so Köllensperger.
Den Umstand, dass Südtirol nun mit dem vorläufigen Verkauf der Region-Anteile an der Mediocredito die Mehrheit an der Investitionsbank abgibt, kann Paul Köllensperger nicht nachvollziehen. Im Gegenteil: Er hätte dafür plädiert, dass das Land Südtirol die Anteile der Region kauft. „Eine Förderbank für das Territorium wäre ein wunderbares Instrument, um Wirtschaftspolitik zu machen und vor allem um die Innovation und die Digitalisierung unserer Unternehmen zu fördern“, so der Team K-Chef. Es sei dies ein weiterer Zug, der ohne Südtirol abfahre.
Paul Köllensperger hofft jetzt, dass der größte Aktionär, die Raiffeisen Landesbank, die 35,207 Prozent der Anteile an Mediocredito hält, die Anteile der Region übernimmt, so dass die Mehrheit doch noch im Lande bleibt.
In ihren Bilanzen hat die Raiffeisen Landesbank ihre Mediocredito-Beteiligung mit rund 9,6 Millionen Euro ausgewiesen.
Arno Kompatscher erklärte gestern auf Anfrage der TAGESZEITUNG, dass Südtirol seinen 17,5-Proeznt-Anteil noch nicht abgeben wolle. Die Betonung liegt auf dem Wörtchen „noch“. Der Landeshauptmann wörtlich: „Zur Zeit ist geplant, dass nur die Region den von ihr gehaltenen Teil jeweils zur Hälfte an Trientner und Südtiroler Banken abtritt. Mit dieser Operation sinkt der öffentliche Anteil deutlich unter die Mehrheit, was einer Vorgabe des Rechnungshofes entspricht. Theoretisch könnten in einem zweiten Moment auch die beiden Provinzen zumindest Teile ihrer Quoten abtreten.“ Dies sei aber „derzeit nicht geplant“, so der Landeshauptmann.
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