„Völlig abwegig und rein spekulativ“
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Areal ex Cafa und Marinello (unten): Alle drei Areale, ex-Cafa, ex Torggler und Marinello, wurden bereits im Jahr 1972 bei der Erstellung des ersten Bauleitplanes überwiegend als Handwerkerzonen ausgewiesen.
Um die Wohnungsnot zu lindern, sollen in Meran die großen Areale Ex-Cafa, Ex-Torggler und Ex_Marinello in Wohnbauzonen umgewidmet werden. Für die Initiativgruppe Vision M ist das eine klare urbanistische Fehlentscheidung. In einem offenen Brief erläutern sie die Gründe für ihre Ablehnung.
Ausgangslage:
– Alle drei Areale, ex-Cafa, ex Torggler und Marinello, wurden bereits im Jahr 1972 bei der Erstellung des ersten Bauleitplanes überwiegend als Handwerkerzonen ausgewiesen, offensichtlich, weil sie direkt an der Bahnlinie Bozen-Meran liegen und daher zum Wohnen nicht geeignet waren bzw. dort bereits Handwerksbetriebe sich niedergelassen hatten. Heute fahren wesentlich mehr Züge zwischen Meran und Bozen als 1972, dadurch gibt es wesentlich mehr Lärm entlang der Bahngeleise und in unmittelbarer Nähe von Bahnhöfen. Die Fahrten auf der Bahnstrecke Bozen-Meran sollen weiter intensiviert werden, nicht zuletzt deswegen soll diese Strecke zweigleisig ausgebaut werden.
– Für Betriebe sind in erster Linie Werk- und Lagerhallen von Belang, die meist großflächig angelegt und daher nur mit einer geringen Höhe von bis zu 10m errichtet werden. Daraus ergibt sich für solche Zonen eine ausgesprochen hohe Dichte mit minimalen Randflächen um die Hallen. Bedenkt man, dass laut Meraner Durchführungsbestimmungen Wohnbauzonen eine Baudichte von 1,0 m³/m² bis max. 4,35m³/m² aufweisen und lediglich Gewerbegebiete eine Dichte von 7,5m³/m² erreichen dürfen, kann in den drei genannten Arealen unmöglich eine Baudichte von 6,5 bis 7,0m³/m² gutgeheißen werden.
– Diese enorme Dichte nunmehr auf Wohnareale umzulegen, ist völlig abwegig und rein spekulativ, denn die Wohnqualität sinkt ab einer Dichte von 3,0m³/m² und ab dem 5. Stockwerke rapide – und davon sind besonders Familien mit Kleinkindern betroffen. Nicht Hochhäuser, sondern eine gut durchdachte Freiraumplanung mit 4-geschossiger Hofbebauung mit Innenhöfen, Fuß- und Radwegen, vom Verkehrslärm geschützte Spielflächen usw. sichern eine hohe Wohnqualität für alle Bewohner lien. Hochhäuser und riesige Gebäudekomplexe beeinträchtigen mit ihrer enormen Baumasse das Stadtklima, und ihre Größe stellt hohe Anforderungen an die Bewirtschaftung und das Zusammenleben der Bewohner.
– Für Handwerkerzonen ist wegen der An- und Auslieferung immer eine gute Straßenanbindung wichtig, je näher sie an der MEBO liegen desto besser. Der Verkehr wird an diesen Hauptstraßen zukünftig noch weiter zunehmen, dadurch wird die Lebensqualität in diesen Zonen sicherlich nicht verbessert, sondern eher verschlechtert.
– In unmittelbarer Nähe zu den drei genannten Arealen fehlen ausreichend Infrastrukturen, wie Kindergärten, Grund- und Mittelschulen, Kinderspielplätze usw., die im Falle und als Folge einer extrem dichten Wohnbebauung unbedingt mitgedacht werden müssen.
– Die Anzahl von 300 neuen Wohnungen pro Areal für Familien mit durchschnittlich 2 Kindern ergibt für die drei Zonen insgesamt 1.800 Kinder, für die die öffentliche Hand die entsprechenden Infrastrukturen errichten muss!
– Bebauungszonen sollten heute als Mischzonen ausgewiesen werden, so dass dort auch wohnverträgliche Arbeitsstätten untergebracht werden können. Fast 1.000 neue Wohnungen zu bauen, deren Bewohner ihre Kinder in Schulzentren fahren müssen und die selbst möglicherweise am anderen Ende der Stadt arbeiten, erzeugt einen enormen Verkehr, der heute schon nicht mehr leicht steuerbar und in Zukunft wohl noch schwieriger lenkbar ist. Damit wird eine Zwangsmobilität gefördert, die nicht nur Zeit kostet, sondern eine Vergrößerung der Verkehrswege und eine weitere Erhöhung der ökologischen Belastung mit sich bringt.
Fazit: Städtebauliche Fehlentscheidungen haben enorme Auswirkungen auf die zukünftige Lebensqualität einer Stadt. Daher muss die Stadtverwaltung bei der Umnutzung von großen Arealen das Augenmerk auf das Gesamtwohl der Stadtbürger legen.
Es stellt sich zurecht die Frage: Sind bei steigendem Qualitätsanspruch an das Wohnen, Areale entlang von Bahngeleisen, in unmittelbarer Nähe von Bahnhöfen und an stark befahrenen Hauptstraßen überhaupt geeignet für das Wohnen? Im fernen Jahr 1972 waren sie es nicht!
Stellvertretend für die Initiativgruppe Vision M: Arch. Marlene Inderst, Arch. Brigitte Kauntz, Arch. Georg Klotzner, Herta Torggler
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