Geben statt kassieren
Angesichts der steigenden Inflation sorgt die jüngste Gehaltserhöhung für Regionalratsabgeordnete weiterhin für Aufregung. Sollten Politiker einen Teil davon in einen Solidaritätsfonds spenden?
von Sylvie Debelyak
Das jüngste Gehaltsplus für Regionalratsabgeordnete sorgt weiterhin für Zündstoff – besonders vor dem Hintergrund der steigenden sozialen Ungleichheit. Denn immer mehr Menschen kommen mit ihrem Einkommen nicht mehr über die Runden. Die Inflation von rund 15 Prozent hat die Lebenshaltungskosten stark erhöht, sodass Familien durchschnittlich etwa 1.000 Euro mehr für ihre Ausgaben aufbringen müssen.
Vor diesem Hintergrund wirkt die Gehaltserhöhung fast wie eine „Provokation“ gegenüber den Bürgern, die mit finanziellen Schwierigkeiten kämpfen, kritisierte kürzlich Walter Nicoletti, Präsident des Trentiner Acli. Auch KVW-Landesvorsitzender Werner Steiner betrachtet diesen Umstand kritisch: „Es ist auffällig, dass Politiker ihre Renten immer wieder mit mehr oder weniger triftigen Gründen erhöhen können, während es bei der Erhöhung der Mindestrenten, die schon lange versprochen wurden, ständig Schwierigkeiten gibt. Da findet man dauernd eine neue Ausrede.“
Das Trentiner Acli fordert deshalb von den Politikern, künftig freiwillig in den „InFondo Speranza“ einzuzahlen – einen Solidaritätsfonds der Diözese Trento, der bedürftige Familien unterstützt, etwa mit Zuschüssen für Wohnkosten oder Gesundheitsausgaben. Auch Steiner zeigt sich offen für diesen Vorschlag: „Die Idee an sich ist sicher nicht abzulehnen, aber wie sie umsetzbar wäre, müsste noch geprüft werden.“
Was denken Südtirols Landespolitiker?
Maria Elisabeth Rieder (Team K)
Ich habe davon noch nichts gehört. Allerdings bezweifle ich, inwiefern es sinnvoll wäre, dies verpflichtend einzuführen. Es bräuchte vielmehr andere Maßnahmen, wie etwa das Einfrieren der Gehaltserhöhungen, wie wir es in der vergangenen Legislaturperiode gefordert hatten. Darüber hinaus müssen wir dringend die Gehälter und Sozialbeiträge an die Inflation anpassen, damit die Menschen mit ihrem Einkommen leben können. Langfristig sehe ich daher keine Lösung darin, in einen symbolischen Fonds einzuzahlen.
Rosmarie Pamer (SVP)
Grundsätzlich ist alles begrüßenswert, was dazu beiträgt, den Unterschied zwischen Reich und Arm zu schließen. Allerdings bewegen wir uns hier schon in eine sehr populistische Richtung. Jedem steht es frei, zu spenden, und wenn es eine gesetzliche Grundlage gäbe, würden wir natürlich in einen solchen Fonds einzahlen. Was mir allerdings etwas übel aufstößt, ist die Tatsache, dass mittlerweile fast jedes gesellschaftliche Problem auf die Gehälter der Politiker abgewälzt wird. Es gibt bereits verschiedene Leistungen, bei denen einkommensschwache Familien Unterstützung beantragen können. Darüber hinaus gibt es auch viele gesetzliche Möglichkeiten, etwa auf steuerlicher Ebene, diese Diskrepanz auszugleichen.
Jürgen Wirth Anderlan (JWA)
Da bin ich schon weit voraus. Ich habe im letzten Jahr bereits 25.000 Euro in soziale Projekte investiert und werde das auch weiterhin tun. Jeder andere Politiker hat diese Möglichkeit ebenfalls, allerdings finde ich, dass jeder selbst entscheiden sollte, wem man etwas geben möchte. Außerdem sollte bei einem acht Milliarden Euro Haushalt genug Geld vorhanden sein, um bedürftige Familien zu unterstützen – doch das meiste geht für die Bürokratie drauf. Nichtsdestotrotz sind die Politikergehälter sicherlich nicht verhältnismäßig, vor allem, weil die meisten, die Entscheidungen treffen, keine Verantwortung tragen.
Ulli Mair (Die Freiheitlichen)
Grundsätzlich sollte jeder selbst entscheiden, wen er unterstützt und wem er eine Spende zukommen lassen will. Es ist auch heute schon so, dass ein nicht unbeachtlicher Teil von Politikergehältern für soziale Zwecke eingesetzt wird. Wir leben auch in Zeiten, in denen die Parteien fast gänzlich durch Politikerspenden finanziert werden. Grundsätzlich glaube ich, dass die Diözese nicht ganz der richtige Adressat wäre, insofern wir an die kirchlichen Besitztümer denken, die weltlicher Natur sind. Insgesamt sollte jeder Politiker selbst entscheiden, wie er Einheimische unterstützt.
Kommentare (3)
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