Die Kaffee-Preisexplosion
Die Preise für Kaffee und Kakao befinden sich auf einem Allzeithoch, und die Konsumenten bekommen es zusehends zu spüren. Der Kaffee-Sommelier Valentin Hofer über die Ursachen und das notwendige Umdenken beim Konsum.
von Christian Frank
Das Leben wird teurer. Das ist keine subjektive Wahrnehmung, sondern angesichts hoher Inflation und der oftmals hinterherhinkenden Löhne eine Tatsache. Gewisse Verbrauchsprodukte, die als vermeintliche Selbstverständlichkeiten des Alltags wahrgenommen werden, stechen dabei besonders hervor. So befindet sich die Preisentwicklung von Kaffee und Kakao seit geraumer Zeit in einem bedenklichen Höhenflug und jagt ein Allzeithoch nach dem anderen. Der Arabica-Kaffee, der zu den wirtschaftlich bedeutendsten Pflanzenarten der Branche gehört, belegte erst gestern an der US-Börse ein Rekordhoch von umgerechnet rund 348 Euro je 450 Gramm. Ende 2023 belief sich dieselbe Menge noch auf einen Wert von umgerechnet 153 Euro. Eines der marktführenden Unternehmen der Branche, Tchibo, spricht von leergefegten Lagern und unausweichlichen Kostenexplosionen. Im Vergleich zum Jahr 2021 stiegen die Kosten für ein Kilo Kaffee in Italien durchschnittlich um über 40 Prozent. Doch dieses Phänomen beschränkt sich bei weitem nicht auf die Grenzen des Landes, sondern erstreckt sich über den ganzen Globus und wird zusehends spürbar.
„Die Auswirkungen sind auch hierzulande schon klar spürbar. Rohkaffee wird langsam knapp und ist im Vergleich zu vergangenen Jahren um ein Vielfaches teurer. Der Konsument wird die Auswirkungen in nächster Zeit durch diverse zwingende Preissteigerungen spüren“, konstatiert Valentin Hofer. Er ist der Gründer und Inhaber der Kaffeemarke Caroma und Italiens erster Röstmeister, der sich „Kaffee-Experte“ und „Chef-Diplom-Kaffeesommelier“ nennen darf.
Die derzeitige Lage auf dem Kaffeemarkt betrachtet er als „angespannt“, die Gründe liegen für ihn auf der Hand.
„Die Hauptgründe sind eindeutig der Klimawandel und Spekulationen. In den größten Anbauländern der Welt wie Brasilien, Vietnam und Kolumbien kam es aufgrund klimatischer Veränderungen zu Bedingungen, die den Pflanzen geschadet haben“, erläutert Hofer und fügt hinzu, dass ein Ende der Krise noch nicht absehbar sei. „Eine Kaffeepflanze braucht Zeit, sich zu erholen. Es gibt deshalb Befürchtungen, dass diese angespannte Lage noch etwas länger andauern kann, in der Hoffnung, dass der Klimawandel nicht weitere Schäden anrichtet.“
Wissenschaftliche Prognosen stiften hier wenig Hoffnung. So erwartet eine Schweizer Studie, dass sich die Anbauflächen, die am besten für hochwertigen Arabica-Kaffee geeignet sind, bis 2050 halbieren könnten.
Abseits der ökologischen Ursachen nennt Hofer zudem Faktoren, die derzeit den meisten Teuerungen zugrunde liegen: steigende Nachfrage, Transportkosten und Nebenkosten.
Die Konsequenzen zu erahnen erfordert dabei keine wirtschaftliche Expertise – die Kosten steigen, der Markt reguliert sich, und auch Hofers Unternehmen bildet keine Ausnahme.
„Wir müssen die Preise dem Rohkaffee-Einkauf und den Steigerungen entsprechend anpassen. Wenn der Rohkaffeepreis stark ansteigt, dann ist es verständlich, dass die Preise nach oben gehen werden. Röster und Händler brauchen ihre Marge, um einen Betrieb rentabel zu führen. Deshalb muss der Konsument wohl in nächster Zeit etwas mehr für Kaffee bezahlen“, schätzt der Caroma-Gründer.
Hofer, ein Connaisseur seines Fachs, fürchtet um die Qualität des Kaffees und die Gefahr, dass diese der Preiswertigkeit untergeordnet wird. Ein solcher Trend breitet sich laut Hofer bereits im Süden Italiens aus.
„Im Süden Italiens reagiert der Konsument, vor allem an der Bar, sehr sensibel auf den Kaffeepreis. Der Barista ist aufgrund der niedrigen Kaffeepreise teilweise gezwungen, preiswerte, schlecht sortierte Billig-Kaffees zu kaufen, die um ein Vielfaches günstiger sind als Qualitäts-Rohkaffee“, berichtet Hofer. Die Folgen sind dem Diplom-Kaffeesommelier ein Graus: „Dieser Umstand hat unweigerlich zur Folge, dass die Qualität in der Tasse laufend abnimmt. Billig-Kaffee wird meist sehr dunkel geröstet, um Defekte zu verdecken. Er schmeckt deshalb meist etwas verbrannt, ranzig und ist zudem schlechter verträglich.“
Irgendwelche Spartipps kann Hofer nicht geben, vielmehr sieht er die Notwendigkeit, das Bewusstsein und die Erwartungshaltung der Konsumenten gegenüber Kaffee zu ändern.
„Ich glaube, die Wahrnehmung muss justiert werden. Ist Kaffee zu teuer? Wenn wir Kaffee mit Wein vergleichen, dann ist Kaffee im Verhältnis immer noch günstig, vor allem in Italien. Leider fehlt beim Kaffee ein Qualitätsbewusstsein, und jede Tasse Kaffee, egal welcher Qualität, soll gleich viel kosten“, merkt Hofer an und führt aus: „Die Frage, was ein Macchiato kosten soll, ist uns ein Graus. Man kann genauso wenig pauschal den Preis eines Glases Weins festlegen. Ein Tavernello aus dem Supermarkt kostet einen Euro pro Glas. Bei einem Glas Lagrein Grand Cru Riserva Jahrgang 2000 würde das keiner erwarten.“
Kommentare (9)
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