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„Deutlich mehr Krisen“

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Rund ein Viertel der Unternehmen in Südtirol konnten aufgrund der Krisen der letzten Jahre weniger investieren. Wie Unternehmen und Politik dem entgegenwirken können.

von Markus Rufin

Krisen haben Auswirkungen auf die Investitionstätigkeit von Unternehmen. Das ist keine neue Erkenntnis. Eine Studie des Institutes für Wirtschaftsforschung an der Handelskammer Bozen (WIFO) gemeinsam mit Forschern der Banca d’italia hat nun aber die Investitionsentwicklung der Südtiroler Unternehmen bei unsicheren Rahmenbedingungen genauer analysiert. Die Publikation zeigt insbesondere die Effekte der hohen Ungewissheit infolge der Corona-Pandemie und des Inflationsschocks nach dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine.

Dabei haben die Forscher die Daten der Wirtschaftsbarometer zwischen 2014 und 2023 analysiert, um die Ungewissheit unter den Südtiroler Unternehmen zu quantifizieren und deren Auswirkungen auf die Investitionstätigkeit zu messen.

Die Studie bestätigt nicht nur den starken Anstieg der Unsicherheit im Dreijahreszeitraum 2021-2023, sondern zeigt auch, dass Unternehmen, die sich über die künftige Umsatzentwicklung unsicher sind, eine geringere Wahrscheinlichkeit haben, ihre Investitionen im darauffolgenden Jahr zu steigern.

„Während noch vor Corona die Quote von Unternehmen, die aufgrund der Unsicherheiten ihre Investitionen zurückfahren mussten, bei 15 Prozent lag, waren es nach der Pandemie 26 Prozent“, erklärt Luciano Partacini, Direktor des Amtes für Wirtschaftsinformation.

Im Allgemeinen ist der Anteil der Unternehmen, die sich über die zukünftige Entwicklung ihres Umsatzes ungewiss sind, bei kleineren Unternehmen höher als bei größeren. Außerdem ist er im Baugewerbe und im verarbeitenden Gewerbe tendenziell höher als in anderen Sektoren.

Mittlerweile ist die Quote der Unternehmen, deren Investitionen nicht gesteigert werden konnte zwar auf 22 Prozent gesunken, von einer definitiven Entspannung könne man aber noch nicht sprechen, auch weil für das Jahr 2024 noch keine Zahlen vorliegen, meint Partacini: „Die Studie zeigt auf, dass es deutlich mehr Krisen als gegen Ende der 2010er-Jahre gibt.“ Genaue Zahlen dazu, um wie viel die Investitionen zurückgegangen sind, habe man beim WIFO nicht, ein Effekt auf die lokale Wirtschaft sei aber logisch.

Südtirols Landespolitik habe auf die Krisen, die zu dem hohen Anstieg in den Jahren 2021 bis 2023 geführt haben, keinen Einfluss. „Das waren externe Faktoren, da gab es auf lokaler Ebene keine Möglichkeiten, einzugreifen“, meint Partacini. Das bedeutet aber nicht, dass es für Lokalverwaltungen grundsätzlich keine Möglichkeit gibt, unsicheren Rahmenbedingungen entgegenzuwirken: „Die Planungssicherheit ist für Unternehmen ein wichtiger Faktor, der ihnen Entscheidungen zu Investition wesentlich erleichtert. Die Reduzierung von Regelungen oder das Vermeiden von großen Veränderungen ist ein solches Mittel. Auch die ständige Einführung und Streichung von Fördergeldern ist für Unternehmen ein Unsicherheitsfaktor.“

Generell könne man aber keine spezifischen Unsicherheitsfaktoren nennen, diese seien von Sektor zu Sektor unterschiedlich, wie die aktuelle Krise in der Automobilindustrie zeige, sagt der Partacini. Die aktuelle Krise sei in erster Linie dadurch entstanden, dass es für Unternehmen unklar war, wie schnell der Umstieg zur E-Mobilität erfolgt.

Ähnlich sei nun die Situation für Unternehmen, die an die USA exportieren. Die Sorge vor neuen Zöllen nach dem Amtsantritt von Donald Trump wächst, wodurch auch die Unsicherheit für Unternehmen in diesem Sektor wachse. Für Unternehmen sei es schwer, auf solche Entwicklungen zu reagieren. Aber eben auch nicht unmöglich.

Zwar unterstreicht Partacini, dass es keine Pauschallösungen gibt, der Handelsspielraum sei individuell stark abhängig. Für Unternehmen sei es aber in Krisenzeiten ratsam, Märkte zu differenzieren oder die Produktpalette anzupassen. „Das ist natürlich nicht für alle Unternehmen möglich“, weiß Partacini. „Dennoch lohnt es sich, die Situation genau im Auge zu behalten. Nehmen wir die Situation der deutschen Wirtschaft. Für Unternehmen, die von diesem Markt stark abhängig sind, ist es von Vorteil, neue Märkte zu erschließen.“

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