Der ‘Ndrangheta-Ableger

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Der Bozner ‘Ndrangheta-Prozess endet mit zahlreichen Freisprüchen und drei überraschenden Schuldsprüchen zu sechs Jahren Haft.

Die Verteidiger trauten zunächst ihren Ohren nicht. Doch dann erlangten sie die Gewissheit: Drei der elf Angeklagten waren soeben von einem Richtersenat unter Vorsitz von Walter Pelino zu jeweils sechs Jahren Haft wegen Drogenbesitzes zum Zwecke des Handels verurteilt worden.

Ein weiterer Mann erhielt ein Jahr Haft.

Alle anderen Angeklagten wurden vom Richtersenat hingegen freigesprochen, u.a. vom Vorwurf, einer kriminellen Vereinigung mafiösen Zuschnitts angehört zu haben, sowie anderer Delikte wie Erpressung.

Das ist der überraschende Ausgang des Bozner Prozesses zur Operation Freeland der Antimafia-Staatsanwaltschaft Trient.

Im Juni 2020 waren neun mutmaßliche Mitglieder einer mit der ‘Ndrangheta in Kalabrien in Verbindung stehenden kriminellen Vereinigung verhaftet worden. In einer Bar in der Bozner Reschenstraße waren nach der ursprünglichen Vorhaltung monatlich bis zu fünf Kilo Kokain verkauft worden sein, nicht weniger als 77 Personen wurden unter Ermittlung gestellt.

Von den Vorwürfen hielt kaum etwas einer gerichtlichen Prüfung stand. Im März vergangenen Jahres sprach der Trienter Voruntersuchungsrichter Consuelo Pasquali in einem verkürzten Verfahren ein Großteil der 17 Angeklagten frei, es gab gerade zwei Verurteilungen wegen Drogenhandels bzw. Waffenbesitzes.

Die Vorhaltung der Bildung einer mafiösen kriminellen Vereinigung fiel gänzlich – so wie nun auch im Hauptverfahren in Bozen.

Kurioserweise hatte Antimafia-Staatsanwalt Davide Ognibene für die nun zu sechs Jahren Haft Verurteilten einen Freispruch beantragt.

Es gebe nicht einen Beweis, nicht eine kompromittierende Abhörung gegen seinen Mandanten, erklärte ein Verteidiger. Ihm bleibt nun nichts anderes, als die Urteilsbegründung des Richtersenats abzuwarten.

Die gerichtliche Bilanz der Operation Freeland mit jahrelangen Abhörungen gegen einen mutmaßlichen Bozner ‘Ndrangheta-Ableger ist gerade einer Handvoll Verurteilungen ernüchternd.

Einer der Tatverdächtigen, der am Montag am Landesgericht freigesprochen worden ist, erhält laut richterlicher Anordnung sein vor über vier Jahren beschlagnahmtes und eingezogenes Auto Auto, das inzwischen von der Polizei genutzt worden ist, wieder zurück. (tom)