„Es braucht starke Nerven“
Die Wolftank Group AG gilt als international führender Anbieter eines breiten Spektrums an nachhaltigen Energielösungen. An ihrer Spitze steht seit Neuestem der Südtiroler Simon Reckla. Der CEO über die Technologien der Zukunft und den Faktor Trump.
TAGESZEITUNG: Herr Reckla, seit dem ersten dieses Monats sind Sie CEO der Wolftank AG. Wie haben Sie sich in Ihrer Rolle eingefunden?
Simon Reckla: Ich bin zwar seit dem 1. Jänner CEO, aber schon länger im Unternehmen tätig und auch zuvor im Vorstand. Es war also ein natürlicher Übergang. Ich kenne intern wie extern die Menschen und das Geschäft.
Wolftank deckt ein sehr umfassendes Spektrum in der Sparte nachhaltiger Umwelttechnologie ab. Wie sind Sie darauf gestoßen?
Über internationale Umwege bin ich nach Salzburg gekommen, in meiner vorherigen Position, und war nach ein paar Jahren für eine neuen Herausforderung bereit. Fast zufällig hat sich ergeben, dass die Wolftank-Gruppe mit Südtiroler Wurzeln und breitem internationalem Geschäft jemanden für das Management gesucht hat. Es hat vom ersten Moment an gepasst – es war ein Match.
Wie sieht eigentlich der Alltag eines CEOs aus?
Sehr unterschiedlich. Es wird nie langweilig. Vieles ist echtes Teamwork.. Unsere internationalen Standorte bringen unterschiedliche Kulturen ein und damit auch vielfältige Perspektiven. Das internationale Managementteam gilt es ebenfalls zu koordinieren. Das Thema Kapitalmarkt ist – da wir börsennotiert sind – natürlich ebenfalls ein großer Teil meiner Tätigkeit. Hier bin ich federführend tätig, nehme Termine wahr und pflege den Kontakt zu Aktionären. Zudem wird auch ein sogenanntes Outside-the-box-Denken erwartet.
Einerseits Tagesgeschäft, andererseits innovativer Weitblick. Verliert man sich da auch mal?
Es ist eine der großen Herausforderungen, fokussiert zu sein und trotzdem über den Tellerrand zu schauen. Man darf einerseits die Nähe zum Kunden, also zum Tagesgeschäft, nicht verlieren. Gleichzeitig muss man sich auch zurücknehmen können, um die nötige Distanz zu schaffen, die für den Weitblick erforderlich ist.
Gibt es in einer solchen Führungsposition eine Work-Life-Balance?
Man muss sich gewiss aktiv darum kümmern, dass die Freizeit nicht zu kurz kommt. Ich mache den Job gerne, er macht mir Spaß, und da hat der Arbeitsaspekt oft Vorrang. Und auch wenn man nicht rund um die Uhr bei der Arbeit ist, ergeben sich Denkanstöße und Inputs überall.
In der Geschäftswelt können ständig Krisen und Probleme auftreten. Wie starke Nerven braucht es dafür?
Es braucht schon sehr starke Nerven. Was hilft, ist, immer Ruhe zu bewahren. Nicht den Teufel an die Wand malen und im Chaos versinken, sondern kurz durchatmen und die Situation aus einer gewissen Distanz betrachten. Dann gilt es, lösungsorientierte Dialoge zu führen.
Sie agieren in einem Feld, das sehr zukunftsorientiert ist. Was sind Ihre Ziele, die Sie sich nun als Führungskraft vornehmen?
Wir sind in drei Geschäftsbereiche aufgeteilt. Wasserstoff und erneuerbare Energien sind momentan sehr sexy, insbesondere auf dem Kapitalmarkt. Man darf aber nicht vergessen, dass unser Kerngeschäft Umweltdienstleistungen drei Viertel unseres Umsatzes ausmacht. Dieser Umstand bietet uns aber auch die Möglichkeit, in ein neues Feld wie Wasserstoff zu investieren.
So haben wir auf der einen Seite ein stabiles Geschäftsfeld, das sich mit der Aufarbeitung von Umweltschäden befasst, und auf der anderen Seite etwas sehr Zukunftsträchtiges. Auch wenn Letzteres natürlich einen erheblichen Teil an Investitionen benötigt. Wir bleiben also weiterhin auf mehreren Standbeinen und wollen sie natürlich ausbauen.
Die Gruppe ist besonders in den letzten Jahren stark gewachsen, wir werden im Geschäftsjahr 2024 erstmalig auch die 100-Millionen-Euro-Umsatzgrenze überschreiten. Das ist für uns einMeilenstein. Ich möchte unsere Märkte aber noch weiter stärken und ausbauen. Dafür muss man Bedürfnisse erkennen und Innovationen vorantreiben.
Herrscht im Angesicht der Energiewende also noch großes Potenzial?
Ich sehe sehr großes Potenzial. Wir haben sehr früh begonnen, im Bereich der erneuerbaren Energien tätig zu sein. Wir haben das größte Auftragsbuch in Italien und vermutlich auch eines der größeren in Europa, was Wasserstoffbetankungslösungen betrifft. Wir haben selbst viele innovative Lösungen entwickelt und mehrere millionenschwere Aufträge erhalten. Seit über zwei Jahren sind wir auch in den USA präsent und bauen unsere Marktpräsenz auf.
Stichwort USA. Mit dem Zeitalter Trump scheint die US-Politik nicht mehr in Richtung nachhaltiger Innovation zu gehen, wie es bei vorherigen Amtsträgern der Fall war. Hegt man hier Sorge?
Wir halten natürlich die politische Situation und die Gegebenheiten laufend im Blick. Wir haben ein Team vor Ort, das den Markt kennt und navigieren uns den Rahmenbedingungen entsprechend durch den Markt. Wir haben bewusst den Standort Kalifornien mit einem spezifischen Produktportfolio gewählt, da dieser Bundesstaat ein Vorreiter punkto nachhaltiger Energien ist. Wir fürchten uns nicht vor der Zukunft, wir sind gut aufgestellt und flexibel, wenn es Anpassungen braucht.
Der Diskurs über die Zukunft nachhaltiger Treibstoffe mutiert schnell zum Glaubenskrieg. Kann sich Wasserstoff langfristig gegen die Elektromobilität behaupten?
Wir sind in der Elektromobilität bei der Projektierung von Ladesäuleninfrastruktur involviert und betrachten das Thema nicht als ein Entweder-oder. Elektromobilität ist vor allem für PKWs geeignet, also für den Individualverkehr. Da sind die Batterien mittlerweile soweit entwickelt. Alles, was Fernverkehr, Schwerlastverkehr oder öffentlicher Nahverkehr betrifft – also große Fahrzeuge, weite Strecken, lange Fahrzeiten und niedrige Ausfallraten –, ist besser für Wasserstoff geeignet.
Neben LKWs und Bussen haben wir beispielsweise in Deutschland sehr erfolgreich Projekte für die Betankung wasserstoffbetriebener Gabelstapler umgesetzt. Elektromobilität würde hier einen deutlichen Mehraufwand sowie Mehrkosten bedeuten.
Auf welchem Entwicklungsstand befindet man sich zurzeit in puncto Wasserstoff?
Allgemein gibt es im Wasserstoffmarkt noch viel Luft nach oben. Das ist aber üblich für zukunftsweisende Technologien. Es wird sehr viel investiert und entwickelt. Internationale Netzwerke werden aber notwendig sein. In Europa wird es darauf ankommen, wie gut man sich vernetzt.
Interview: Christian Frank
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