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Stauders „Rüffel“


Die neue SVP-Führung fordert mehr Geschlossenheit und Sichtbarkeit von Frauen auf – stellt aber selbst zwei Mandatarinnen an den Pranger.

Von Matthias Kofler

Die Mitglieder der SVP-Leitung staunten nicht schlecht, als sie am Dienstagmorgen die Schlagzeile der „Dolomiten“ lasen: „Rüffel für Unterberger und Deeg.“ In dem Artikel hieß es, Partei-Sekretär Harald Stauder habe in der Sitzung der SVP-Leitung am Montag das Verhalten von Julia Unterberger und Waltraud Deeg kritisiert. Unterberger sei für ihr Fernbleiben bei der Haushaltsabstimmung im Senat gerügt worden, Deeg für ihr Beharren auf eine Abstimmung zu ihrem Bauspar-Beschlussantrag. „So vertun wir uns ganz viel von dem, was wir uns aufgebaut haben“, wird Stauder zitiert.

Teilnehmer der Sitzung widersprechen jedoch dieser Darstellung. „Es war keine direkte Kritik an Einzelpersonen“, betonen mehrere Anwesende gegenüber der TAGESZEITUNG. Stauder habe lediglich allgemein darauf hingewiesen, dass die Partei durch interne Streitigkeiten Schaden nehme und es in der Vergangenheit „zwei ungute Vorfälle“ gegeben habe.

Ex-Wohnlandesrätin Waltraud Deeg, die bei der Sitzung anwesend war, bestätigt diese Einschätzung: „Ich teile die Aussage von Harald Stauder und habe sie nicht als persönlichen Rüffel empfunden, sondern als allgemeinen Appell“, erklärt sie. Daher habe sie sich auch nicht zu Wort gemeldet. Für sie sei das Thema insofern abgeschlossen, dass sie sich zur ganzen Vorgehensweise nicht medial äußern werde. Zugleich betont Deeg: „Ich werde mich weiterhin mit Nachdruck und klarer Haltung für die Anliegen der Südtirolerinnen und Südtiroler einsetzen – vor allem beim Thema Wohnen, das für mich oberste Priorität hat.“ Die SVP-Landtagsabgeordnete aus dem Pustertal, die ihre Hartnäckigkeit mit ihrem Sternzeichen „Löwin“ erklärt, zeigt sich entschlossen: „Aus Reibung entsteht Wärme.“

Harald Stauder

SVP-Senatorin Julia Unterberger reagiert überrascht auf die Berichterstattung. „Ich kann mich über diese Aussage von Stauder nur wundern. In der Sitzung fiel mein Name nicht, und ich habe keine Abmachung gebrochen“, betont sie. Beim Haushalt habe es sich um eine übliche Empfehlung von SVP-Obmann Dieter Steger per SMS gehandelt, sich der Stimme zu enthalten, nicht um einen Parteibeschluss. „Ich kann diese Linie der ständigen Enthaltungen nicht mittragen. Ich bin keine Frau ohne Eigenschaften. Wenn der Obmann eine gemeinsame Linie wünscht, dann muss er ab und zu ein Treffen organisieren – was er nie gemacht hat“, so Unterberger.

Im Umfeld der Autonomiegruppen-Chefin wird daran erinnert, dass Stauder in der Vergangenheit bereits zweimal versucht habe, über Vorwahlen ihren Stuhl im Senat zu ergattern. „Vielleicht ist das der Grund für diesen späten medialen Rüffel“, wird vermutet.

Die öffentliche Kritik an zwei Frauen in wichtigen politischen Positionen wirft kein allzu gutes Licht auf die neue SVP-Führung, die seit Mai vergangenen Jahres im Amt ist. Ein Appell zur Geschlossenheit verliert an Glaubwürdigkeit, wenn gleichzeitig (weibliche) Mitglieder, die für Gradlinigkeit einstehen, medial an den Pranger gestellt werden. Neben inhaltlichen Herausforderungen scheint die Partei auch mit internen Spannungen zu kämpfen, die sie nur schwer unter Kontrolle zu bekommen vermag.
Das ist insofern bemerkenswert, als die Parteileitung am Montag auf Antrag von Frauen-Chefin Renate Gebhard beschlossen hat, dem „No Woman No Panel“ beizutreten – ein Schritt für die stärkere Sichtbarkeit von Frauen. Die Initiative verfolgt das Ziel, sicherzustellen, dass bei öffentlichen Veranstaltungen, Podiumsdiskussionen und medialen Formaten Frauen angemessen vertreten sind. „Frauen haben eine ebenso wichtige Stimme wie Männer, und es ist höchste Zeit, dass dies auch in der öffentlichen Wahrnehmung stärker sichtbar wird. Die weibliche Expertise und Sichtweise ist für thematische Diskussionen unverzichtbar und bereichert sie“, so Gebhard.

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