Fällt das Mandatslimit?
Aufregung im Landtag: Die 15-jährige Amtszeitbeschränkung für den Landeshauptmann und die Landesräte könnte für verfassungswidrig erklärt werden. Welche Folgen das hätte.
von Matthias Kofler
In Rom brodelt es, seit das Kabinett Meloni vor einigen Tagen eine Verfassungsklage gegen ein Gesetz der Region Kampanien eingereicht hat, das dem Präsidenten Vincenzo De Luca eine dritte Amtszeit ermöglichen würde. Die nationale Regierung argumentiert, dass dieses Gesetz eine bewusste Umgehung der landesweiten Vorschrift darstellt, die eine dritte Amtszeit ausdrücklich verbietet. Sie stützt sich dabei auf das Urteil des Verfassungsgerichts Nr. 60 von 2023 zum Gemeindewahlgesetz in Sardinien, das festhält, dass Amtszeitbegrenzungen unerlässlich sind, um fairen Wettbewerb und politischen Wechsel zu gewährleisten.
Obwohl Sardinien gemäß seinem Statut für die Regelung kommunaler Organe zuständig ist, entschied das Verfassungsgericht vor zwei Jahren, dass eine Verlängerung der Amtszeit für Bürgermeister eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung der Kandidaten zur Folge hätte, da alle auf demselben Staatsgebiet gleiche Bedingungen vorfinden müssen. Allerdings regt sich innerhalb der Regierungsmehrheit in Rom Widerstand: Die Lega, angeführt vom Präsidenten des Veneto, Luca Zaia, beharrt auf einer Lockerung des Limits. Auch der Landeshauptmann des Trentino, Maurizio Fugatti, der wie Zaia nach dieser Amtszeit seinen Hut an den Nagel hängen müsste, kann den strikten Kurs des Staates nicht nachvollziehen. Fugatti hat bereits ein Gesetz angekündigt, das die Mandatsbeschränkung aufheben soll, und verweist dabei auf die autonome Gesetzgebung seiner Provinz.
Die Diskussion um Amtszeitbegrenzungen könnte nun auch auf Südtirol übergreifen – allerdings unter veränderten Vorzeichen. Hier existiert bereits eine 15-jährige Amtszeitbegrenzung für den Landeshauptmann und die Mitglieder der Landesregierung. Doch im Vergleich zu den nationalen Regelungen für die Präsidenten der Regionen und Provinzen sowie für die Bürgermeister werden die politischen Spitzenämter auf Landesebene nicht direkt gewählt: Die Wahl der Regierungsmitglieder erfolgt in einem zweiten Schritt über den Landtag.
Das Landesgesetz müsste also geändert werden – ein Schritt, der aus rein juristischer Sicht für Karl Zeller unumgänglich erscheint. „Das Gesetz ist verfassungswidrig, weil es das passive Wahlrecht einschränkt. Deshalb hat der Regionalrat kürzlich das Limit für die Gemeinde-Referenten aufgehoben.“
Auch Meinhard Durnwalder, SVP-Senator und Mitglied der Sechserkommission, sieht die rechtliche Situation als kompliziert und potenziell gefährlich. „Das ist sicher eine schwierige Frage“, gesteht er. Grundsätzlich habe Südtirol im Bereich der Landeswahlgesetzgebung laut Autonomiestatut spezifische Kompetenzen, erklärt er. Auch der Verfassungsgerichtshof erlaube Ausnahmeregelungen in besonderen Fällen, genauso wie die jüngst von der Zwölferkommission verabschiedete Durchführungsbestimmung für sprachliche Minderheiten. „Andererseits ist das Land natürlich auch an die Verfassung und die Grundsätze der Rechtsordnung gebunden, wie den Gleichheitsgrundsatz und das passive Wahlrecht“, so Durnwalder.
Neben der rein juristischen Frage, was Südtirol darf und was nicht, ist jedoch auch die politische Dimension brisant: Was passiert, wenn das Mandatslimit fällt? Betroffen von einer Beschränkung wären bei den nächsten Landtagswahlen 2027 Landeshauptmann Arno Kompatscher und Bildungslandesrat Philipp Achammer, deren mögliche politische Zukunft in Brüssel oder Rom bereits jetzt intensiv spekuliert wird. Sollte die Beschränkung tatsächlich kippen, könnten sie, zumindest theoretisch, wieder für Spitzenämter auf Landesebene kandidieren. Ein Szenario, das die Nachfolgedebatten innerhalb der SVP durcheinanderwirbeln würde: Figuren wie Peter Brunner, Rosmarie Pamer, Luis Walcher oder auch Meinhard Durnwalder könnten in Kompatschers Fußstapfen treten – oder eben nicht. Amtsinhaber Kompatscher hätte ein Ass im Ärmel, da er selbst über seine Zukunft entscheiden und die Frage über seine Nachfolge möglichst lange offenlassen könnte, um seine Position als Landeshauptmann nicht zu schwächen. Denn der SVP-Vertreter weiß: Regierungschefs mit klarem Ablaufdatum haben in der Regel keine solide Machtbasis mehr.
Doch genau das – nämlich auf Zeit spielen –, will der Landeshauptmann „sicher nicht“, glaubt zumindest sein enger Vertrauter Karl Zeller. Eine unmittelbare Gesetzesänderung durch den Landtag ist seiner Einschätzung nach eher unwahrscheinlich. Die Frage könnte vielmehr auf Kompatschers Nachfolger oder seine Nachfolgerin übergehen, für den/die dann voraussichtlich kein Limit mehr gelten würde, weil verfassungsrechtlich zu riskant. Aktuell will sich aber wohl noch keiner mit dem heißen Eisen befassen. „Im Landtag werden alle sagen, dass die Südtiroler Wahlordnung ein Satzungsgesetz ist, für das die staatlichen Prinzipien nicht gelten. Es müsste also ein Landtagsabgeordneter seine Nichtwahl nach drei Perioden als Landesrat anfechten – eine schwierige Konstellation. Die verfassungswidrige Regelung wird also wohl bleiben“, so der Ex-Senator. Zumindest vorerst.
Meinhard Durnwalder verweist zudem auf die parteiinternen Beschränkungen laut SVP-Statut, die 15 Jahre für Landeshauptmann und Landesräte vorschreiben. Der Pusterer denkt, dass an den Begrenzungen festgehalten wird: „Das Land ist doch noch einmal eine andere Ebene als die Gemeinden.“ Es bleibt abzuwarten, wie sich die Debatte weiterentwickeln wird. Klar ist jedoch: Über die Mandatsbegrenzung und die politische Zukunft des Landes hängt ein Damoklesschwert.
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