Knochenjob für alle
Lehren und lernen ist harte Arbeit, lehren und lernen macht aber auch Freude. Das zeigt aktuell „Favoriten“, einer der vier Schulfilme, von denen hier die Rede sein soll.
Von Renate Mumelter
Schule in Wien
Der Trailer von Ruth Beckermanns Dokumentarfilm „Favoriten“ macht Lust auf mehr. Da bewegt sich Lehrerin Ilkay Idiskut zu coolen Rhythmen mit den Kindern ihrer vielfältigen Klasse, sie redet mit ihnen nicht nur über den Stoff, stellt eine persönliche Beziehung zu den Kindern und ihren Geschichten her. Drei Jahre lang hat Ruth Beckermann diese Klasse einer sogenannten Brennpunktschule im Wiener Bezirk Favoriten gemeinsam mit DoP Johannes Hammel begleitet und daraus einen Film gemacht. Und es zeigt sich deutlich, dass das Unterrichten kein einfacher Job ist, vor allem weil dieser Job des Lehrens von den Machthabenden noch immer zu wenig ernst genommen und zu wenig honoriert wird. Auch in Favoriten wird das dringend nötige Personal nicht zur Verfügung gestellt.
Beckermanns Film zeigt allerdings auch, wie schwierig das Lernen für Kinder sein kann. Da gibt es dann schon Tränen, und Johannes Hammel bleibt mit seiner Kamera drauf. Das ist ein Filmbild, das sich einprägt und wehtut.
Schule ist eine große Herausforderung, die von der Gesellschaft nicht jenen Respekt bekommt, den sie verdient. „Favoriten“ bekam bei der Berlinale den Friedensfilmpreis. In der Begründung steht: „Eindrücklich zeigt Beckermann, dass Bildungsarbeit Friedensarbeit ist“. Ähnlich der Standard: „Eine kraftvolle Hommage an den Lehrerberuf und eine implizite Forderung nach einer Reform des vom Personalmangel ausgehungerten Bildungssystems.“
Schule in Paris
Derzeit erlebt ein anderer Schulfilm seine Premieren. „Apprendre“ der bekannten französischen Regisseurin Claire Simon begleitet eine Klasse der Grundschule Makarenko in einem Pariser Vorort. Simon folgt den Kindern auf Augenhöhe in den Unterricht und auf den Pausenhof. Den Beginn macht die Hand eines Lehrers, die einem Neuankömmling Sicherheit bietet und ein gutes Ankommen auf dem unbekannten Terrain des an der Erwachsenenwelt orientierten Schulsystems vermittelt. Dieser Film kommt erst noch in die Kinos. Das Filmmuseum Wien widmet Claire Simon derzeit eine große Retrospektive. Bleibt zu hoffen, dass „Apprendre“ auch hierzulande zu sehen sein wird.
Schule in Rom
„Quando mi sono innammorato, mi sentivo depresso“, erzählt ein Schüler in der 3. Klasse. Mit Lehrerin Francesca Tortora lernten die Kinder der Grundschule Manin in Rom von der ersten Klasse an, über sich und miteinander zu sprechen. Dabei wurden sie bis in die 5. Klasse von Regisseurin Sophie Chiarello begleitet. Herausgekommen ist ein Film, der nachwirkt, nicht nur, weil er sich mit den Kindern auf Augenhöhe begibt, sondern auch, weil er zuhört, so wie die Kinder sich zuhören und wie die Lehrerin dies tut, und weil er zeigt, dass Kinder, wenn sie die Freiheit dazu bekommen, äußerst kluge Sachen sagen. Wenn diesem Film zugehört würde, könnte „Il cerchio“ (2022) auch zu den aktuellen Südtiroler Schuldebatten beitragen, bei denen weder Lehrpersonen noch Kinder das Wort haben.
Schule in Stadtallendorf
„Herr Bachmann und seine Klasse“ von Maria Speth tauchte (2021) direkt in die Realität ein. Für die 3:37 Stunden des Films begleitete die Regisseurin monatelang das Leben einer Klasse der Gesamtschule und zeigt, dass Zuwendung und Vertrauen grundlegend sind für gutes Klassenklima und erfolgreiches Lernen.
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