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Die Königin im Felsenkeller

Zum 50-jährigen Jubiläum der Laimburg blickt Alt-Landeshauptmann und Gründungsvater des Versuchszentrums, Luis Durnwalder, auf die Anfänge zurück. Dabei gibt es so manche Anekdote diverser illustrer Gäste zu erzählen.  

TAGESZEITUNG Online: Herr Durnwalder, das Versuchszentrum Laimburg feiert sein 50-jähriges Bestehen. Sie gelten als der Gründungsvater. Wie kam es zur Idee, eine Forschungseinrichtung dieser Art einzurichten?

Luis Durnwalder: Nach dem zweiten Weltkrieg wußten wir, dass wir aufgrund des Autonomiestatutes im Bereich Landwirtschaft Zuständigkeiten bekommen werden. Anfang der 60er und in den 70er Jahren ist der Obstbau immer interessanter geworden. Allerdings hatte man in diesem Bereich noch wenig Erfahrung. Man startete daher die ersten Gehversuche in der Forschung, das heißt die Sortenwahl, die Schnittformen, wie die Bäume gedüngt werden sollen, die Schädlingsbekämpfung. Da es unbedingt eine geregelte Form der Versuchstätigkeit brauchte, wurde 1975 die Laimburg gegründet.

Wie entwickelte sich die Laimburg zu dem heute anerkannten Forschungs- und Versuchszentrum?

Zunächst einmal kamen immer mehr Grundstücke dazu, so dass die Einrichtung schließlich über 40 Hektar Wein und 100 Hektar Obst verfügte. Der Obstbau hat in Südtirol an Umfang und Bedeutung stark zugenommen. Die Laimburg ist immer größer geworden – durch Gebäude, Außenstellen und immer mehr Fachleute. Man hat versucht, für die Weine den Standort zu finden, wo sie bestmöglich gedeihen können und die besten Trauben abgeben. Entsprechend hat man die Kellereiwirtschaft gefördert. Als neuer Lagerraum und für Weinpräsentationen wurde der anfangs viel kritisierte Felsenkeller errichtet. Viele deutsche, italienische und österreichische Minister sowie EU-Kommissare waren zu Gast, die die beste Werbung für unseren Wein waren. Es ist uns gelungen, zu zeigen, dass wir als kleines Land etwas können.

An welche Anekdoten erinnern Sie sich in 50 Jahren Laimburg besonders gern?

Einmal war die frühere Königin der Niederlande, Beatrix, mit ihrem deutschen Mann Klaus zu Besuch. Dieser war nach dem zweiten Weltkrieg, in dem Deutschland Italien den Krieg erklärt hatte, über die Berge in seine Heimat zurückgekehrt und hat dabei bei einem Bauern Versteck gefunden. Ich habe einen Brief von der holländischen Botschaft in Rom erhalten mit der Bitte, ob ich diesen Hof ausfindig machen könnte, denn der Gemahl der Königin hätte den großen Wunsch, diesen noch einmal zu besuchen. Tatsächlich ist es mir gelungen, den Hof in Vellau oberhalb von Algund ausfindig zu machen. Bei dem für den Besuch des Königspaars vorbereiteten Programm war von den Anwesenden ein bestimmter Abstand zu den königlichen Gästen einhalten. Am Nachmittag waren sie noch zu Gast an der Laimburg. Wir sind in den Keller gegangen. Dort ist vor allem Beatrix ganz menschlich geworden, so dass von dem vorgeschriebenen Abstand nicht mehr die Rede war. Sie hat sehr gut Deutsch gesprochen und Klaus hat eine Gaudi gehabt. Es war wie eine Feier mit Herrn Nebenan.

Auch der französische Kommissar, der aufgrund des Brennerbasistunnels zu Besuch in Südtirol war, war nach dem Besuch in der Laimburg wie verwandelt. Den ganzen Tag über zwar fachlich und höflich, aber zugleich eben auch stur und nie lachend, ist er, nachdem wir viel Wein gehabt haben, aus sich herausgegangen und hat darum gebeten, den auftretenden Chor der Sarner Bäuerinnen zu dirigieren. Das sind Erinnerungen, die zeigen, wie eine nette Atmosphäre die Leute verändern kann.

Luis Durnwalder erzählte von der Entstehung des Versuchszentrums.
© Laimburg Research Centre/Ivo Corrà

Welches sind die aktuell größten Herausforderungen, denen sich das Versuchszentrum stellen muss?

Die Laimburg, die in das Forschungsprogramm des Landes eingegliedert ist, hat heute eine wesentlich weiter gefasste Aufgabe. Es geht nicht nur um die Produktion von Obst- und Weinbau, sondern insgesamt von Lebensmitteln. Die Anforderungen an die Landwirtschaft werden immer größer. Die Programme werden langfristiger. Es müssen also resistente Sorten entwickelt werden. Gleichzeitig soll immer weniger Chemie eingesetzt werden. Die moderne Wissenschaft wird also verwendet, um möglichst naturnah zu produzieren. Nicht zuletzt durch den Klimawandel gedeihen ganz andere Sorten. Diese kann man von vornherein schon so züchten, dass sie für bestimmte Krankheiten weniger anfällig sind.

Wie sieht die Zukunftsvision für die Laimburg aus?

Ohne eine mit der Zeit gehende Forschung und Entwicklung ist moderne Landwirtschaft heute nicht mehr möglich. Allerdings ist eine Initiative ohne Zusammenarbeit mit dem Produzenten nicht umsetzbar. Daneben muss immer eine sowohl für den Konsumenten als auch den Produzenten tragbare und zugleich beste Lösung gefunden werden, das heißt es geht nicht darum, möglichst viel zu produzieren, sondern vor allem gut und in der Form, dass auch der Konsument damit leben kann.

Interview: Sandra Fresenius

Foto(s): © 123RF.com und/oder/mit © Archiv Die Neue Südtiroler Tageszeitung GmbH (sofern kein Hinweis vorhanden)

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