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Das 390-Euro-Zuckerle

Abgeordnete, die aufs neue Leibrenten-System umsteigen, profitieren zweifach: Sie verdoppeln ihre Pension und erhalten eine Gehaltsaufstockung von 390 Euro. Doch das stößt auf Kritik.

von Matthias Kofler

Bis zum 20. Januar haben die Abgeordneten Zeit, dem Regionalrat schriftlich mitzuteilen, ob sie auf das neue Leibrenten-System umsteigen oder beim bisherigen Modell bleiben wollen. SVP-Fraktionschef Harald Stauder geht davon aus, dass sich die Mehrheit seiner Kollegen für das neue System entscheiden wird. Christian Bianchi, Angelo Gennaccaro und Andreas Colli haben ihren Wechsel bereits angekündigt. Die Grünen zögern noch und wollen nächste Woche eine Entscheidung treffen.

Was in der Debatte um die Reform der Politikerrenten von den Volksvertretern jedoch geschickt verschieben wurde: Abgeordnete, die auf das neue System umsteigen, profitieren gleich doppelt. Nach fünf Jahren im Landtag steigt ihre Pension von einigen Hundert Euro auf 805 Euro netto – nach zehn Jahren sogar von 835 auf 1.530 Euro netto. Damit verdoppelt sich die Pension. Doch es bleibt nicht dabei: Die monatlichen Rentenbeiträge von 920 Euro sind künftig steuerfrei, was eine monatliche Gehaltsaufstockung von 390 Euro netto zur Folge hat. Seit Dezember dürfen sich Volksvertreter somit über dieses „Zuckerle“ freuen. Rechnet man die Inflationsanpassung von 10,5 Prozent hinzu, die seit Jahresbeginn greift (vorbehaltlich der Veröffentlichung im Amtsblatt der Region), erreicht das Nettogehalt eines Fraktionschefs, der aufs neue System umsteigt, künftig rund 8.000 Euro pro Monat.

Maria Rieder

Ein weiterer Vorteil: Die Rentenbeiträge aus den Jahren 2023 und 2024 können rückwirkend „zurückgekauft“ und ins neue System umgeschichtet werden. Für die Abgeordneten bedeutet das keine zusätzlichen Kosten, da die Beiträge einfach aus den rückwirkend erhöhten Gehältern abgezogen werden. Dabei wurde die Renten-Reform ursprünglich eingeführt, um die Verwaltung der Renten effizienter zu gestalten. Wie jedoch bei höheren Pensionen und Gehältern Millionen eingespart werden sollen, bleibt unklar.

„Es war von Anfang an klar, dass es keine Einsparungen geben wird – außer für die Abgeordneten selbst“, kritisiert Maria Elisabeth Rieder. Die Team-K-Politikerin und ihre drei Fraktionskollegen haben entschieden, beim bisherigen Zusatzrenten-System zu bleiben. Dieses sieht vor, dass die monatlichen Beiträge – insgesamt 3.400 Euro – in einen privaten Rentenfonds fließen. Diese Gelder bieten Flexibilität: Sie können in Lebenssituationen wie Arbeitslosigkeit oder beim Kauf einer Wohnung genutzt werden. Im Todesfall wird der gesamte Betrag an die Hinterbliebenen ausgezahlt – bei der Leibrente lediglich 60 Prozent. Zudem entfällt die Besteuerung nach Ende der Mandatszeit vollständig. Ein Abgeordneter, der zwei Legislaturen im Amt bleibt, könnte so rund 300.000 Euro ansparen – genug, um eine kleine Wohnung zu kaufen und diese als zusätzliche Einkommensquelle zu nutzen.

Rieder relativiert die vermeintlichen Vorteile: In der Ansparphase kann das Kapital nur unter strengen gesetzlichen Vorgaben abgerufen werden. Ausnahmen gelten etwa bei Gesundheitsausgaben (75% jederzeit), dem Kauf einer Erstwohnung (75% nach acht Jahren Mitgliedschaft) oder sonstige Bedürfnosse (30% nach acht Jahren Mitgliedschaft). Eine Gesamt- oder Teilablöse ist bei Verlust der Mitgliedschaftsvoraussetzungen, Invalidität, Arbeitslosigkeit, Mobilität, Lohnausgleichskasse und Ableben möglich. „Es gelten die Regeln, wie sie für alle Arbeitnehmer:innen gelten. Das ist richtig so“, sagt sie. Die SVP-Vertreter hingegen „erzählen Geschichten, wie sie ihnen passen“, so Rieder. „Sie haben die Erhöhungen der Gehälter und die Anpassung der Renten gewollt, die Trentiner die Arbeit machen lassen und alle im Regionalrat nichts dazu gesagt und beide Änderungen als Mehrheit genehmigt.“

Andreas Leiter Reber

Scharfe Worte kommen auch von Andreas Leiter Reber: „Wenn die SVP und ihre Partner etwas von Ehrlichkeit halten würden, hätten sie von sich aus ganz offen kommuniziert, dass sich durch die neue Besteuerung nicht nur die Rente verdoppelt, sondern sich auch ihr monatliches Nettogehalt erhöht. Um eine automatische Gehaltserhöhung zu verhindern, hätten sie lediglich die monatliche Aufwandsentschädigung entsprechend reduzieren können.“ Tricksereien wie solche nicht kommunizierten Automatismen würden leider die Debatte um Politikergehälter und den Wert der Demokratie vergiften, bedauert der Freie Abgeordnete. Er hat bereits am 22. November, unmittelbar nach Erhalt der entsprechenden Mail, mitgeteilt, beim alten Rentensystem zu bleiben. „Flapsig ausgedrückt ist es bei uns Politikern wie bei den Beamten oder Geschäftsführern: Der sich ins Zeug legt und seinen Job für Land und Leute gut macht, ist jeden Euro zweimal wert und wer ihn schlecht macht, für den ist jeder Cent zu viel. Mit dem Unterschied, dass im Gegensatz zu den Beamten die Bürger ihre Politiker alle fünf Jahre austauschen können”, so Leiter Reber.

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