Nichtige Abhörungen?
In einer weiteren Vorverhandlung zur ersten Maskenlieferung an den Sanitätsbetrieb bemühen sich die Verteidiger, die gesamte Ermittlung mit Nichtigkeits-Anträgen auszuhebeln.
von Thomas Vikoler
Die mutmaßlich strafbaren Handlungen, um die es in diesem Verfahren am Landesgericht Bozen geht, liegen mittlerweile fast fünf Jahre zurück: Die von der Firma Oberalp vermittelte erste Lieferung von Schutzausrüstung für das Sanitätspersonal zu Beginn der Corona-Pandemie im März 2020.
Mehr oder weniger zeitgleich leitete die Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren zur Lieferung von sogenannten Schlauchtüchern an das Land, die dann in Zeitungstrafiken an die Bevölkerung verteilt wurden. Mundschutzmasken waren damals Mangelware, geliefert hatte die Ware die Firma eines Cousins des damaligen Sanitätslandesrates Thomas Widmann.
Im Zuge der Ermittlungen genehmigte der Voruntersuchungsrichter eine Abhöraktion zum Strafverfahren gegen Widmann und andere, das später archiviert wurde.
Die Abhörungen zur ersten Maskenlieferung an den Sanitätsbetrieb hätten auf dieser richterlichen Verfügung basiert und seien folglich nicht für das laufende Strafverfahren gegen Oberalp-Geschäftsführer Christoph Engl und dem damaligen Sanitätsbetriebs-Generaldirektor Florian Zerzers verwendbar gewesen.
So lautete die These, welche die Verteidigung bei einer weiteren Vorverhandlung gestern Nachmittag am Landesgericht vorbrachte. „Wir haben beantragt, dass die Abhörung für nichtig erklärt wird“, sagte Zerzer-Anwalt Federico Fava nach der dreistündigen Verhandlung.
Richterin Giulia Rossi traf dazu bisher keine Entscheidung. Würde sie den Antrag annehmen, wäre ein wichtiges Beweismittel der Anklage zum Tatbestand des Betrugs bei öffentlichen Lieferungen aus dem Verfahrensakt gestrichen.
Die Abhörungen sind die Verteidiger aus einem zweiten Grund für nicht verwendbar: Die Staatsanwaltschaft habe die Ermittlung ein Jahr vor dem Zeitpunkt abgeschlossen, als die Verteidigung die Abhörbänder in die Hände bekam. Tatsächlich folgte auf die Anklage ein langwieriges Beweissicherungsverfahren zur Auswahl des Abhörmaterials, das erst im September dieses Jahres abgeschlossen wurde.
Auf der nächsten Verhandlung am 24. Jänner wird der nächste Angriff auf das Anklagegebäude folgen. Die Verteidiger werden die Nichtigkeit der Anklageschrift aus verschiedenen formalen Gründen einwenden.
„Wir rechnen damit, dass zumindest einer unserer Anträge angenommen wird. Eine Entscheidung über den Antrag auf Einleitung des Hauptverfahrens wird es nicht so schnell geben“, meint Anwalt Fava.
Auf jedem Fall gewinnen die beiden Beschuldigten durch die langwierige Vorverhandlung wertvolle Zeit in Bezug auf eine mögliche Verjährung.
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