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10 Prozent für alle?


Seit Jahresbeginn verdienen die Abgeordneten 10,5 Prozent mehr als bisher. Auch das Land stellt seinen 40.000 Bediensteten jetzt einen großzügigen Inflationsausgleich in Aussicht – dämpft jedoch zugleich überzogene Erwartungen.

von Matthias Kofler

Seit dem 1. Jänner dürfen sich die 35 Abgeordneten des Südtiroler Landtags über eine satte Gehaltserhöhung von 10,5 Prozent freuen. Ihr monatliches Nettogehalt steigt um mehr als 500 Euro – von 5.896 auf rund 6.400 Euro netto. Eine Erhöhung, die für viele „normale“ Arbeitnehmer wie ein ferner Traum wirkt.

Die Gehaltserhöhung der Politiker basiert auf einem Gesetz, das ursprünglich als Sparmaßnahme gedacht war. Hätte der Regionalrat die automatische Inflationsanpassung beibehalten, die bis zur Reform im Sommer 2023 in Kraft war, wäre das Gehalt der Volksvertreter sogar um 17 Prozent gestiegen – ein Argument, das die Verantwortlichen als „faktisches Sparen“ verkaufen.
Wenig überraschend schiebt die Opposition der SVP den Schwarzen Peter zu: „Wir haben 2023 einen Änderungsantrag eingereicht, der die automatische Inflationsanpassung gestrichen und die Entschädigung eingefroren hätte“, erinnert Maria Elisabeth Rieder, Frontfrau des Team K. Sie nutzt die „Bescherung“ für die Abgeordneten, um nun eine Verbesserung der Einkommenssituation für die öffentlich Bediensteten einzufordern. In ihrer Haushaltsrede hatte Rieder eine mindestens 10,2-prozentige Erhöhung für den öffentlichen Dienst in Südtirol gefordert – und das auf alle Lohnelemente.

Die Verhandlungen für den öffentlichen Dienst im Land, die erst im Laufe dieses Jahres einen Abschluss finden werden, wurden im Landeshaushalt mit 450 Millionen Euro veranschlagt. Doch Rieder hält das für zu wenig und fordert für den Zeitraum von drei Jahren insgesamt 600 Millionen Euro ausschließlich für den Inflationsausgleich. Sie ist überzeugt, dass das notwendige Geld im Haushalt vorhanden ist.

„Mehr als 10 Prozent müssen es auch für die Angestellten im öffentlichen Dienst werden, damit der Inflationsausgleich passt“, sagt die Gelbe. Ob diese Zahl bei den kommenden Verhandlungen erreicht wird, bleibt jedoch fraglich. Während in der Region „nur“ 600 Angestellte von der Erhöhung profitieren, betrifft der öffentliche Dienst im Land rund 40.000 Bedienstete. „In der Region gehen die Kollektivvertragsverhandlungen schneller voran, und es gibt eine klare Bereitschaft, den Kaufkraftverlust auszugleichen“, erklärt Rieder. „Jetzt muss Südtirol nachziehen und den Grundlohn sowie alle Lohnelemente erhöhen. Bei den letzten Verhandlungen wurden nur einmalige Zahlungen und die Sonderergänzungszulage erhöht. Alle anderen Zulagen blieben unverändert, da diese an das Grundgehalt gekoppelt sind.“ Die 10,5 Prozent für die Abgeordneten, die nicht nur die monatliche Amtsentschädigung, sondern auch sämtliche Zulagen wie Fahrten und Außendienste betreffen, sieht sie daher als Maßstab für den Inflationsausgleich der Beamten.

Doch beim Land rechnet man anders. Landeshauptmann Arno Kompatscher hat in seiner Haushaltsrede betont, dass bei der Beurteilung des Kaufkraftverlusts auch gewährte Vergünstigungen berücksichtigt werden müssten. Eine Arbeitsgruppe im Auftrag von Kompatscher und Personallandesrätin Magdalena Amhof hatte den Kaufkraftverlust im Zeitraum von 2008 bis 2023 ermittelt. Dabei wurde der NIC-Index mit der Gehaltsentwicklung des Personals des Bereichsübergreifenden Kollektivvertrags (BÜKV) verglichen. Das Ergebnis: Knapp 2,5 Prozent an Gehaltserhöhungen wurden den Bediensteten für die ersten 18 Monate des Zeitraums 2022–2024 bereits gewährt. Von 2008 bis 2011 stiegen die Gehälter stärker als die Verbraucherpreise. Von 2011 bis 2015 wurde per Staatsgesetz jedoch ein Verhandlungsstopp verhängt, der auch Südtirol betraf.

Für die Berechnung des Inflationsausgleichs wird daher der Zeitraum von 2016 bis 2023 herangezogen, in dem laut Kompatscher bereits verschiedene Maßnahmen zur Bekämpfung des Kaufkraftverlusts umgesetzt wurden. Dazu gehören die Erhöhung der Sonderergänzungszulage, Essensgutscheine, Ausgaben für den ergänzenden Gesundheitsfonds SaniPro und zweijährige Gehaltsvorrückungen.
Personallandesrätin Amhof kündigt für 2025 „strukturelle Gehaltserhöhungen“ an, die den Kaufkraftverlust der Jahre 2022 und 2023 ausgleichen sollen. Für 2024 seien bereits sieben Kollektivverträge abgeschlossen worden, und es sei sehr viel Geld in die Gehälter der Mitarbeiter geflossen. Doch Amhof betont, dass Geld allein nicht ausreiche, um die Attraktivität des öffentlichen Dienstes zu steigern. Auch andere Maßnahmen seien ergriffen worden, etwa eine flexiblere Nutzung der Elternzeit und eine Anpassung der Prämiensysteme. „Mit den derzeitigen Mitteln ergibt sich eine Inflationsanpassung von 7,5 Prozent. Da uns gesagt wurde, dass dies zu wenig sei, werden wir noch etwas drauflegen“, sagt die SVP-Politikerin.

Doch Maria Elisabeth Rieder bleibt skeptisch: „Es ist unseriös, wenn Essensbons, Benefits, Gehaltsvorrückungen und Leistungsprämien als Lohnerhöhungen angerechnet werden. Der Kaufkraftverlust muss auf die fixen Lohnelemente berechnet werden.“ Sie betont, dass die Lebenshaltungskosten in Südtirol zwischen 2008 und 2023 um rund 40 Prozent gestiegen sind – seit 2015 sogar um 25 Prozent – während die Gehälter nicht annähernd mithalten konnten. Der resultierende Kaufkraftverlust sei besonders spürbar für all jene, die mit einem durchschnittlichen Monatsgehalt ihren Lebensunterhalt bestreiten. „Es wird höchste Zeit, dass auch den öffentlich Bediensteten eine faire Gehaltserhöhung zugestanden wird, die den realen Kaufkraftverlust ausgleicht“, fordert Rieder. Die kommenden Verhandlungen dürften zeigen, ob die Landesregierung dieser Forderung nachkommt.

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